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Als ich am nächsten Morgen auf mein Handy schaute, war ich einerseits erleichtert, andererseits wütend. Oli hatte angerufen und zwar nicht nur einmal; fünf Mal. Erleichtert war ich, dass er sich überhaupt gemeldet hatte, wütend dagegen, dass er nicht persönlich vorbei gekommen war. Ich seufzte, na das liebte sich ja schnell aus. Ich legte mein Handy zur Seite und stieg langsam aus meinem warmen Bett. Ich suchte mir frische Sachen zusammen und ging ins Bad. Mum schien schon wach zu sein, dennoch war sie beim Bäcker um frische Brötchen zu holen.

Ich stellte mich zunächst erst einmal unter die Dusche, doch dieser Wachmacher erinnerte mich noch mehr an den gestrigen Tag. Wieder warf es die Fragen in meinem Kopf auf und wieder hatte ich keine Antworten auf diese. Ich war mir sicher, dass ich die Antworten selbst herausfinden musste, anders würde es sicherlich nicht gehen. Ich stellte das Wasser aus und band mir das kuschelige Handtuch um, welches zuvor noch auf der warmen Heizung gelegen hatte. Aus dem kleineren Handtuch wickelte ich mir einen Turban für meine Haare. Ich beeilte mich meine Klamotten anzuziehen, weil ich noch den Tisch fürs Frühstück decken wollte. Ich wusste das Mum nachher noch weg musste, dass hatte sie mir die ganze Woche über erzählt.

Im Schnelldurchlauf föhnte ich mir meine Haare und schminkte mich ein bisschen. Ich denke nicht das ich noch weg wollte, schließlich war heute Sonntag. Ich ging in die Küche und legte die Tischunterlagen auf den Küchentisch, als es plötzlich klingelte. War Mum schon wieder zurück? Aber sie hatte doch normaler Weise einen Schlüssel dabei oder nicht? Vielleicht hatte sie einfach noch mehr einkauft wie nötig und nun zu viele Tüten in der Hand um die Tür aufschließen zu können. Das machte sie öfters einmal, sie war regelrecht kaufsüchtig. Ich ging in den Flur und drückte den Knopf, der die Haustür aufspringen ließ. Dann öffnete ich die Wohnungstür und horchte in das Treppenhaus hinein. „Mum?", rief ich und wartete auf eine Antwort. Ich hörte Schritte die die Treppe empor stiegen. Erneut rief ich nach meiner Mutter. „Kira?", hörte ich plötzlich Oli rufen, es erschreckte mich ungemein. Einerseits war es nicht gegen meinen Willen, dass er da war, andererseits wusste ich nicht, ob ich nun mit ihm reden wollte oder nicht.

„Ja?", antwortete ich ihm und schon war er die letzte Treppe empor gestiegen und stand vor mir. „Ich wollte mich bei dir entschuldigen." ich seufzte. Hatten wir das nicht schon mal, dass er hier stand? Ich hatte absolut keine Lust, dass das jetzt zur Gewohnheit werden sollte. „Okay", sagte ich und ließ ihn hinein. Ich schloss die Tür hinter mir und ging an ihm vorbei in die Küche, wo ich Holzbrettchen aus der Schublade holte und sie verteilte. „Ich muss noch den Tisch fertig decken, wenns okay ist?" „Ja sicherlich" Er schien mir wieder so ängstlich und das passte gar nicht. „Kira, hör zu. Es tut mir leid wegen gestern, der ganze Tag war einfach nur scheiße verlaufen." Ich ließ es auf eine Pause des Schweigens ankommen. Ich musste nachdenken, nachdenken über das was ich tun sollte. „Kira, bitte. Es tut mir so leid." Ich seufzte erneut. Was sollte ich nur tun? „Es tut mir wirklich leid, du kannst mir glauben. Wenn ich überlege, ich hätte dich niemals alleine mit dem Taxi fahren lassen dürfen." Er kam auf mich zu und umarmte mich. Ich blieb regungslos stehen. „Es ist viel zu gefährlich." Er zitterte und das machte mir ein schlechtes Gewissen. Womöglich hatte er einfach zu viel getrunken und wusste nicht mehr was er tat. Und dann erwiderte ich seine Umarmung.

