Kapitel 2

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Jonas Pov

Sie ist so wunderschön. So wie sie hier lag. Den Kopf auf meinem Schoß. Ich wünschte dieser Augenblick würde nie vergehen.
Lange hatte ich darauf gewartet sie hier bei mir zu haben.

Ein Jahr ist es schon her. Der Tag an dem ich sie kennen gelernt habe.
Ich habe wie jeden Tag am Rathaus Gitarre gespielt. Wollte die Menschen mit meiner Musik begeistern. Ihnen den Tag etwas versüßen. Niemand hat mich beachtet. Sie gingen alle an mir vorbei. Ich wurde nicht eines Blickes gewürdigt.

Doch dann kam sie. Fast jeden Tag kam sie und lauschte meiner Musik. Es schien ihr zu gefallen. Jedes Mal lächelte sie. Das schönste Lächeln, dass ich je gesehen habe. In das ich mich verliebte.

Jeden Tag hatte ich mich gefreut sie wieder zu sehen. Ich wollte dieses Lächeln wieder sehen. Jeden Tag meines Lebens. Es ging mir einfach nicht mehr aus dem Kopf.
Pausenlos dachte ich an sie.

Irgendwann kam sie nur noch selten.
Es machte mich traurig. Ich wollte unbedingt wissen wieso. Wieso kam sie nurnoch so selten? Ist etwas passiert? Hatte sie Probleme? Gefiel ihr meine Musik etwa doch nicht? Tausende Fragen schossen mir durch den Kopf. Es ließ mir keine Ruhe. Ich musste es wissen.

Endlich hatte ich jemanden gefunden, dem meine Musik gefiel. Ich wollte unbedingt wissen wieso sie nicht mehr kam. Also fing ich an ihr zu folgen..

Und so nahm alles seinen Lauf. Als ich sie wieder sah, schnappte ich mir die Gelegenheit und lief ihr hinter her. Ich folgte ihr nach Hause, in die Schule, zum einkaufen, einfach über all hin. Ich wollte wissen, was sie macht, woran sie denkt, wie sie lebt.

Irgendwann wurde mir klar, dass ich im Begriff war sie zu stalken. Doch es war mir egal. Ich wollte einfach nur bei ihr sein. Für immer. Jedesmal
bekam ich Herzklopfen, wenn ich sie sah. Ich habe mich nie getraut sie anzusprechen. Ich hatte einfach nur Angst. Was ist, wenn sie mich nicht mochte? Sie kam mir so unerreichbar vor. Trotzdem wollte ich sie nicht aufgeben.

Ich überlegte wie ich sie für immer bei mir haben kann. Wie sie für immer bei mir bleiben konnte. Da kam mir dieser verrückte Gedanke. Entführung. Zuerst war es nur ein Gedanke. Ich hatte nie wirklich vorgehabt sie zu entführen. Schließlich wollte ich ihr nicht schaden. Da mir aber nichts anderes einfiel und der Gedanke so unerträglich war, sie nicht bei mir zu haben, beschloss ich, es zu tun. Hätte ich sie angesprochen und versucht so eine Freundschaft aufzubauen, hätte ich nichts tun können, wenn diese zu Bruch ginge. Außerdem würde es von ihr abhängen, ob sie mich in ihr Leben ließ oder nicht. Das war mir zu riskant.

Lange Zeit war ich mir noch unsicher, ob ich es wirklich machen sollte. Schließlich war es keine Kleinigkeit. Eine Entführung ist sehr aufwendig und wird bestraft. Man musste alles haargenau planen. Es durfte nichts schief gehen. Wie sollte ich außerdem an die nötigen Mittel ran kommen?

Dann fing ich an zu planen. Ich plante alles bis ins kleinste Detail. Wo ich sie betäuben würde- Schließlich durfte ja niemand mitbekommen, was ich vor hatte. Wie ich sie hier in mein Haus bringen würde - immerhin hatte ich noch gar kein Auto. Welche Dosis ist die richtige? Sie durfte nicht zu hoch sein, sonst würde ich Nora töten. Das könnte ich mir nie verzeihen. Das wäre das letzte, was ich wollte. Die wichtigsten Fragen für mich waren jedoch : Was würde ich machen, wenn sie endlich bei mir wäre? Wenn sie aufwacht?

