Nora Pov.
Es ist Freitagabend und ich versuche gerade für meine Englischprüfung nächste Woche zu lernen.
Ich bin ziemlich schlecht in Englisch, deswegen lerne ich schon seit Wochen dafür. Wenn ich diese Prüfung verhaue, kann ich mir meinen guten Abschluss in die Tasche stecken.
Ich möchte studieren und mir dann eine vernünftige Ausbildung suchen. Bis jetzt habe ich noch keinen besonderen Wunsch, was meine Karriere angeht. Meine Interessen sind einfach zu verschieden. Es gibt auch nichts, was ich besonders gut kann.
Seit fast zwei Stunden sitze ich schon an diesem Text. Dabei ist die Aufgabe so simble: übersetzen. Bin ich denn wirklich so schlecht, dass ich nicht einmal einen einfachen englischen Text übersetzten kann?
Arg. Das ist zum Haareraufen. Ich kann mich aber auch gar nicht konzentrieren. Meine Familie macht so einen grossen Krach, dass man denkt, man hätte ein ganzes Theater unten im Wohnzimmer sitzen.
Was machen die denn? Wollten sie nicht Einen gemütlichen Filmabend mit Popcorn und Süßkram machen? Das klingt mir aber nicht so danach. Wie soll sich denn da einer konzentrieren?
Ein Poltern. Es klang so, als ob etwas großes, schweres umgefallen wäre. Von wegen "Wir sind auch ganz leise, so dass du deine Ruhe hast. Mach dir da keine Gedanken!", so die Worte meines Vaters.
Ihm werde ich zeigen, was ich von seinen leeren Worten halte.
Ich stand auf, um zur Tür zu laufen, als ich plötzlich eine Gestalt auf der Straße sah, die zu mir hoch sah. Ich starrte sie an, aber ich konnte keinerlei Notiz von ihr nehmen. Die Person hatte eine graue Kapuze und eine dunkle Sonnenbrille auf. Ziemlich verdächtig. Da die Person weiterging, machte ich mir keine weiteren Gedanken. Es War vielleicht Zufall, dass unsere Blicke sich trafen.
Ich lief die Treppe hinunter und anschließend ins Wohnzimmer, wo meine Familie um einen umgekippten Tisch stand. Ich habe es gewusst. Überall auf dem Boden lagen verstreute Süßigkeiten. Sogar eine Flasche Cola war ausgelaufen.
"Was ist denn hier passiert?"
Verwirrte und dennoch entspannte Blicke trafen mich. Emma, meine große Schwester, fing plötzlich an zu lachen und mit ihr kicherten auch meine Eltern.
"Was ist so lustig?", verlor ich langsam die Geduld.
"Na ja, der Tisch ist müde gewesen und hat sich schlafen gelegt.", sagte mein Vater als sei es das Normalste auf der Welt.
"Mein Gott, habt ihr getrunken?"
Keine Antwort. Sie starren mich einfach an. Nichts. Keiner machte auch nur das kleinste Geräusch.
"Es ist gerade erstmal 20 Uhr und ihr seid schon total blau! Das ist doch nicht normal! Wollt ihr euch noch ins Koma saufen?", ich schrie vor Fassungslosigkeit.
Der Blick meiner Mutter wechselte plötzlich von heiter auf ernst.
"Was fällt dir ein so mit uns zu reden? Wir sind deine Eltern! Du hast gefälligst Respekt vor uns zu haben!", sagte sie mit scharfen Ton.
"Warum ich so mit euch rede? Anders merkt ihr es ja gar nicht. Ich versuche da oben zu lernen, um meine Prüfung nicht zu verhauen und ihr schmeißt eine Party? Ihr wisst, wie wichtig mir das ist!"
"Jetzt hör auf hier so eine Szene zu machen!"
Meine Mutter kam ein paar Schritte auf mich zu.
"Wenn du lernen willst dann geh! Es gibt genug Orte wo du deine Ruhe hast!"
Sie meint es ernst.
"Nora, du musst lernen, dass nicht immer alles nach deinem Willen abläuft.", mischte sich mein Vater ein. Im Gegensatz zu meiner Mutter, blieb er noch ruhig.
"Ich habe euch höflich gefragt und ihr meintet das wäre für euch in Ordnung."
"Deine Zickerei geht mir auf dem Zeiger! Geh doch wenn wir dir zu laut sind!", schrie meine Mutter.
Tränen schossen mir in die Augen. Wie konnte meine Mutter nur so verständnislos sein? Alles was ich wollte, ist ein bisschen Ruhe, damit ich lernen konnte. Was ist so schwer daran? Aber so ist sie immer, wenn sie Alkohol im Blut hat. Von dem sanften Kätzchen wird sie, nur durch ein bisschen Alkohol, zur wilden Raubkatze.