Ich spürte seine Lippen auf meiner Stirn, wie sie diese leicht berührten und küssten. Seine rechte Hand strich meine Wange entlang und ließ mich zu ihm hoch sehen. „Verzeihst du mir?", flüsterte er und es hörte sich an, als ob seine Stimme jeden Moment wegzubrechen schien. Ich nickte und hauchte ein leises „Ja", dann küsste er mich und es fühlte sich gut an. Irgendwie kam es mir so vor als wäre es schon eine Ewigkeit her, dass er das getan hatte. „Ich hab dir auch was mitgebracht", sagte er, nachdem er unseren Kuss löste. Oli griff in seine Tasche und holte ein dunkelblaues Samtsäckchen hervor. Ich erschrak; was würde nun kommen? Er zog an dem schwarzen Bändchen, welches die obere Seite zusammenraffte, und öffnete das Säckchen somit. Dann griff er in es hinein und holte etwas goldenes heraus, das wie ein Armband aussah. Mit der anderen Hand öffnete er meine linke Hand und legte das Armband hinein. Mir stockte der Atmen. Es sah wahnsinnig teuer aus, unbezahlbar. Wo hatte er es her? „Und das ist für mich?", stotterte ich und konnte den Blick nicht von dem Schmuckstück abwenden. „Ja, ich möchte das du es trägst. Zwar nicht immer, nur bei besonderen Anlässen, weil es wertvoll ist. Meine Oma hat es mir vererbt und ich habe es restaurieren lassen." Ich nickte, das Einzige was ich tun konnte. „Oh Gott, ich weiß gar nicht was ich sagen soll. Danke wirklich. Das bedeutet mir so viel." ich legte meine Arme um ihn und küsste ihn innig. Es war eins der schönsten Geschenke, die er mir machen konnte.

Die Tür wurde aufgeschlossen und meine Mum kam herein. Oli löste vor Schreck den Kuss und ich musste ihn fasst schon auslachen. „Kira, du bist ja schon wach", sagte sie aus dem Flur heraus und als sie in die Küche trat, schaute sie Oli voller Erstaunen an. „Oli, das ist aber eine Überraschung. Möchtest du mit uns frühstücken?" „Ja gerne", lächelte er und ich drückte ihm noch lächelnd einen Kuss auf den Mund.

Am nächsten Morgen lief ich planlos und alleine durch das Schulgebäude. Die Ferien waren viel zu schnell vorbei gegangen. Eigentlich wie immer. Ich wusste zwar was ich suchte, nur leider nicht wo ich suchen sollte. Meine Suche sollte mich gezielt zu Caro führen, doch irgendwie fand ich sie nicht. Normalerweise trafen wir uns jeden Morgen an der Eingangstür zum Schulgebäude, doch heute war sie nicht da. Normalerweise schrieb sie mir auch immer eine SMS, wenn etwas vorgefallen ist, doch heute... nichts. Weiterhin irrte ich durch die Gänge unserer Schule und bemerkte immer wieder diese komischen Blicke von allein Seiten. Es waren nicht alle Schüler sondern nur vereinzelte, dennoch viel es auf. Sie tuschelten, wenn sie mich sahen oder zeigte heimlich auf mich. Irritierend. Was hatte ich jetzt schon wieder verbrochen. „Hey!", hörte ich plötzlich eine vertraute Stimme und spürte einen Handschlag auf meiner Schulter, der mich erschrecken ließ. Caro. Sie stand neben mir und grinste mich an, ich dagegen hielt mir erschrocken das Herz. Es war nicht so angenehm von jemanden erschreckt zu werden, wenn man mitten in Gedanken war.

„Alles okay?", fragte Caro nach einer Weile in der ich nicht mehr konnte als nach Luft zu schnappen. „Ja sicher. Wo warst du eben?", japste ich hervor und ließ langsam aber sicher meine Hand von meiner Brust schweifen. „Oh entschuldige. Ich bin mit Fabi gefahren und er hat sich wie immer verspätet. Kennst ihn ja, aber jetzt bin ich ja hier. Was gibt's Neues?" Sie fasste mich am Arm und zog mich in Richtung Klassenzimmer. „Naja eigentlich nicht viel, außer das Oli mir das hier geschenkt hat." Ich krempelte meinen linken Ärmel hoch und zeigte ihr voller Stolz mein Armband. „Ich soll es normal nur bei bestimmen Anlässen tragen, aber ich konnte es einfach nicht ausziehen", grinste ich und ich sah wie Caros Augen immer größer wurden. „Wow das hat sicherlich ein Vermögen gekostet." „Keine Ahnung, ein Erbstück seiner Oma sagt er." „Wahnsinn." Plötzlich liefen zwei Schülerinnen an uns vorbei, die mich ziemlich merkwürdig anschauten und anfingen zu tuscheln. „Was ist denn hier überhaupt los?", sprudelte es förmlich aus mir heraus. „Naja, es spricht sich schon herum, dass du mit Oli zusammen bist." „Woher kennen die alle Oli?" „Gute Frage, nächste Frage. Kann ich dir leider nicht beantworten, aber das legte sich schon wieder. Oh komm wir haben jetzt Mathe bei der eklichen Stättlich. Boah wie ich diese Frau hasse."


Streetbattle - Faust gegen Faust (Tokio Hotel)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt