Kapitel 10

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Es war Tage her, dass Vyris eingeschlafen war und ich schlich mich jede Nacht aus dem Schlafsaal um ihn zu beobachten, falls er aufwacht. „Guten Morgen Raven." weckte mich diesmal eine zaghafte und schwache Stimme, ich erkannte sofort das es Vyris war. Ich hatte es mir in einem Sessel des Magiers gemütlich gemacht und war wohl eingeschlafen. Ich lächelte als ich in Vyris Augen sah und er sich seine verschwitzten Haare aus dem Gesicht strich. Kaum hatte Vyris etwas gesagt öffnete sich auch schon die Wand und aus dem magischen Raum trag der Magier herbei. „Wunderbar, dass du endlich aufgewacht bist – langsam wurde es kritisch, ich hatte aber immer vollstes Vertrauen in meine Kräutersalben!" sagte er und stellte sich sofort wieder an den Tisch mit einigen Schalen und Mörsern darauf. Er begann einige Pilze zu zerstampfen. „Wir müssen los, der nächste Auftrag..." fing Vyris an zu reden. Der Magier lachte: „In deinem Zustand wirst du nirgendwohin gehen!" sagte er. Man sah Vyris es an, dass er es hasste nutzlos für den Orden zu sein.

„Wie lange muss ich denn noch hier bleiben?" fragte er dann leise, der Magier sah weiter auf seine Pilze. „Mindestens ein Paar Tage.." Vyris lies den Kopf wieder auf das Fell sinken auf dem er geschlafen hatte. „Und wie sollen wir das mit den Aufträgen schaffen?" fragte er dann und sah erst mich, dann den Magier an. Dieser musste schmunzeln und sah mich an, während er das Pilzgemisch in eine rötliche Mischung verschiedener Salze legte. „Raven könnte den nächsten Auftrag alleine annehmen, wenn sie wieder zurück kommt bist du längst wieder auf den Beinen." sagte er. Vyris schloss für einen Moment seine Augen, als hätte er gewusst, dass der Magier so etwas sagen würde. „Aber sie ist meine Dienerin, sie hat viel zu wenig Erfahrung und..." wollte Vyris sagen, doch der Magier fiel ihm ins Wort. „Es wird schon ausreichen, ich habe einen hervorragenden Auftrag gesehen. Eine Rekrutierung!" er lächelte. „Aber es ist gar nicht so lange her, dass ich sie rekrutiert habe – sie ist selbst noch ein Neuling!" Der Magier widmete sich wieder seinen Salz-pilzen. „Aber du musst zu geben, sie beweist mehr Geschick und Lernbereitschaft als andere Neulinge." Nun wurde ich rot und sah auf den Boden, mit Lob konnte ich nicht sehr gut umgehen, in der Diebesgilde wurden wir zwar auch gelobt – aber dort war es etwas anderes, es ist eine andere Sache von jemandem gelobt zu werden der dich dein Leben lang kennt oder von einer Person mit der du erst seit einigen Tagen Kontakt hast. Vyris nickte nur schwach, ihm fehlte die Kraft zu einer Diskussion. Der Magier kam und den Tisch herum und machte ein Blatt Pergament von der Tafel ab, an der inzwischen nur noch knapp zehn Blätter hingen. Die meisten Mitglieder waren auf Aufträgen und es war sehr leer geworden in der Salzwassergrotte.

Der Magier kam auf mich zu und gab mir das Stück Pergament. „Es geht um ein Mädchen, gar nicht weit von hier. Sie hat die Statue schon gefunden und einer meiner Informanten hat ihr geraten sich in der 'blühenden Orchidee' aufzuhalten, eine Taverne auf dem Weg zwischen Estehm und Jayway. Ich weiß nicht seit wann sie schon da ist, also hol sie möglichst schnell ab." sagte er und lief zu seinen Experimenten. Ich sah auf das schwungvoll beschriebene Blatt und las mir den kurzen Text durch. Es stand auch nicht viel mehr darauf als der Magier mir gesagt hatte, allerdings lies mich der Name des Mädchens kurz aufschrecken: Alison. Den Namen kannte ich, das war der Name des Mädchens das uns bei unserem letzten Auftrag gerettet hatte. Ich musste sagen ich hatte mir gehofft, dass sie dort blieb wo sie war. Sie war keine Diebin, sie war ein Mädchen aus gutem Hause, mit reichen Eltern und einem kleinen Vermögen das sie erben würde. Und ihre Eltern waren sicher nicht gerade begeistert, dass ihre Tochter nun einem ominösen 7. Orden überlassen müssten. Für mich hatte es bessere Verhältnisse bedeutet, das Versteck der Diebesgilde war eindeutig kleiner und weniger luxuriös. Aber für sie war hier sicher alles viel zu eng und spärlich eingerichtet. Ich seufzte, sie tat mir jetzt schon leid, wenn ich sie aus ihrem wundervollen Leben herausreißen müsste. Sie war nichts von dem hier gewohnt. „Ich werde das gerne übernehmen!" antwortete ich nur. Der Magier nickte und formte aus den seltsamen Salzkristallen und Pilzen kleine Tabletten und füllte sie in eine Schale. Dann brachte er sie Jackmyr, der immer noch im Versammlungsraum saß und den Tisch voller Aufzeichnungen hatte. Was auch immer die Tabletten bewirken sollten, er würde es brauchen so fertig wie er aussah. Vyris sah mich nur an und schüttelte leicht den Kopf, bevor er sich wieder zur Ruhe legte. Ich musste grinsen, er traute es mir nicht zu, aber ich würde es schon schaffen.

Raven - Tochter des SchicksalsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt