Kapitel 2

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Am nächsten Morgen war ich bereits um 8.15 Uhr am Gebäude von SkyLinePics angekommen. Vor lauter Angst zu spät zu kommen, war ich viel zu früh los gefahren. SLP hatte die komplette oberste Etage in der „Welle" gemietet – einem schicken Gebäudekomplex im noblen Frankfurter Westend. Diese Tatsache trug nicht unbedingt dazu bei, mir die Nervosität zu nehmen.

Die halbe Nacht hatte ich wach gelegen und an meiner Idee für das Shooting gefeilt. Als ich endlich damit zufrieden war, quälte mich die Frage, was ich überhaupt anziehen sollte? Eher Schick? Leger? Lässig? Cool? Oder doch lieber die seriöse Geschäftsfrau in Kostüm und High Heels?

Schließlich entschied ich mich für die hippe Variante mit hellblauen Röhren Jeans, beigem Shirt, Beanie und Ankle Boots.

Zufrieden betrachtete ich mich nun auf dem Weg nach oben in den Scheiben des gläsernen Fahrstuhls. Der Schlafmangel war mir trotzdem anzusehen. Alles Makeup der Welt konnte die Ringe unter meinen Augen nicht kaschieren. Verdammt ... Egal, da musst du jetzt durch!

Als die Fahrstuhltüren aufgingen straffte ich die Schultern und durchquerte mit forschen Schritten die längliche Empfangshalle um mich am Tresen anzumelden.

„Silja Bredenstein, guten Morgen. Ich habe einen Termin mit Herrn Santale."

Die Dame hinter dem Tresen nahm die Brille ab und verdrehte ihre großen rehbraunen Augen mit den Worten: „Verdammt, er hatte schon wieder Recht ..."

„Äh ... Ich verstehe nicht ganz ..."

Lächelnd stand sie vom Stuhl auf und kam um den Tresen herum auf mich zu, um mir die Hand zu schütteln. „Bitte entschuldigen sie meine Manieren, ich verliere nur so ungern eine Wette. Ich bin Alexandra, die Assistentin von Diego. Aber nennen sie mich ruhig Sandra, das tun alle und die Abkürzung ist mir sowieso viel lieber. Diego ist noch nicht da, er hat mir aber gesagt, dass ich ihnen schon alles zeigen soll. Möchten Sie etwas trinken bevor wir starten?"

„Ein Kaffee wäre super", entgegnete ich dankbar.

„Mit Milch und Zucker?"

„Nur Milch, Danke."

„Ok, ich bin sofort wieder da. Setzen sie sich ruhig so lange und machen sie es sich gemütlich."

Sie hatte diese Art aufrichtig und herzlich zu lächeln, die mich sofort für sie einnahm. Und offenbar nahm sie kein Blatt vor den Mund, was ich umso mehr schätzte. Irgendwie schaffte sie es dadurch tatsächlich, dass ich etwas ruhiger wurde und mich einfach nur auf den heißen Kaffee freute.

Während ich den Kaffee genoss, plauderte ich ganz ungezwungen mit Sandra, als ob wir uns schon Ewigkeiten kennen würden.

Mein Handy hatte ich dabei die ganze Zeit in der Hand. Ich hoffte sehr, dass es ihr nicht auffallen würde. Und tatsächlich schien es heutzutage so normal zu sein, dass sie sich nicht eine Sekunde darüber wunderte. Perfekt!

Eine Viertelstunde später war mein Koffeeinspiegel wieder hergestellt und wir machten uns auf den Weg ins Studio. Sie stellte mir die Models, die Visagistin und den Foto-Assistenten vor, erklärte mir das Equipment und lies mir dann kurz Zeit, mich damit vertraut zu machen und die Models einzuweisen.

„Diego wird in einer halben Stunde hier sein. Brauchen sie noch irgendetwas von mir?"

„Nein, vielen Dank. Sie haben mir schon sehr geholfen."

„Ich drücke ihnen die Daumen!" Augenzwinkernd verschwand sie aus der Tür und mit ihr verschwand auch meine mühsam aufgebaute Selbstsicherheit.

Zwölf Augenpaare ruhten auf mir und warteten gespannt auf Anweisungen. Ich hatte zwar schon Erfahrung damit, ein Team zu führen, aber das war eine völlig neue Situation. Mein charmantestes Lächeln aufsetzend, rief ich alle zusammen um meine Ansprache zu halten. Meine größte Sorge war, wie sie auf meinen ungewöhnlichen Vorschlag reagieren würden.

Bildband ins GlückWo Geschichten leben. Entdecke jetzt