Ich mach mit!

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Bibi versuchte, so gut es ging, mit den Bewegungen der Falkensteiner Cheerleaderinnen mitzuhalten. Doch so richtig viel Spaß machte ihr das nicht. Zudem war sie abgelenkt von dem Geschehen auf dem Spielfeld.
Der Franzose Francois, ein hübscher Junge mit langen braunen Locken, hatte Bibi und ihre Freunde fest im Blick und fand offenbar beide Mädchen zauberhaft. So zauberhaft, dass er einfach mitten auf dem Platz stehen blieb, die beiden versonnen anschaute und im nächsten Augenblick von seinem Teamkollegen Urs umgerannt wurde. „Mann, lauf weg! Du Lappen!", brüllte der und rannte dem Pulk von Jungs und dem Ball hinterher.
Wütend rief ihm Francois hinterher: „Beauf!" - was auf Deutsch so viel wie Idiot bedeutete.
Doch Urs ignorierte ihn einfach und stürmte zusammen mit Köbi auf zwei Falkensteiner Spieler zu, denen Alex aufmunternd zurief: „Gegenhalten und Ball abnehmen!" Stattdessen sprangen seine Mitstreiter aber ängstlich zur Seite, um den bedrohlich auf sie zurasenden Gegnern auszuweichen.
Urs und Köbi gelang es, den Ball in der gegnerischen Hälfte abzulegen. Es stand nun zwanzig zu dreißig für die Gastschüler. Die beiden ruppigen Jungs freuten sich. „Yeah!", jubelten sie.
Alex hingegen war kein bisschen froh. Da half es auch nicht, dass Urs ihm anerkennend auf die Schulter klopfte. „An dir liegt's nicht!", versicherte er. Wenn man sich Alex' Mannschaft anschaute, wie sie alle kleinlaut auf dem Feld herumstanden, konnte man ihm eigentlich nur recht geben.
Alex, nun doch ein wenig geschmeichelt von Urs' Worten, versuchte, seine Mitspieler noch einmal zu motivieren: „Jungs! Jetzt mal Speed!"
Doch Alex' Worte halfen wenig: Ein Falkensteiner nach dem anderen wurde von Urs und Köbi getackelt. Einer der Spieler konnte kaum noch laufen, nachdem er sich mühsam wieder aufgerappelt hatte. Alex führte den Humpelnden an den Spielfeldrand, wo die beiden letzten Auswechselspieler saßen. Beide wirkten nicht besonders glücklich - sondern fast panisch - bei dem Gedanken, dass sie nun aufs Spielfeld mussten.
Alex sprach einen der beiden an: „Los, jetzt du!"
Aufgeschreckt wich dieser zurück. „Boah ... mir ist voll schlecht. Zu viel Butterkuchen. Echt, ehrlich. Und mein Fuß ... nee!" Er fasste sich an den Fuß, um zu beweisen, wie weh der tat!
Dem anderen Auswechselspieler, den Alex auffordernd anguckte, schossen gleich die Tränen in die Augen. „Ich will nicht mehr!"
Alex war enttäuscht von seinen Mitspielern: „Ey, Jungs, das ist Rugby, nicht Softball. Jetzt gebt mal Gas!"
Das konnte Bibi nicht länger mit ansehen. Sie schleuderte ihre Pompons zur Seite und stürmte aufs Spielfeld. „ Tina, ich muss da jetzt rauf!", rief sie ihrer Freundin über die Schulter zu.
Erstaunt schaute Tina ihr hinterher. „Und was hast du vor?"
Auch Alex machte große Augen, als er Bibi auf sich zustürmen sah.
„Ich mach mit!", verkündete sie.
Die Falkensteiner Schülerinnen und Schüler, die das Spiel vom Rand aus beobachteten, waren begeistert und skandierten: „Bibi, Bibi, Bibi!"
Urs blickte ungläubig um sich - was ging denn hier ab!?
„Das ist ja ein Mädchen!", stammelte Köbi.
„Ja, richtig!", antwortete Bibi gleichmütig.
Ein anderer Mitspieler fügte hinzu: „Und 'ne Hexe!"
„Auch richtig!" Bibi zuckte mit den Schultern. Was für Blitzchecker!
Dr. Krähwinkel, der den Wechsel aufgeregt mitverfolgte, blätterte wegen seines Gipsarmes etwas umständlich in den Rugbyspielregeln und entschied: „Also laut Regelwerk sind weder Mädchen noch Hexen beim Rugby verboten."
Der Schiedsrichter Leo Schmackes wusste nicht so recht, wie er reagieren sollte, und warnte Bibi eindringlich: „Bei allem Respekt - aber schau dich mal um. Ich glaub, das ist doch ein bisschen zu tough für dich!"
Die Jungs grinsten Bibi bedrohlich an. Einer murmelte durch seinen Mundschutz hindurch: „Soll ich sie gleich wegtackeln?"
Das aber weckte erst recht Bibis Kampfgeist, und sie entgegnete mit fester Stimme: „Warum tackeln?! Wollen wir wetten, ich mach einen Punkt?"
Das war nun ganz nach Leos Geschmack, und er rief: „That's the spirit!"
Alex freute sich über den Mannschaftszuwachs, aber vor allem über das Wiedersehen mit Bibi: „Mensch, auf dich kann man echt zählen! Ich hab dich richtig vermisst!"
„Ich dich auch!" Bibi grinste ihn an.
Vom Spielfeldrand winkte Dr. Krähwinkel mit dem Regelheft. „Aber sie braucht noch ein Trikot!", stellte er fest.
Tina, die neben ihm stand, war skeptisch, ob das eine gute Idee von Bibi war, und machte sich Sorgen um ihre Freundin. „Ich weiß wirklich nicht, ob das gut geht ...", murmelte sie.
Doch da hob Bibi schon ihre Arme und hexte: „Eene Meene Zeitvertreib, ich trage ein Trikot am Leib. Hex-Hex!" Einen Augenblick später trug sie tatsächlich ein gelb-lilafarbenes Trikot wie die Falkensteiner Jungs.
„Passt!", lachte Alex.
Urs und Köbi dagegen schauten sich bedeutungsvoll an - auf die Hexe musste man offensichtlich aufpassen.

Bibi und Tina - Mädchen gegen JungsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt