Nacht

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"EY! Reicht auch wieder mal. Man kann es auch übertreiben!" schrie ich, nachdem alle auf mich eigeredet hatten, und mich anfassen mussten, dass mir ja auch wirklich nichts passiert war. An sich eine nette Geste, aber nicht wenn es fast fremde Leute sind, von denen du nur zwei so wirklich kennst. Sie schauten mich noch verdattert an, was ich jedoch ignorierte. Sie kann mich mal. Mir egal, was andere vielleicht von mir denken, aber so einige Menschen interessieren mich einfach nicht. Ich ging zur Coach und setzte mich langsam hin, wärend ich die anderen anlächelte. Naja, Sebastian kam auf mich zu uns setzte sich zu mir. Unauffällig sog ich seinen Duft in mich hinein.
"Und es ist wirklich alles Gut?" flüsterte Sebastian. Ich nickte leicht und holte mein Handy heraus. Soso. "PATRICK WILL MIR GLEICH EIN PAAR SEINER FREUNDE VORSTELLEN! OH MEIN GOTT!" schrieb sie. "Cool. Bin auch Grade bei Freunden von Basti. Mit Basti, hehe." antwortete ich ihr kurz. Die anderen setzten sich auch und ich lehnte mich an Basti. Vorsichtig und sanft. Sie legten nach langer Diskussion einen Horrorfilm ein. Ich hasse Horror über alles. Der Horrorfilm hieß "Freitag der 13." und handelte von einem Camp oder so. Ich hatte nicht so oft hingeschaut, da ich echt verdammte Angst hatte. Simon hatte auch noch Decken geholt, damit wir es uns "gemütlich" hätten machen können. Bei einem Horrorfilm. Ich schaute auf meine Hände, die ich in die grüne Baumwolldecke gekrallt hatte. Sebastian legte einen Arm seines um mich und zog mich richtig an ihn heran, da er meine Angst, eher gesagt die aufkommende Panik, bemerkte. Sein Geruch beruhigt mich einfach unfassbar sehr. "Danke" flüsterte ich leise, als die Charaktere in den Wald liefen. Das ist übrigens eine sehr schlechte Idee. Trennt euch niemals, wenn ihr in einem Wald seid. Niemals.

