Kälte im Herzen

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2 Wochen später:

Ich sah das winzige Dorf unter mir.
Ich grinste, schon aus meilenweiter Entfernung hatte ich es riechen können, hatte den Gestank nach Abschaum und menschlichen Wesen war genommen, lange bevor die Strohdächer unter mir aus dem dichten Nebel auftauchten.
Der Geruch nach Verkommenheit und Ekel haftete wie eine Krankheit an all diesen Gebäuden, offenbarte die Wehrlosigkeit, die schiere Schwäche und die entsetzliche Verwundbarkeit.
Es war mir ein Rätsel wie all diese sich unwissend windenden, traurigen Seelen es schafften sich selbst zu ertragen, jeden Morgen aufzustehen in dem Wissen einen weiteren Tag ihres unnützen Lebens zu verschwenden.
Ich knickte den rechten Flügel ein, legte mich in eine Kurve, fühlte die eiskalte, weiße Welt an mir vorbeirauschen.
Ich fühlte nichts, es löste nichts in mir aus, mein kaltes Herz schlug ohne die kleinste Rhythmusänderung seinen stetigen, eintönigen Takt.
Nichts berührte mich mehr, alles war mir gleichgültig.
Ich fühlte weder Kälte noch Wärme.
Da war nur noch Abneigung.
Abneigung gegen jeden und alles der nicht wollte was ich wollte.
Ich wusste nicht mehr wer ich war, geschweige denn was ich war.
Ich hatte mich nicht einmal an meinen Namen erinnern können, erst Morgana hatte ihn mir gesagt.
Die Menschen riefen 'Monster' wenn sie mich sahen, liefen kreischend davon, versuchten sich vergeblich zu verstecken.
Ich glaubte ihnen aufs Wort, doch empfand ich dabei gar nichts, nichts die winzigste Regung.
Ohne einen Laut glitt ich durch die Luft, nichts regte sich, keiner bemerkte meine lautlose Ankunft.
Der Boden kam näher.
Sanft setzte ich auf dem Dorfplatz auf, meine Flügel falteten sich zusammen, meine Krallen gruben sich in den feuchten Lehmboden.
Ich lächelte.
Wie dumm diese Menschen doch waren.
Wie außerordentlich gutgläubig.
So schwach.
So dumm.
Es war ein kleines Dorf, nicht einmal hundert Einwohner.
Ich würde heute keine Schwierigkeiten haben.
Heute musste ich niemanden im Wald aufspüren und niemanden gnadenlos zur Strecke bringen, heute würde niemand das was hier eigentlich vorging rechtzeitig bemerken.
Morganas Anweisung lautete eindeutig, seit Wochen hatte sie mir nur einen Befehl gegeben, ein Befehl der die einzigsten übrig gebliebenen Glücksgefühle in mir auslöste, wann immer ich ihm gerecht werden konnte.
"Vernichte sie! Alle miteinander! Lass sie brennen, diese Verräter müssen alle beseitigt werden. Und Skye", hatte sie lächelnd gesagt, ihre grünen Augen hatten schadenfroh aufgeblitzt, "keine Überlebenden, hast du mich verstanden?"
Und wie ich verstanden hatte.

Dutzende Dörfer hatte ich überfallen, hatte die Bewohner allein bei meinem Anblick in Furcht und Schrecken versetzt.
Keiner entkam, keiner konnte später davon erzählen.
Mütter die sich schützend vor ihre Kinder warfen, Männer die versuchten ihre Familien zu beschützen, alte Eheleute die sich gegenseitig beistehen wollten, kleine nach ihrer Mutter schreiende Kinder.
Nichts war mehr von ihnen geblieben, nur die Asche, die sich nun kläglich in alle Winde zerstreute.
Nur einen einzigen Boten hatte ich auf Morganas Geheiß am Leben gelassen, hatte ihn mit einer unmissverständlichen Botschaft nach Camelot geschickt, im Gepäck die Bilder hunderter niedergemetzelter Menschen.
Mein Blut brauste freudig bei dieser Erinnerung.
Ich lief über den trostlosen Platz, tief hing der morgendliche Nebel wie ein frisch gewebtes Leichentuch, fest schliefen die stinkenden Menschen in ihren Häusern. Keiner sah mich, keiner hörte mich, als ich mich über den leise knirschenden Schnee bewegte.
Ich genoss die unendliche Macht die ich bei dem Gedanken an ihre zerfetzten Leichen verspürte, die Genugtuung wenn ich ihr rubinrotes Blut in Strömen fließen sah.
Das erste Strohdach tauchte vor mir auf, über einem schäbigen, einfachen Lehmhaus, die ausgeblichenen, eisverklebten Halme zu einem armseligen Gewebe verknüpft.
Es starrte nur so vor Dreck und Schimmel und den Ausdünstungen des menschlichen Elends.
Ich holte tief Luft, meine Lungen brannten vor grausamer Vorfreude.
Ich öffnete genüsslich die Lippen erneut, beruhigende Wärme strömte heraus erhitzte die trockene Winterluft, glühte in einem wunderschönen Inferno auf.
Ich spürte nichts außer grenzenlose Freude, fühlte das Glück, wie jedes mal wenn ich einen Befehl ausführte, als ich die rot tanzenden Funken sah.
Sofort ging das helle Stroh in Flammen auf, ich hörte die Schreie im Inneren als das Haus lichterloh zu brennen begann.
Eine Tür schwang auf, taumelnd und stark hustend erschien eine Frau ihr kleines Kind schützend an die Brust gedrückt, klammerte sich am Halt suchend Türrahmen fest, keuchte als sie den beißenden Rauch einatmete.
Mit gebleckten Zähnen und ausgefahrenen Krallen wartete ich bereits auf sie.
Ihre Augen weiteten sich vor Angst als sie mich sah.
In einer einzigen Bewegung riss ich ihr die Kehle auf. Das Blut lief ihren Hals herunter, sprudelte aus der gezackten Wunde und besudelte meine stahlharten Krallen, hinterließ wunderschöne Spuren im Schnee.
Dann wandte ich mich dem schreienden Säugling zu.

A piece of heaven ~ a Merlin FfWo Geschichten leben. Entdecke jetzt