Es hat lange gebraucht, bis ich den perfekten Plan hatte. Es gab immer wieder Probleme. Was ist wenn Nora vermisst werden würde? Immerhin hat sie eine Familie und Freunde. Man würde überall nach ihr suchen. Die Polizei würde nach ihr suchen. Davor hatte ich Angst. Angst, dass man sie finden und mir für immer wegnehmen würde. Im Gefängnis könnte ich Nora nicht einmal mehr sehen. Mir würden nur die Erinnerungen bleiben.

Das gute jedoch ist, dass mich niemand kennt. Ihre Eltern und ihre Bekannten, niemand kennt mich. Nora selber hat mich auch noch nie gesehen. Nur am Rathaus, wenn ich immer spielte. Sie hat es aber bestimmt schon vergessen. Mein Gesicht. Eines von vielen. Unbedeutend. Immerhin kam sie seit Wochen nicht mehr.

Wenn man wirklich nach ihr suchen würde, wüsste keiner, dass sie bei mir ist. Und das gab mir etwas Sicherheit. Sicherheit, dass man Nora womöglich nie finden würde. Ich musste aufpassen, dass alle Spuren verschwanden. Kein Hinweis durfte zurück bleiben.

In der Hoffnung, dass alles gut ging. Dass die Dosierung nicht zu hoch war.
Vor allem hoffte ich, dass mich niemand dabei sah. Ich wollte, dass alles perfekt war. Dass sie für immer bei mir blieb.

Eins jedoch habe ich nicht berechnet. Wie würde Nora reagieren? Würde sie schreien und nach Hilfe suchen? Würde sie bei mir bleiben wollen, oder sich wehren? Nora würde mich bestimmt für einen Psychopathen halten. Sie würde Angst vor mir haben. Wie sollte sie nach so einer Aktion glauben, dass ich ihr nichts böses wollte?

Nach langer Zeit hatte ich alles vorbereitet. Mehrere Monate hat es gedauert den perfekten Plan aufzustellen. So eine Sache musste schließlich gut geplant sein. Ich hatte alles vorbereitet.

Sanft strich ich Nora eine Strähne aus ihrem Gesicht. So weich. So schön.
Sie hatte so schönes langes, dunkles Haar.  Ich könnte das den ganzen Tag machen.

Mein Haus war groß. Groß genug für uns beide. Ich hatte extra ein Schlafzimmer für sie eingerichtet. Nur leider war ich schlecht, was das einrichten von Zimmern anging. Vor allem von Zimmern für Mädchen. Das Haus selber hatte ja nicht mal ich eingerichtet. Selbst das konnte ich nicht. Aber was soll ich sagen? So sind wir Kerle halt.

Damit Nora sich wohl fühlen konnte, habe ich ihr die gleichen Möbel gekauft, die sie vorher auch schon hatte. Sogar die Wand habe ich lila gestrichen.

Es sah fast so aus, wie ihr eigenes Zimmer. Es fehlten nur Noras persönliche Wertgegenstände. An die kam ich aber leider nicht ran. Schließlich konnte ich einfach nicht in ihr zu Hause reinspazieren und diese Gegenstände holen.

Sie sollte sich wohlfühlen. Sie sollte das Gefühl haben zu Hause zu sein. Zu Hause bei mir.
Ich war anders als ihre Familie. Ich verstand sie, würde ihr immer zuhören und würde immer für Sie da sein.

Aber ich wollte nicht im Zimmer sein, wenn Nora wach werden würde. Es wäre besser, wenn sie allein wäre und sich erst einmal an die neue Umgebung gewöhnen konnte. Ich musste geduldig sein und mich langsam ran tasten. Nur nichts überstürzen. Schließlich wollte ich, dass sie irgendwann freiwillig bei mir blieb.

Mit diesen letzten Gedanken, legte ich ihren Kopf vorsichtig aufs Kissen und verließ das Zimmer. Die Tür, natürlich, fest verschlossen.

Jetzt hieß es abwarten und hoffen. Hoffen, dass die Dosierung  nicht zu hoch war. Dass es Nora gut ging. Ihr schönes Lächeln würde sonst für immer verschwinden. Dieses wunderschöne Lächeln,  in das ich mich verliebt hatte.

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