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Endlich hatte ich auch die letzten Stufen hinter mir gelassen und stand nun vor ihm. Agent Franco Benetti - Ein Polizist von der Questura Pandorfini in Florenz. Und seit fast zwei Jahren mein geliebter Ehemann.
Er hängte seine Jacke an dem Haken auf und sah mich grinsend an: "Entschuldige die Verspätung, aber meine Kollegen, na ja... Du kennst sie ja..." Mit einem wissenden Lächeln verschränkte ich spielerisch die Arme vor der Brust und nickte: "Ja, in der Tat... ich kenne deine netten Kollegen nur zu gut." Sein Grinsen wurde breiter: "Ich Danke dir für dein Verständnis, cara mia." Dann hielt er mir die Wange hin und ich beugte mich vor, um ihm grinsend einen Kuss zu geben. Seine haselnussbraunen Augen glitzerten, als er mich plötzlich stürmisch an sich zog und eine Haarsträhne aus meinem Gesicht strich: "Mia Bellezza... Es verschlägt mir immer wieder den Atem, dich zu sehen." Ich grinste: "Du raspelst doch nur wieder Süßholz, damit ich dir nicht länger böse bin. Das machst du doch immer." "Aber es scheint ja auch zu funktionieren.", erwiderte er mit einem Augenzwinkern. Ich löste mich rasch aus seiner Umarmung: "Achso, dreist wirst du auch noch, ja?" "Du kennst mich doch, Carina - So bin ich halt." Nun lächelte ich wieder sanft: "Deswegen habe ich dich auch geheiratet." Ich ließ mich wieder sanft von ihm an sich ziehen und spürte bereits im nächsten Moment seine weichen Lippen auf meinen. Oh ja, ich liebte ihn! Selbst wenn ich mir geschworen hatte, nie wieder einen Mann zu lieben - Franco hatte es dennoch geschafft, in mein Herz zu gelangen. Und da behielt ich ihn, so wie er mein Herz beschützte. Ich war glücklich mit ihm!
Schließlich ließ er mich sanft los: "Hast du noch Hunger?", fragte ich leise. In seinen Augen lag plötzlich ein Glitzern, er schmunzelte und antwortete dann: "Ich verspüre sogar zwei verschiedene Arten von Hunger." Er zwinkerte schelmisch. Ich grinste: "Na dann folge mir in die Küche, damit ich dir noch schnell etwas zu Essen machen kann..." "Hast du schon gegessen?" Ich drehte ihm bereits den Rücken zu und schlenderte in die Küche. Ich antwortete über die Schulter: "Nein." Ich hörte ihn hinter mir leise resigniert seufzen. Ich war bereits in der Küche angekommen, griff nach dem Fleischmesser und schnitt ein Stück Steak zurecht: "Du musst essen, mia cara. Das ist wichtig. Du hast es mir versprochen." Plötzlich hielt ich inne, ließ mit einem Scheppern das Messer fallen. Du hast es mir versprochen... Ich hatte dieses Versprechen nicht nur Franco gegeben. Ungewollt flammte vor meinem inneren Auge ein Bild auf. Ein Bild von ihm. Das Fleisch, welches ruhig vor mir auf der Arbeitsplatte lag, machte es nicht besser. Ich schnappte nach Luft und wich panisch zurück. Dann kniff ich die Augen zusammen, während ich seine Stimme hörte: "Du musst etwas essen. Anweisung des Doktors."
Ich wollte schreien, da spürte ich bereits die Umarmung Francos, der zu Kir gestürzt war und mich hielt: "Charleen... geht es dir gut, mio amore? Was hast du? Setz dich erst einmal hin..." Charleen. Eigentlich müsste ich mich mittlerweile an diesen Namen gewöhnt haben! Charleen - der Name, mit dem ich ein neues Leben beginnen wollte. Der Name, mit dem ich die Vergangenheit hinter mir lassen wollte. Dennoch war er mir immer noch so fremd wie vor fast zehn Jahren.
Sanft dirigierte Franco mich zum Esstisch, zog den Stuhl zurück und drückte mir auf die Schultern, damit ich mich setzte. Langsam kehrte ich wieder in die Realität zurück. Einen solchen Ausbruch hatte ich schon lange nicht mehr. Der letzte lag nun schon gut fünf Jahre zurück. Warum war das jetzt passiert? Gab es dafür einen bestimmten Auslöser?
Franco hockte sich vor mir auf den Boden und musterte mich kritisch: "Charleen? Geht es dir gut?" Endlich zog ich ihn wieder in meine Sicht. Er war so fürsorglich zu mir! Langsam ergriff ich seine Hände, drückte diese kurz und lächelte leicht: "Ja, jetzt wieder." "Was war das eben?", fragte er. Ich konnte es ihm nicht sagen. Ich hatte schon oft darüber nachgedacht, aber es ging einfach nicht. Eigentlich wollte ich selbst es ja auch nicht mehr wissen, deswegen war ich ja damals hierher nach Italien gereist.
Mit gläsernem Blick starrte ich meinen Mann an, überlegte mir eine gute Ausrede: "Nun... ich denke, das... war ein Schwächeanfall. Es war relativ warm heute und ich habe weder viel gegessen, noch viel getrunken." Er raufte sich die Haare: "Jag' mir nie wieder so einen Schrecken ein, klar?" Ich senkte beschämt den Blick. Ich fühlte mich unwohl, ihn anzulügen. Allerdings gab es Situationen, da konnte ich mir nun einmal nicht anders helfen. So auch jetzt: "Versprochen." Franco lächelte wieder und erhob sich: "Na gut. Dann bleibst du jetzt sitzen und ich koche." "Du kochst", wiederholte ich und brach danach in schallendes Gelächter aus. "Franco, bitte, lass mich das machen... Du hast zwei linke Hände, was das angeht." "Ich muss doch sehr bitten! So schwer kann das doch nicht sein. Jetzt bleib da sitzen und lass mich machen." Er duldete keinen Widerspruch, auch wenn ich den meistens gab. Aber nun überkam mich eine gewisse Müdigkeit, zerrte an meinen Gliedern, so dass ich meinen Kopf auf dem Arm stützte und gequält die Augen schloss...

Firenze di Notte - Shadows of the pastWo Geschichten leben. Entdecke jetzt