June
Noch vor der ersten Stunde erreicht uns die Nachricht, alle Schüler aus dem letzten Jahrgang sollen sich doch bitte im Silbersaal einfinden. Noch vor Schulbeginn.
Was viele andere mit einem entnervten Aufstöhnen kommentieren, erfüllt mich mit Vorfreude und Stolz. Ich kann es kaum erwarten, die Stundenpläne ausgeteilt zu bekommen und die Ansprache der Führenden Kräfte der Schule zu hören. Falls es heute so etwas wie eine Ansprache überhaupt geben sollte.Daher scheuche ich meine Freunde auch zeitig aus dem Speisesaal, um nicht zu spät zu kommen. Von klein auf habe ich gelernt, dass Pünktlichkeit eine Tugend ist und das werde ich mir heute ganz besonders zu Herzen nehmen.
Um punkt halb acht stehen meine Freunde und ich also im Silbersaal, welcher schon einen Großteil der erwarteten Schüler aufgenommen hat. Sie stehen in lockeren Grüppchen zusammen und unterhalten sich, einige reiben sich übermüdet die Augen während wieder andere desinteressiert in ihre Handys starren.
Wir stellen uns in die Nähe des Ausgangs, sodass wir nahezu die ganze Klassenstufe überblicken können.
Der Saal ist riesig, die Schüler nehmen vielleicht gerade einmal ein Viertel des gegebenen Platzes ein und wirken fast verloren in so viel Größe und Weite.
Wir sind nicht oft hier. Der Silbersaal ist meistens reserviert für größere Veranstaltungen, Aufführungen und Bälle, doch in den unteren Klassen sieht man ihn nicht oft von innen. Nur die Abschlussklasse trifft sich hier so oft, dass es erwähnenswert ist. Für die Jüngeren ist das Betreten des Saales eine Seltenheit, die meiste Zeit ist er abgeschlossen, doch wenn sie ihn einmal besuchen, erfüllt es die meisten mit Erfurcht und Staunen.Verständlicherweise, möchte ich sagen, denn er gleicht mehr einer Räumlichkeit in einem Märchen, als einem Versammlungssaal einer Schule. Selbst für die Silver Valley Charter High ist er besonders protzig und glamourös, wie in alten Historiendramen oder Europäischen Schlössern. Er hat viele hohe Türen, die jedoch sogar noch öfter verschlossen sind als die Eingangstür. Große Fenster reihen sich an die Südwand, mit verspiegeltem Glas selbstverständlich, sodass man von außen nicht hineinblicken kann, solange das Licht innen gelöscht ist. Die Decke ist hoch und ist verziert mit vielerlei Schnörkelleien und Einkerbungen, sie wird von weißen Säulen gehalten, die meterhoch in die Luft ragen. Das Parkett glänzt, die Wände sind elfenbeinfarben und edel und von der Decke hängen kristallene Kronleuchter, die das hereinfallende Sonnenlicht spalten und in leuchtenden Bildern auf den Boden und an die Seiten des Saales werfen.
Er ist wunderschön, er ist wie im Märchen. Er ist wie für uns gemacht.
In der Mitte des Raumes stehen einige Lehrer und überschauen die Reihen an Schülern kritisch, die Direktorin prüft immer wieder die Uhrzeit auf ihrer Armbanduhr.
Auch ich begutachte meine Mitschüler auf's Genauste. Die meisten Gesichter sind mir bekannt, manche wenige sind fremd, Neulinge. Neulinge im letzten Schuljahr. Wenn das für die nicht mal beschissen ist.
Mit einem Mal geht ein Ruck durch die Menge und sie lenkt ihre Aufmerksamkeit auf die Rektorin Chamberlain.
"Liebe Schüler der Silver Valley Charter High School", beginnt sie in feierlichem Ton.Ich hatte also Recht mit meiner Vermutung, uns würde eine kleine Rede bevorstehen. Alles andere wäre doch auch eine Schande.
"Es freut mich von ganzem Herzen, euch heute gesund und munter hier willkommen heißen zu können. Ich hoffe inständig, ihr hattet erholsame Ferien und habt das Lernen nicht vollends verlernt. Denn das werdet ihr in Zukunft wieder brauchen. Ihr Schüler seid nicht ohne Grund hier. Ein Jeder von euch ist intelligent und auf seine Weise mit außergewöhnlichen Talenten ausgestattet. Eure Eltern haben euch hier her geschickt, um euch auf den rechten Weg zu führen"
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The September Affair
Teen FictionSeptember Guillory ist ein Arschloch. Er weiß es. Die ganze Schule weiß es. Aber er hat ein Geheimnis. Eines, das selbst June Lancester interessiert. Und das, obwohl sie eine Vergangenheit mit dem verhassten Millionärssohn teilt und obwohl es so aus...