One shot: One hit

Stolz

Er hatte sie sofort bemerkt, als sie den Sportplatz mit dem Rest der Cheerleader betreten hatte. Erst war es ihr Geruch, der seine Sinne ganz verrückt spielen ließ, dann war es ihr Anblick, der ihn fesselte. Mit ihrer langen blonden Mähne, die sie in einen hohen Pferdeschwanz zusammengefasst hatte, und ihrer kurvigen, großen Statur überragte sie die restlichen Frauen. Sie standen alle in ihrem Schatten, denn sie war eine Klasse für sich. Wie jede Katze bewegte sie sich mit solch einer Anmut, wie nur einer ihresgleichen es konnte. Zudem würdigte sie ihn keines einzigen Blickes.

Evan brüstete sich mit dem Talent das jedes weibliche Wesen einen Blick auf ihn erhaschen wollte. Es versetzte seinem Ego einen gewaltigen Stich das gerade diese Frau ihn nicht ein Mal in Augenschein nahm.

Es war nicht einmal sein Aussehen, welches ihn für die Damenwelt so begehrenswert machte, sondern sein übermäßig ausgeprägtes Selbstvertrauen. Niemals ließ er sich einschüchtern oder schreckte vor etwas zurück. Er wollte es, er kriegte es. Der Dunkelhaarige scheute nie davor zurück seine Meinung kundzutun. Kurzum: Er war angriffslustig und draufgängerisch. Und er gab niemals etwas auf, auch nicht, wenn die Aussicht auf Erfolg noch so klein zu sein schien. Das war seine Devise.

Cassandra war das erste Mal ohne ihr Rudel unterwegs. Es fühlte sich merkwürdig an so viel Freiraum zu haben. Normalerweise lebte sie mit ihrer Mutter, ihren Tanten, Cousinen und Schwestern zusammen in einem Haus und es war eigentlich immer jemand zu Hause. Man hatte also nie das Gefühl allein zu sein. Doch dieses Jahr hatte sich so viel verändert. Darius war endlich zurückgekehrt, zudem noch mit einer Gefährtin. Sie freute sich für ihren älteren Bruder, denn sie wusste, dass er es zwischen all ihren Schwestern nie leicht gehabt hatte. Er war der einzige männliche Nachkomme ihres Vaters und sollte seine Geschäfte und später das Rudel übernehmen. Das hatte sich allerdings erledigt gehabt, als er zu den Marines gegangen war. Ihr Vater hatte daraufhin das halbe Wohnzimmer in Schutt und Asche gelegt. Auch ihre Cousins waren nicht begeistert gewesen, hatten sich jedoch größtenteils zurückgehalten und den Rudel-Führer nicht noch weiter angestachelt. Ihrer Mutter hatte er mit dieser Entscheidung das Herz gebrochen, und auch Cas hatte der Gedanke geschmerzt, dass ihr großer Bruder, der sie immer vor ihren älteren Schwestern beschützt hatte, weggegangen war. Doch sie konnte seine Entscheidung dennoch verstehen. Cassandra wusste, dass Darius niemals in einem Rudel leben, geschweige denn es führen wollte.

Männliche Löwen waren im Allgemeinen faul, ließen sich von den Weibchen durchfüttern und schritten nur dann ein, wenn ihr Rudel oder Territorium Gefahr lief von anderen männlichen Löwen übernommen zu werden. Darius hatte noch nie so gedacht. Er wollte für sich selbst sorgen können; grob ausgedrückt, er wollte der Ernährer sein.

Mit Darius war auch für ihren Vater die Chance gegangen seinen Besitz an seinen einzigen männlichen Nachkommen zu überschreiben. Sein „Vermächtnis", so wie es der alte Mann immer hoheitsvoll beschrieb, würde nun an einen seiner Neffen gehen. An den Ältesten. Und das würde wiederum zu Machtkämpfen führen, die Unruhe im ganzen Rudel auslösten. Sie würden angreifbar werden, was ihre dummen Cousins nicht interessierte. Sie interessierte nur Macht und Einfluss.

Deshalb hatte Cas sich dazu entschieden nun ihr Studium nachzuholen. Sie hatte die letzten vier Jahre nach ihrem Highschool-Abschluss damit zugebracht ihre Neffen und Nichten zu unterhalten. Nebenbei hatte sie im Unternehmen ihrer Familie gearbeitet und somit zum Wohl der Familie beigetragen.

Nun war sie zweiundzwanzig und ein Erstsemester. Unter diesen ganzen unreifen Kindern kam sie sich vor wie ein Eindringling. Deshalb hatte sie sich wahrscheinlich auch für das Cheerleading eingetragen. In ihrer Highschool war sie auch bei den Cheerleadern gewesen, weshalb sie sich keine großen Sorgen machte, was die Aufnahmeprüfung anging. Zudem hatte sie von Natur aus eine Veranlagung für körperliche Betätigung, also war sie sehr zuversichtlich.