Fragend schaute ich Lisa an.
„Oliver, Pers Freund, wollte ihn nach Hause bringen", erklärte sie schulterzuckend. „Aber das Auto fährt nicht. Ich muss ihn abholen. Willst du ins Bett oder kommst du mit?"
Da ich sowieso nicht schlafen könnte, beschloss ich, Lisa zu begleiten. Zusammen gingen wir nach oben ins Bad. Sie zum Umziehen und ich zum Restaurieren.
„Alex hat mir eine Nachricht hinterlassen." Lisa warf mir einen flüchtigen Blick zu, bevor sie sich wieder auf das vor uns fahrende Fahrzeug konzentrierte. Die roten LED-Leuchten blendeten mich und ich blinzelte dagegen an. „Er sucht dich. Und er macht sich Sorgen, da er dich nicht erreichen kann", fügte sie gelassen hinzu.
Wie auch. Ich hatte das Handy nach meinem Anruf an der Tankstelle ausgeschaltet, weil ich mich Lisas neugierigen Fragen nicht am Telefon stellen wollte.
Siedendheiß traf mich die Erkenntnis. Alex musste wissen, dass ich in seiner Wohnung gewesen war. Es sei denn, es hätten noch mehr weibliche Individuen einen Schlüssel direkt in sein Reich. Und ich dusselige Kuh hatte dort bei meiner übereilten Flucht die volle Kaffeetasse in der Küche vergessen. „Er weiß es." Während ich mit der einen Hand langsam mein Handy aus der Handtasche zog, raufte ich mir mit der anderen die Haare und atmete tief ein. Soeben hatte sich mein Vorteil vor meinen Augen in Luft aufgelöst. Mir lief die Zeit davon. Eigentlich wollte ich Alex erst einmal im Unklaren darüber lassen, dass ich ihn mit seiner Blondine gesehen hatte.
„Er weiß was?" Dass Lisa die Stirn kraus zog, hörte ich ihr bei jedem einzelnen Wort an.
Verbissen kniff ich die Lippen zusammen und klopfte unrhythmisch mit dem Handy auf meinen Oberschenkel. Wie konnte sich in so kurzer Zeit alles so schnell ändern? Und wie sollte, oder besser, wie wollte ich weitermachen?
Doch darüber musste ich mir später Gedanken machen. Jetzt schuldete ich meiner unkundigen Fahrerin erst mal eine Antwort. „Na ja, dass ich in seiner Wohnung war. Sonst hätte er sich doch nie im Leben bei dir gemeldet!"
Lisa und Alex hatten sich nie besonders gemocht und jedes Mal gab es giftige Frotzeleien zwischen ihnen, sobald sie sich gemeinsam in einem Raum befanden. Immerhin waren sich die beiden nicht bei jedem Treffen an die Gurgel gegangen. Es war eine Art stiller Kompromiss, ein leben und leben lassen. Mir zuliebe.
Zögernd schaltete ich mein Handy ein und prompt meldete es mir piepend drei verpasste Anrufe und fünf WhatsApp Nachrichten. Lisa hatte mich einmal angerufen, direkt nachdem ich überstürzt aufgelegt hatte. Wodurch sich mein Entschluss, das Handy auszuschalten, definitiv als richtig erwies. Ich kannte sie doch zu gut. Nie hätte sie sich freiwillig mit meinem derart knappen Anruf zufriedengegeben.
Komischerweise hatte sich auch meine Mutter ausgerechnet heute Abend gerührt. Sonst telefonierten wir eher sporadisch miteinander. Weil Muttertag war. Oder ihr Geburtstag. Vermutlich hatte Alex ebenso bei meinen Eltern nach mir gefragt. Was wiederum wirklich dafür sprach, dass er sich Sorgen machte.
Genervt atmete ich geräuschvoll die Luft ein. Er hätte wissen müssen, dass er mich genau dort nicht zu suchen braucht.
Eilig textete ich meiner Mutter, dass ich bei Lisa einen spontanen Kurzurlaub machen würde und entschuldigte mich bei ihr für meinen leeren Akku. Dabei hoffte ich inständig, dass sie sich mit dieser fadenscheinigen Ausrede eine Weile begnügen würde.
Alex antwortete ich nicht, obwohl der dritte Anruf und die Textnachrichten allesamt von ihm gewesen waren. Diese wanderten ungelesen in die Ablage P.
Was wollte er von mir? Sollte er sich doch mit seiner langbeinigen Blonden vergnügen. Aber bevor ich mir einreden konnte, dass ich mit meinen 168 cm da nicht mithalten konnte, stoppte Lisa abrupt auf einem Parkplatz. Wir hatten wohl den Club erreicht.
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Liebe ... ist auch keine Lösung!
Romance"Wir zwei sind Freunde, nicht mehr und nicht weniger. Wenn du damit nicht zurechtkommst, da ist die Tür." Sein Ton war kalt und ungerührt. Ungläubig hob ich den Kopf. Daniel hatte sich wieder mir zugewandt und ich blickte in sein verbissenes Gesicht...