'gedanklich reden'
Wenn man ganz leise war, konnte man das gleichmäßige Tropfen im Hintergrund hören. Es hallte durch die Höhlen der Strudelinseln und war unheimlich entspannend. Wenn man das Ganze dann mit einer beliebigen Zahlen im einstelligen Bereich multipliziert hat man die ultimative Waffe gegen Anspannung und Trauer. Und genau gegen die kämpfe ich an. Vor einigen Tagen war ich aus dem Waisenhaus entflohen, in dem ich zur Zeit lebe und war mit zu Fuß und dann mit einem Schiff in die Strudelinseln verzogen. Die Höhlen war wie ein Labyrinth aufgebaut und wenn man sich hier nicht auskannte, verlief man sich schnell. Ich hatte damit keine Probleme mehr. Schon so oft war ich hier unten gewesen, vermutlich war ich auch die einzige Person in Jotho, die eine Karte von diesem Ort besaß. Ich hatte sie mit Hilfe einer Gruppe von Zubats, Golbats und Iksbats angefertigt, die mir genaue Positionen von Abgründen und Rissen im Gestein zeigen konnten. Gerade saß ich auf einem Felsvorsprung, meine Beine angewinkelt an meinen Körper angezogen und von meinen Armen umklammert, beobachtete eine Gruppe von Jurobs und Krabbys, die offenbar mit Rangkämpfen beschäftigt waren. Auf meiner Schulter saß ein Iksbat mit eingeklappten Flügeln und auf meinem Kopf ein Zubat. Sie versuchten mich etwas aufzumuntern...
Warum ich traurig bin fragt ihr euch? Vor zwei Tagen war der Todestag meiner Eltern und durfte seit langem mal wieder ihr Grab besuchen. Da kamen alte Gefühle in mir hoch und immer wenn ich traurig war, zog ich mich an einen Ort zurück, an dem ich meine Ruhe hatte. Ruhe vor anderen Menschen, die mir erzählten, dass ich Vergangenes vergessen sollte und mich auf die Zukunft freuen sollte. Die Pokémon in den Höhlen erzählten mir diese Dinge nicht. Sie hatten Verständnis für meine Situation und nahmen mich in ihrer Umgebung auf, ohne mir andauernd irgendwelche Vorträge zu halten. Ich hatte eine Gabe, eine Fähigkeit oder eine Superkraft wie es die kleineren Kinder im Waisenhaus nannten. Ich konnte die Pokémon verstehen. Nicht nur meine eigenen, sondern auch die wilden und freien Pokémon, die überall zu finden waren. Für die Menschen war es eine Gabe, für die Pokémon machte es mich zu einer Artverwandten, auch wenn das manchmal zu äußerst witzigen Situationen führte. Die Erinnerungen an die schönen Zeiten meines Lebens, brachten mich zum Lächeln.
"Das hat aber auch gedauert." hörte ich das Iksbat auf meiner Schulter sagen.
Überrascht und verwirrt schaute ich es an.
"Was hat gedauert?" fragte ich verwirrt nach.
Dabei flog Zubat von meinem Kopf herunter und eine blonde Strähne meiner Haare fiel in mein Gesicht. Sofort wurde diese aus meinem Gesichtsfeld entfernt und ich schaute auf das Zubat vor meinen Füßen.
"Er meinte damit, dass du endlich mal gelächelt hat." sagte es und legte die Flügel an.
"Ach, es ist nur...." begann ich und musste wieder an meine Eltern denken.
Sie hatten mir die schönen blonden Haare vererbt und von meinem Vater hatte ich die grasgrünen Augen. Meine Mutter hatte mir ihre Figur und die Liebe zu Psycho- Pokémon vererbt. Ich liebte meine Eltern wirklich sehr und jetzt vermisste ich sie sehr. Sie waren tot, außerhalb meiner Reichweite und ich war alleine hier unten mit den vielen Pokémon, die versuchten mich aufzumuntern. Eine Träne lief meine Wange herunter.
"Nicht weinen!" bat Zubat verzweifelt.
"Tut mir leid." schniefte ich und wischte die Träne weg.
"Du bist stark, Soul. Du schaffst das." sagte Iksbat.
