Begegnung mit Ralf

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Bibi, Tina und Francois staunten, als sie kurz darauf vor einem Zaun abrupt zum Stehen kamen. Dahinter lag eine saftige Weide, auf der ein fetter Bulle stand und teilnahmslos Gras futterte.
"Na wunderbar! Da mussen wir rüber?'' Tina schaute noch einmal prüfend auf ihr GPS-Gerät. Die dort angezeigte Route führte tatsachlich mitten über die Weide.
Bibi nahm ihren ganzen Mut zusammen. "Okay, wir dürfen den auf keinen Fall reizen! Also nicht in die Augen schauen und ganz langsam drumherum laufen. Wenn wir rennen, sind wir sofort die Beute!"
Francois schluckte. "Mon Dieu! Sollte ich sterben, war es mir ein Vergnügen, euch beide kennengelernt zu haben!"
"Francois, hier stirbt keiner!", rief Bibi leicht genervt. Ihr franzosischer Teamkollege hatte wirklich einen Hang zum Drama.
Vorsichtig kletterten die Hotten Hühs über den Zaun und machten die ersten vorsichtigen Schritte über die Weide. Der fette Bulle hob den Kopf und starrte sie an. Erschrocken schauten Bibi, Tina und Francois sich an. Immer schön Ruhe bewahren!
Da hörten sie mit einem Mal eine Stimme: "He, ihr! Was macht ihr da?!" Ein etwas älterer, beleibter Mann kam auf die Weide zugelaufen.
"Oh nee, der Mühlenhofbauer!", erkannte Tina.
Der war alles andere als erfreut, als die drei keinerlei Anstalten machten, die Weide zu verlassen, und schrie: "Ihr sollt Ralf nicht ärgern!"
Bulle Ralf fühlte sich wohl angesprochen, denn er schnaubte und setzte sich in Bewegung! Das wiederum erschreckte Francois so sehr, dass er losrannte. Und schon nahm das Verhängnis seinen Lauf, denn der Bulle drehte bei, erhöhte sein Tempo und folgte Francois in dröhnendem Galopp.
"Au secours!", schrie Francois panisch. "Bibi! Hilfe!"
Bibi, die mit Tina stehen geblieben war, versuchte, Ralf abzulenken, und rief ihm nach: "Hey, du Hornochse! Ralf, hierher!"
Doch es half nichts: Der Bulle hatte Francois im Visier. Fast hatte er ihn erreicht, als die Junghexe ihre Arme hob: "Plopp-stopp! Hex-hex!''
In letzter Sekunde blieb Ralf wie erstarrt stehen. Ein Glück! Francois war total erleichtert. In sicherem Abstand zu Ralf blieb er stehen und stützte sich erschöpft und schwer atmend auf seine Knie.
Auch Bibi atmete tief durch, ging zu Ralf und schaute dem friedlich da stehenden Bullen tief in die Augen. "Bist ein ganz braver Ralf", lobte sie ihn.
Da rief Tina, die sich inzwischen auch von dem Schock erholt hatte, ihr zu: "Bibi! Ich glaub, wir sind hier falsch!" Es konnte einfach nicht sein, dass man sie auf einen so gefährlichen Weg schickte!
Bibi verstand sofort, was ihre Freundin meinte. Sie winkte ihren französischen Mitstreiter herbei. "Francois! Hey! Wir müssen weiter!"
Die Hotten Hühs machten auf den Absatz kehrt, kletterten über den Zaun und rannten an dem verblüfften Mühlenhofbauern vorbei.
Der schaute ihnen verärgert hinterher. Sein Bulle stand ja immer noch erstarrt auf der Weide. "He, und was wird jetzt aus meinem Bullen?", brüllte er.
"Entschuldigung ... Das löst sich irgendwann von selbst wieder auf!", rief Bibi ihm über die Schulter zu.
Der Mühlenhofbauer drohte mit der Mistgabel. "Wehe, wenn Ralf dich auflöst! Dann könnt ihr was erleben!"
Am Ufer des Sees war Köbi wieder zu seinen Mit- streitern gestoßen, die etwas ratlos aussahen. "Sorry, war kurz mal pinkeln!", erklärte er. "Und?"
Alex schaute auf sein GPS-Gerät und dann auf den See. "Also, nach den Koordinaten sind die Caches..."
Urs vervollständigte lakonisch seinen Satz: "... im Wasser."
Köbi zeigte zu der kleinen Insel inmitten des Sees. "Oder auf der Insel!"
Mit einem kurzen Blick verständigten sich Alex, Urs und Köbi und begannen sich bis auf die Boxershorts auszuziehen.
Da kamen auch schon die Old Wilds an. Zur Überraschung von Freddy und Holger machte sich Falko ebenfalls sofort daran, seine Kleidung abzu- streifen, und herrschte die beiden Jungen ungeduldig an: "Schnell! Hopp, hopp, hopp, hopp, hopp! Ausziehen!!"
Zögernd kamen Freddy und Holger seiner Aufforderung nach und schauten fassungslos Graf Falko an, der bereits in einem merkwürdigen altmodischen Einteiler und karierten Socken am Wasser stand.
Urs, Alex und Köbi waren schon ins kühle Nass gesprungen und kraulten Richtung Insel.
"Was machen wir damit?", fragte Graf Falko und zeigte auf ihr GPS-Gerät.
Kurz entschlossen schob es sich Freddy zwischen die Zähne und watete ins Wasser.
Holger deutete auf Graf Falkos Füße. "Graf Falko, Entschuldigung, aber die Socken -"
Entschlossen fiel im Graf Falko ins Wort: "... bleiben an! Die Steine am Ufer! Ich habe empfindliche Fußsohlen!"

Kurz darauf erreichten auch Bibi, Tina und Francois das Seeufer und entdeckten die Pfadfinderinnen, die gerade in ein Kanu steigen wollten, das sie an der Uferböschung gefunden hatten.
Atemlos fragte Tina: "Können wir mit?"
Die Jüngste von ihnen, die toughe Mia, fand diese Frage etwas absurd. "Ihr seid unsere Konkurrentinnen!", entgegnete sie.
Auch Meret, frech und klein, aber schon etwas älter, zögerte.
Bibi ließ nicht locker: "Und was ist mit Solidarität?!"
"Unter Mädchen!", fügte Tina hinzu.
Das wirkte sofort! Margrita, Mias - auch in Zentimetern - große Schwester, nickte. "Sowieso!"
Die Hotten Hühs und die Rotte bestiegen zusammen das Kanu und schipperten Richtung Insel.
Auf dem See war schon richtig was los. Die Mus- keltiere kraulten flink durchs Wasser. Auch Freddy und Holger kämpften sich ehrgeizig durch die Fluten. Nur Graf Falko schien seinen Siegeswillen verloren zu haben oder er konnte einfach nichts anderes als Brustschwimmen! Da ruderten die Hotten Hühs und die Rotte an ihm vorbei. Die Pfadfinder Mädchen spornten sich selbst an: "0b Norden, ob Süden, ob Osten, ob Westen. In Schweden gefällt's uns persönlich am besten. Hey, ho, Sverige. Hey, ho, Sverige." Zügig kamen sie voran.
"Oh, hallo, Graf Falko!" Tina amüsierte sich beim Anblick des langsamen Schwimmers in seinem merk- würdig altmodischen Einteiler.
"Hallo", antwortete der Graf möglichst würdevoll.
Holger und Freddy staunten nicht schlecht, als das Kanu sie kurz darauf überholte und sich immer weiter den Muskeltieren näherte. "Woher haben die das Boot?", presste Freddy zwischen den Zähnen hervor.
Urs schnaubte wütend, als er sah, wer ihn verfolgte. Er versuchte, noch schneller zu kraulen. Doch keine Chance: Schon hatte das Boot auch sein Team überholt.

Bibi und Tina - Mädchen gegen JungsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt