Bear Paw

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Niemand der mich sah, ahnte, welches Leid ich mit mir tragen musste. Niemand der mich sah, konnte wissen, dass ich bei ihrem Anblick selbst erzitterte und mich hasste. Jeder gesunde Menschenverstand fürchte sich vor mir, wenn er meine entstellte Hand zu Augen bekommen würde. Diese hässliche Bärenpfote, die mich wie ein Monster scheinen ließ, bereitete mir schon von dem Anfang meines Lebens große Sorgen. Dies ist der Grund, weshalb ich auch bei der heißesten Mittagssonne stets mit einem dicken Handschuh durch die Straßen lief, mich schämte, log, dass meine Hand durch einen Unfall entstellt worden war... Ich wusste nicht, wie dies bloß sein konnte ! Noch nie war mir zu Ohren gekommen, dass es von Normalität wäre, einen Menschen mit einem tierischen Körperteil vorzufinden ! Vielleicht war es meine Bestimmung. Wahrscheinlich war ich dazu bestimmt, anders zu sein...möglicherweise ein Experiment Gottes ? Ich wusste vieles nicht, doch eines mit Sicherheit. Ich würde immer mit meinem Markel kämpfen müssen, mein Leben lang...Wue ich es hasste !
Manchmal fragte ich mich auch, weshalb ich unbedingt einen Körperteil eines Bäres besitzen musste. Nun weiß ich es genauer...

Das Wissen über meine Vergangenheit schien sich jedoch an einem Tag zu ändern. Meine Eltern waren schon längere Zeit verstorben, dies war der Grund, warum ich unter dem Dach eines Weisenhauses leben musste. Eigentlich schlief ich dort nur, da es mich tagsüber in den finsteren Wald zog, der in der Nähe lag. Es gab mehrere Gründe, weshalb ich den Wald liebte. Möglicherweise lag es daran, dass ich dort meinen Handschuh ausziehen konnte, ohne dass mich jemand beobachten könnte oder auch daran, dass meine Mutter, bevor sie verstorben war und auch schon vor meiner Geburt oft in dem Wald gesichtet wurde. Anscheinend, wie mir von anderen zu Ohren kam, hatte sie dort Tiere gefüttert, sogar große gefährliche Bären ! Ja, sie war eine mutige Frau !

Eines schwülen Sommerabends trat ich erneut in den Wald. Diesmal wirkte er nicht so finster, wie er es sonst tat. Er wirkte auf irgendeiner Weise fröhlich, dies konnte auch an der Sonne liegen, die langsam unterging und in einem stechenden Rot durch die Bäume strahlte. Immer tiefer drang ich in das Grüne ein und konnte meine Augen nicht daran hindern, die wunderschöne Natur zu betrachten. Ich hielt inne, als ich plötzlich ein lautes Rascheln hörte. Erst hatte ich erschrocken die Luft angehalten, doch mit der Zeit wich dieses Gefühl der Angst. Wer sollte sich schon hierher trauen, wo es doch hier gefährliche Bären gab ? Jedes Tier wäre mir lieb, nur kein Mensch, der meine Bärentatze sehen musste ! Ohne des weiteren Nachdenkens schritt ich voran und dachte nicht mehr daran, was ich gehört hatte.

Ein Rascheln. Viel lauter, als es vorher war ! War ich etwa dem Etwas näher gekommen, das das Geräusch verursachte ? Doch die Angst wollte nicht kommen. Plötzlich bekam ich ein Trappen zu Ohren. Ich drehte mich abrupt um. Nur schwer war zu erkennen, wer oder was sich vor mir befand, denn die Sonne blendete mich stark. Erst, als ich die Strahlen mit der Hand vor meinen Augen abschirmte, erkannte ich eine braune Tatze und als ich weiter hochschaute, einen großen anmutigen Bären. Kein Anzeichen von Angst machte sich in mir breit, so trat ich ein Stück näher an das Tier. Die großen Augen des Bären wanderten an mir herab und blieben an meiner Bärentatze hängen. Möglicherweise bildete ich mir es nur ein, doch eine Träne schien über das haarige Gesicht des Tieres hinabzulaufen. Soetwas hatte ich noch nie gesehen !

Dann musste ich auch etwas erblicken, das mir die Tränen in die Augen trieb. Der Bär besaß nur eine Pfote. Auf der anderen Seite war nur ein Stumpf zu sehen. Ich wusste nicht, was ich denken, schon gar nicht, was ich sagen sollte ! Mir war es, als ob der Bär nickte und ich fühlte mich bestätigt. War es seine Pfote, die ich besaß ? Konnte das wirklich möglich sein ? Ich berührte sanft die Stelle, wo seine Pfote sein sollte und der Bär berührte mit der anderen Tatze meine. Auf Einmal erkannte ich etwas an dem Halse des Tieres. Ein eingewickelter Zettel. Vorsichtig nahm ich ihn ab, faltete ihn auseinander und las. Es war für mich unverkennbar, dies war die Schrift meiner Mutter !

"Lieber Sohn,
ehre diesen Bären ! Er gab dir etwas, was dir fehlte. Als er sah, dass du nur mit einer Hand auf die Welt kamst, zögerte er nicht und wünschte sich, dir seine Tatze zu geben."

Nun wich all der Hass, den ich auf dieses Körperteil hatte. Due Tatze war mein Glück und das Zeichen für die Liebe, die dieses Tier für mich empfand. Ohne zu zögern, fiel ich dem Bären in die Arme und flüsterte ein leises "Danke" und ob es nun wahr war oder nicht, ich bekam ein leises "Bitte" zurückgeflüstert.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Sep 13, 2018 ⏰

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