Ich atmete tief ein und versuchte zu Lächeln: "Ich gebe mir große Mühe."Iksbat und Zubat blieben noch etwas bei mir, bevor sie zu ihrer Gruppe zurück kehrten. Ich blieb noch eine Weile an Ort und Stelle sitzen, bis ich schließlich auf stand und weiter ins Innere der Strudelinseln ging. Wie oft hätte ich mir selbst eine Ohrfeige geben können, weil ich nichts anderes zu tun hatte, als in Selbstmitleid zu baden. Ich hatte das satt, wusste aber nicht, wie ich das bekämpfen konnte. Es passierte jedes Jahr aufs Neue um diese Zeit seit meine Eltern nicht mehr unter den Lebenden waren. Mitten im dunklen Nirgendwo der Inseln blieb ich stehen. "Warum muss ich noch leben? Warum musstest du mich retten?" fragte ich die Luft.
Einer meiner Pokébälle, die am Gürtel meiner Hose hingen, zuckte mehrmals, so als wollte das Pokémon darin aus dem Ball ausbrechen.
"Es ist Schicksal." hörte ich eine Stimme sagen.
Sie war durch die hallende Umgebung nur schwer zu verstehen, geschweige denn ausfindig zu machen.
"Was soll Schicksal sein? Das ich mein Leben hasse oder das das Leben mich hasst?" fragte ich traurig aber mit Nachdruck und etwas sauer.
"Es wäre leichter zu erklären, wenn du herkommst." meinte die Stimme.
Okay, ich halluzinierte definitiv nicht.
"Ähm... okay? Und wo bist du?" fragte ich verwirrt.
"Ich lebe im großen Wasserfall im Zentrum der Strudelinseln. Komm zu mir und lerne die Kraft des Wassers kennen." wies mich die Stimme an.
"In Ordnung." murmelte ich und machte mich auf den Weg.
Die Höhle mit den großen Wasserfall kannte ich, sie war mein absoluter Lieblingsort, auch wenn man wegen des lauten Wasserrauschens keine anderen Geräusche hören konnte. Das und die ungewöhnlich starke Energie, die dort zirkulierte, ließen mich an diesem Ort zur Ruhe kommen und meinen Gedanken freien Lauf.Es dauerte ein kurze Weile, bis ich die Höhle betreten konnte. Es gab nur einen Eingang und den erreichte man nur von einer bestimmten Stelle aus. Doch kaum hatte ich die Höhle betreten, breitete sich ein vertrautes Gefühl in mir aus. Der breite und große Wasserfall endete in einem kleinen See aus dem viele Felsbrocken herausragten (Bild oben). Über diese hüpfte ich nahe an den Wasserfall heran und hielt meine rechte Hand nah heran. An solchen Orten spürte man die unendliche Kraft des Wasser, die ein Wasserfall sowieso schon ausdrückte.
"Dir und deinem Körper geht es an diesem Ort besser." sagte die Stimme.
"Hier herrscht eine starke, ausgeglichene Energie." meinte ich und lächelte verstohlen.
Ich hatte in meinem Leben so viel Zeit mit Psycho- Pokémon verbracht....
Da übernimmt man irgendwann die Sensibilität für Energien verschiedenster Arten.
"Ja, es ist eine sehr freie Energie." stimmte sie zu.
Plötzlich tauchte ein Schatten hinter dem Wasserfall auf und zwei leuchtend- gelbe Augen wurden sichtbar. Auf einmal war starr vor Schock und Erstaunen, gleichzeitig konnte ich mein Glück kaum fassen.... Weil ich mich nicht von der Stelle bewegte, wurde ich von dem großen weiß- blauen Drachen, der aus dem Wasserfall geschossen kam, ins Wasser geschubst. Ich fing mich jedoch schnell wieder und tauchte unverzüglich auf. Einige Meter über mir flog das legendäre Pokémon Lugia, das sich mit gleichmäßigen Flügelschlagen in der Luft hielt. "Überrascht?" fragte das Pokémon.
"Ja... ich meine nein. Ich habe gehört, dass sich das legendäre Pokémon Lugia in den Strudelinseln verstecken soll...." sagte ich etwas überfordert.
Plötzlich hob mich das Wasser in die Luft und setzte mich triefend nass auf dem Plateau vor dem Eingang bzw. Ausgang ab.
"Habe ich dir wehgetan?" fragte Lugia.
"Nein! Alles gut." antwortete ich und drückte das Wasser aus meinem Pferdeschwanz.
"Dann ist es gut." sagte sie oder er.
Ich schob meinen Pferdeschwanz zurück und fragte: "Warum bin ich eigentlich hier?"
"Du kennst Team Rocket?" fragte Lugia.
Ich nickte und sagte: "Ja, eine Bande von Idioten mit einem Anführer, der bescheuerte Ideen hat."
Lugia musste über diese Formulierung lächeln.
"Ja, so könnte man sie beschreiben." meinte sie.
"Ich habe von einem Freund erfahren, dass sie legendäre Pokémon fangen, um die Macht über die Jotho- und Kante- Region an sich zu reißen. Brauchst du deshalb meine Hilfe?" erklärte ich mein Wissen.
"Team Rocket hat bereits Kenntnis über meinen Aufenthaltsort. Ich brauche dringend ein neues Versteck." erklärte sie etwas gekränkt und traurig.
"Und wie kann ich helfen? Ich mag zwar ein Mensch sein, aber ich...."
"Du bist ein außergewöhnlicher Mensch, Soul. Deine Gabe übersteigt alles, was ich in meinem langen Leben gesehen habe. Du verstehst uns alle." unterbrach mich das legendäre Pokémon. "Schon, aber meine Seele ist verletzt. Ich bin es nicht mehr wert dieses Namen zu tragen." murmelte ich das Lob von mir weisend.
Lugia wollte gerade etwas sagen, als eine Explosion zu hören war. Erschrocken zuckte ich zusammen und schaute in Richtung Ausgang.
"Sie sind schon da. Wir haben nicht viel Zeit." meinte Lugia, die ebenfalls in die Richtung schaute.
Dann wanderte ihr Blick wieder zu mir.
"Ich bitte dich Soul. Lass mich deinen Körper als Versteck benutzen."
"Wie soll das gehen?" fragte ich verwirrt.
"Das ist kompliziert und würde zu lange dauern, um es jetzt zu erklären." sagte das legendäre Pokémon etwas hektisch.
Eine weitere Explosion war zu hören, doch mich beschäftigte das Gesagte des legendären Pokémons viel mehr. Wie sollte eine "Verschmelzung" zwischen Pokémon und Mensch gehen? "Ich helfe dir." sagte ich nach einer kurzen Zeit der Stille.
"Ich danke dir. Komm ins Wasser." sagte sie.
Ich erhob mich vom kalten, feuchten Steinboden und sprang mit einem eleganten Hechtsprung ins Wasser und tauchte schnell wieder auf.
"Es wird nicht lange dauern. Danach solltest du untertauchen und dich verstecken." erklärte Lugia kurz, was ich durch nickend als verstanden erklärte.
"Gut, dann entspann dich jetzt und schließe deine Augen."
Ich tat, was sie sagte und schloss meine Augen. Beinahe sofort strömte eine unbekannte Energie in mich, es war ein seltsames Gefühl.Es dauerte nicht einmal 120 Sekunden, bis der seltsame Fluss aufhörte und ich Lugias Stimme hörte: 'Du kannst deine Augen öffnen.'
Als ich meine Augen öffnete, war Lugia verschwunden. Stattdessen waren sich nähernde Schritte zu hören. Es waren Schritte von mindestens 5 Personen.
'Versteck dich unter Wasser, Soul. Mit meiner Kraft kannst du unter Wasser atmen.'
Das ließ ich mir nicht zweimal sagen. Ich tauchte unter, gerade noch rechtzeitig. Schon wenige Sekunden später tauchten, durch das viele Wasser verschwommene, Gestalten auf.
'Wir sollten hier weg.' meinte Lugia.
'Bist du jetzt in meinem Kopf?' dachte ich.
'Ja, aber daran wirst du dich gewöhnen.' antwortete das Psycho- Pokémon.
Ich begann tiefer zu schwimmen, unter dem Wasserfall hindurch.
'Also mir gefällt es jetzt schon.' meinte ich und lächelte.
Irgendwie spürte ich auch, dass Lugia in mir lächelte. Ein warmes Gefühl breitete sich in mir aus. Vielleicht würde Lugia mir die Lebensfreude wieder bringen, die ich vor langer Zeit verloren hatte.
DU LIEST GERADE
Seelensilber
Fanfiction*wird überarbeitet/neu geschrieben* Für viele Menschen gibt es nichts Wichtigeres , als ihre Pokémon, egal ob sie mit ihnen kämpfen, arbeiten oder nur zusammen leben. Auch Soul ist eine von diesen Menschen. Sie verlor ihre Eltern bei einem Autounfal...