June
Ich ziehe die grünen Kniestrümpfe ein letztes Mal gerade, streiche über den karierten Faltenrock und glätte die weiße Bluse. Die Pumps mit den Riemchen sind zwar unbequem, sehen aber todschick aus und ich weiß, dass die meisten Mädchen für diese Schuhe aus dieser Preisklasse töten würden und das tröstet mich ungemein. Die Farben meines Outfits sind selbstverständlich auf einander abgestimmt, der Rock hat die perfekte Länge, die Bluse ist tailliert und elegant und steht mir ausgezeichnet.
Als ich das letzte Mal in den Spiegel sehe, sitzt die Frisur genau so, wie sie sein soll und im Stillen danke ich dem alten Mann im Himmel, für meine glänzenden, langen Haare, für die ich in meiner alten Heimat oftmals beneidet werde.
Ich nehme die Brosche mit dem Schulwappen vom Waschtisch und stecke mir sie ein paar Zentimeter unter den Kragen der Bluse. Somit erfülle ich die Kleiderordnung der Schule, die ausschließlich verlangt, das besagte Schulwappen in irgendeiner Weise zu repräsentieren. Ob als Stickereien auf Hemden, Blusen, Krawatten oder Pullovern, als Aufdruck auf T-Shirts oder als Gravierung auf Haarspangen, Haarreifen oder Schmuckstücken. Solange es vorhanden ist, gilt diese Schulordnung als erfüllt. Recht primitiv, wenn man mich fragt, aber immerhin besser, als langweilige von der Schule gestiftete Hemden, und geradegeschnittene Hosen, die weder vorne noch hinten richtig sitzen. Auf normalen Schulen soll die Uniform Klassenunterschiede, die sich auf die Kleidung der Schüler auswirken, beseitigen und ein besseres soziales Klima schaffen, aber bei uns ist das nicht nötig. Ab einem Besitz der Eltern von etwa 10 Millionen sind keine Differenzen mehr zwischen den Kleidern ihrer Kinder und den Kleidern der anderen reichen Schülern nachzuweisen. Und wer einen schlechten Geschmack hat, ist selbst schuld.
Ich seufze. Heute ist der erste Tag eines neuen Schuljahrs und da muss alles perfekt laufen. Erstens ist es unser letztes Jahr auf der High School und zweitens munkelt man, es würden einige Neue zu uns stoßen und es ist ja allseits bekannt, dass der erste Eindruck, besonders für das männliche Geschlecht eine außerordentlich große Rolle spielt.
Ich selbst bin sehr gespannt auf das neue Angebot, dass sich in nicht allzu langer Zeit auf unserer Schule einfinden wird, besonders auf seine maskuline Seite. Die SVC braucht ganz dringend etwas Neues. Oder Jemanden.
Ich schalte das Badezimmerlicht aus und gehe in mein angrenzendes Schlafzimmer. Dort schnappe ich mir meine Tasche und streiche ein letztes Mal die Bettdecke glatt.
Heute wird ein grandioser Tag!
*
Als ich eintreffe, ist der Speisesaal schon ziemlich voll. Die meisten Tische sind besetzt und der Raum ist gefüllt mit Stimmengewirr und Lachen, das man so nur auf unserer Schule findet. Die Tische sind mit Besteck und Gläsern eingedeckt, die Wasserkaraffen glitzern im Licht der Deckenleuchten und die Servietten sind zu Rosen gefaltet, Origami, wie man es selbst in den besten Lokalen nur selten sieht.
„Nirgendwo ist es schöner", murmele ich und ein Lächeln überzieht mein Gesicht. Einen solchen Empfang bekommt man nur auf der Silver Valley Charter High.
Ich sehe mich im Raum um und halte Ausschau nach meinen Freunden, als ich mich in die Schlange vor der Essensausgabe einreihe. Am anderen Ende des Speisesaals entdecke ich Tiffany, die die Hand ein wenig hebt und mit den Fingern wackelt, um mich zu grüßen. Ich lächle ihr zu und auch sie hebt die Mundwinkel. Ruth dreht sich zu mir um und grinst ebenfalls. Hier bin ich zuhause, hier fühle ich mich wohl.
„Hey June, schön dich zu sehen", meint eine Stimme links von mir. Ich schaue auf und sehe direkt in das schöne Gesicht von Matthew Williams, der daraufhin die Arme nach mir ausstreckt und mich in eine Umarmung zieht.
„Matt", lache ich, als er mich wieder freigibt und schüttle den Kopf, „es ist auch schön, dich wieder zu sehen! Warst du beim Friseur?"
„War ich. Ruth findet, ich sehe ein bisschen aus wie Zac Efron."
„Die Parallelen halten sich in Grenzen", meine ich schmunzelnd.
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The September Affair
Teen FictionSeptember Guillory ist ein Arschloch. Er weiß es. Die ganze Schule weiß es. Aber er hat ein Geheimnis. Eines, das selbst June Lancester interessiert. Und das, obwohl sie eine Vergangenheit mit dem verhassten Millionärssohn teilt und obwohl es so aus...