"Na gut! Dann gehe ich halt!"
Ich schnappte mir meine Jacke und Schuhe und rannte raus an die frische Luft. Das tut gut. Die schöne, kalte Frühlingsluft fühlte sich so gut an. Ich atmete ein paar mal tief ein und aus, dann ging ich los.
Ich hatte kein richtiges Ziel, also lief ich ziellos durch die Straßen. An einem Bäcker machte ich halt. Durch das ganze lernen, habe ich Hunger bekommen. Zum Glück hatte ich immer etwas Kleingeld in meiner Jacke. Sozusagen für schlechte Zeiten. Und das war eine dieser "Zeiten". Ich hatte mir ein Käsebrötchen gekauft und mich auf eine Bank am Marktplatz gesetzt.
Dort fing ich an langsam an meinem Brötchen zu nagen. Es war kalt und trocken, aber es schmeckte trotzdem.
Ich legte meinen Kopf in den Nacken und sah nach Oben. Der Himmel war klar und von Sternen übersät. Man konnte jeden einzelnen Stern klar und deutlich beobachten. Mein Blick war fest auf das Sternzeichen "kleiner Wagen" gerichtet.
Leider ist das, das einzige Sternzeichen, welches ich immer entdeckte. Die anderen kannte ich nicht. Zumindest vom Aussehen her. Für einen kurzen Moment schloss ich die Augen. Ich lies mir nochmal die Bilder dieses Abends durch den Kopf gehen.
Wahrscheinlich hatte mein Vater recht. Ich wollte tatsächlich, dass immer alles nach meinen Willen lief. So gefiel es mir am besten und es konnte nichts schief gehen.
Ich entschloss mich noch ein bisschen durch die Gegend zu laufen, ehe ich nach Hause gehen würde.
Als ich in eine Seitengasse einbog, sah ich im Augenwinkel eine Gestalt die mir folgte. Eine Gestalt .. die mir folgte .. mir? Das konnte nicht sein.
Wer sollte mir schon folgen? Wahrscheinlich bildete ich mir das nur ein.Den Abend genießend lief ich eine Straße nach der anderen entlang und beobachtete die Landschaft. Ich fühlte immer noch, wie die Person hinter mir herlief. Das bildete ich mir doch nicht ein, oder?
Auf den Straßen waren kaum Menschen. Das beunruhigte mich etwas. Was war, wenn die Person ein Krimineller war? Wertsachen hatte ich nicht dabei. Es war keine Person auf der Straße, die mir helfen konnte.
Bei dem Gedanken lief mir ein Schauder über den Rücken. Ich wollte gar nicht weiter daran denken, vorallem weil ich mir nicht sicher war, ob die Person mir wirklich folgte.
Einige Zeit später sah ich mich nochmal um, um zu sehen, ob die Person immer noch in meiner Nähe War. Tatsächlich. Auf der anderen Straßenseite stand die gleiche Gestalt, wie am Abend vor meinem Fenster.
Die gleiche Gestalt mit grauer Kapuze und Sonnenbrille. Ich war mir sicher, dass das die gleiche Person war. Ich meine, wie viele Menschen liefen um diese Uhrzeit mit grauem Pullover und Sonnenbrille herum?
Also war es doch kein Zufall, oder doch? Ich weiss es nicht.
Ich brauchte reines Gewissen, also entschloss ich mich, zur alten Eisdiele zu laufen. Der Ort war abgelegen und die Eisdiele geschlossen. Dort waren nicht so viele Leute, vorallem um diese Uhrzeit würde dort niemand sein.
Wenn diese Person mit Sonnenbrille mir dann immer noch folgen würde, dann hat sie entweder das gleiche Ziel oder sie würde mich wirklich verfolgen.
Ich ließ mir nichts anmerken und lief weiter seelenruhig durch die Gegend bis zur alten Eisdiele.
Es war vielleicht das Dümmste, was ich je gemacht habe, denn es gab keinerlei Möglichkeit zur Flucht, sollte sich meine Vermutung bewahrheiten.
Aber trotzdem machte ich es, schon allein deshalb, weil ich unbedingt wissen wollte, wer mich verfolgte.
Als ich um die Ecke bog, um auf den Parkplatz der alten Eisdiele zu gelangen, geschah es :
Jemand rannte von hinten auf mich zu. Panik schoss in mir hoch. Was sollte ich tun? Ich holte einmal tief Luft. Ich wollte mich gerade umdrehen, um zu gucken wer die Person sei, doch da war es schon zu spät.
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Entführt
RomanceDie 16 jährige Nora läuft Abends durch die Straßen, als sie plötzlich gepackt und entführt wird. Ihr Entführer: ein 19 jähriger, gut aussehender Typ mit viel Geld. Sie wird gezwungen mit ihm zusammen zu leben, da er nicht vorhat sie so schnell gehen...