Ich kuschelte mich etwas mehr an ihn heran und vergrub meinen Kopf in seiner Schulter. Sein nach Zitronenshampoo duftendes Haar kitzelte mich am Ohr. "Hej, alles gut. Ich bin doch da!" flüsterte er in meine braunen Haare und strich mir über den Rücken. Irgendwann muss ich wohl eingeschlafen sein, denn als ich wach wurde, war es komplett dunkel und alle waren ruhig. Sebastian hatte uns auf die Coach gelegt und kuschelte mit mir. Es tat so unglaublich gut. Ich drehte mich langsam aus seiner umklammerung heraus. Was, wenn er eine Freundin hat?
Ich setzte mich auf. "Komm wieder ins Bett, Lisa!" nuschelte er in die Bettdecke. "Ich hab' dich lieb" flüsterte ich. Sebastian antwortete nicht, sondern antwortete mir nur mit einem Schnarchen. Ich konnte nicht mehr einschlafen und schaute auf mein Handy. Soso hatte mir geschrieben. "Lisa. Wo bist du, verdammt?" konnte ich auf meinem viel zu hellem Display lesen. Sie schrieb es gegen halb eins. Jetzt ist es vier. "Alles gut. Ich bin bei Sebastian. Mir geht's gut. Keine Sorge. <3"
Gegen 6 wurde ich wieder wach, nach dem ich überraschend wieder eingeschlafen war. Sebastian war sehr unruhig. Ich kuschelte mich etwas an ihn heran. Er wurde ruhig. Ich lächelte leicht. Sebastian fing an zu weinen. Ich strich ihm vorsichtig über's Gesicht. "Hej. Alles gut!" flüsterte ich leise. Simon, der auf einem Sitzsack in unserer Nähe schlief, fing an laut zu schnarchen. Sollte ich ihn küssen? Naja. Nein. Sicher nicht. Meine Augen füllten sich langsam mit Tränen, die ich weg blinzelte. Er zog mich dichter an sich. Er beruhigte mich ungemein. Seit dem ich ihn kenne geht es mir besser.
Irgendwann wurde ich von gepolter geweckt. Sebastian war schon weg, was mich irgendwie... Irgendwie enttäuscht hatte. Ich wusste nicht, wie ich mich verhalten sollte. Ich ging ins Bad und sah mich im Spiegel an. Braune, lange Haare. Blass. Schlechte Haut. Augenringe. Ungesund. Also ich. Ich hatte mich auch nicht über Nacht in eine heiße junge Frau verwandelt. Ich suchte die Küche, welche ich auch fand. In ihr saßen alle anderen. "Du siehst ja schrecklich aus!" murmelte wer. Ich schenkte ihm einen bösen Blick. "Tut mir ja leid, dass ich mir nicht dreißig Tonnen Schminke ins Gesicht klatsche, dass ich nicht wie die anderen und das ich nicht wirklich gut aussehend bin oder so. Akzeptier das oder verpiss dich!"
Simon öffnete den Mund um etwas sagen zu wollen. "Is' gut Simon. Lass es. Ich verschwinde." Ich ging noch mal ins Wohnzimmer, zog mir über meine Jacke noch Sebastians und ging. Kein Schritt zurück. Ich ging einfach. Einfach weg.
Ich hatte mein Handy vergessen. Aber das war mir egal. Ich fuhr mit dem Bus zu Soso, schloss auf und ging rein. "Hej" murmelte ich zu ihrer Mutter und ging zu Soso, die schlief. Ich legte mich zu ihr, nachdem ich "meine" Jacke ausgezogen hatte.
Ich dachte nach. Zu viel. Viel zu viel.
Mir floss eine Träne aus dem Augenwinkel und meine Sicht verschwamm. Ich schaute Soso an. Sie sah, soweit ich es beurteilen konnte, irgendwie erleichtert aus. Sosos Atemgeräusche beruhigten mich und ich schlief letztendlich wieder ein.
Ich träumte vom Zug. Von Sebastian. Von der Situation. Es war komisch. Und ich vermisste ihn. Vermissen ist schrecklich. Man kann viele Personen um sich herum haben, aber keine kann diese Lücke füllen. Man kann seine besten Freunde bei sich haben. Seine Familie. Oder aber auch in einer Menschenmenge stehend. Wenn man vermisst, kann nichts diese Person ersetzen. Einfach nichts und wenn man die Person wieder sieht, dann ist man wieder vollkommen. Dann ist man wieder komplett. Sebastian schaute mich im Traum an und strich mir über mein blassen Gesicht, schaute mir dann in meine Augen und ging. Mich verwirrte, dass er diese Armee-Klamotten anhatte. Egal. Es wird schon nichts sein. Hoffte ich.
Jemand legte sich auf mich. Soso. "Hej. Alles gut. Hast du meine Nachricht nicht gelesen?" fragte ich sie ruhig. "Do-doch. Aber ich hab' mir Sorgen gemacht, verdammt!" schrie sie mich an. "Okay.." meinte ich nur ruhig. Sie kuschelte sich an mich. Sie war glücklich. Aber nicht wegen mir. Wegen wem anderen. Es versetzte mir einen Stich. Soso löste sich, als es bei ihr klingelte. "Ach ja. Patrick wollte mit ein paar Freunden und mir spontan auf ein Konzert. Aber das ist in Berlin. Hatte ich dir ja gar nicht erzählt. Ist das okay?" fragte sie. Ich nickte kurz. "Ich geh' mal und fahr nach Hause. Okay? Und viel Spaß auf dem Konzert!" lächelte ich sie an und ging. Am Bus wartete ich um zum Bahnhof zu fahren und von dort nach Hause. Es war ruhig und ich war auf einer Art auch froh mein Handy bei Simon vergessen zu haben. Ich kuschelte mich in Sebastians Jacke. Er riecht so unendlich gut. Ich wünschte, ich könnte ihn mein nennen. Vor meiner Haustür hörte ich, wie jemand meinen Namen schrie. Wie er meinen Namen schrie.

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⏰ Letzte Aktualisierung: May 13, 2016 ⏰

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