Sie wirbeln umher. Immer schneller und schneller, bis sie zu einem einzigen Kreis werden. Meine Konzentration steigt so stark an, dass es schon fast schmerzt, aber ich bin entschlossen durchzuhalten.
Ich schaffe das, das weiss ich ganz sicher. Ich gewinne immer, auch gegen die Schwerkraft.
Meine Hände bewegen sich, als hätte ich Parkinson und ein kleines Lächeln schleicht sich auf mein Gesicht.
Was ich alles für sie tue. Nur damit sie eine schöne Geburtstagsüberraschung bekommt, übe ich hier stundenlang.
Ich bin besser geworden, mittlerweile fliegt beinahe keines mehr runter auf den rot besprenkelten Boden. Aber ich habe ja schon immer gesagt, Übung macht den Meister. Deswegen habe ich auch meinen Kunstraum. Ich brauche Vorlagen für sie, aus dem Kopf kann ich schliesslich nichts herzaubern, auch wenn ich mir wünschen würde, so begnadet zu sein.
Wieder fliegt eines zu Boden und ich fange alle, die noch in der Luft herumschwirren mit der rechten Hand auf. Beinahe wären mir auch diese aus der Hand gerutscht. Sie sind glitschig, man kann sie nicht gut fassen. Rasch beuge ich mich nach unten und versuche, es vom Boden aufzuklauben.
Doch rollt es weg, meine Hände können es nicht packen und so rollt, rollt, rollt es über den Boden, zwischen den vielen Körpern hindurch. Eine blutige Spur verrät mir, wohin es flieht. Auf den Knien krabble ich ihm hinterher, die anderen noch immer in meiner rechten Hand, vorbei an den Köpfen und ihren fehlenden Blicken, bis ich es wieder sehe.
Es liegt direkt unter einer Frau, die Lilian heisst, wenn ich mich recht entsinne. Ich habe sie nicht gemocht, wegen ihren Schreien wäre mir fast das Trommelfell geplatzt. Da mag ich Jessica schon lieber, sie hat wenigstens nicht so viel geschrien. Mein Liebling ist bis jetzt aber immer noch meine kleine Daisy. Ich habe noch niemanden wie sie in meiner Sammlung, sie wird ein Unikat.
Meine kräftigen Finger grapschen entschlossen nach ihrem Ziel, kriegen es zu fassen und zerdrücken es fast. Sie sind so fragil, ich muss aufpassen, dass sie nicht kaputtgehen, wenn ich Daisy die nächste Nummer vorführe.
Leider habe ich noch immer keinen vollständigen Plan, was ich jetzt machen soll und schüttle meinen Kopf betrübt. Bei all den Schönheiten hier drin habe ich immer gewusst, was zu tun war, aber bei Daisy? Daisy ist etwas Besonderes, da kann ich sie nicht mit etwas so gewöhnlichem wie Erdrosseln verabschieden. Nein, es muss etwas Spezielles her, etwas, das ich noch nie gemacht habe.
Oh je, nun denke ich schon wieder zu weit, zuerst muss ich sie noch verschönern.
Auch einmal gibt mir Lilian eine Idee und ich muss lachen.
"Danke, meine Schöne!", flüstere ich dankbar und streiche ihr über ihre eingefallene Wange. Ihr ganzer Körper ist übersaht von Nähten und Knochenbrüchen. Ich denke, damit kann ich bei Daisy etwas anfangen.
Aber das ist mir immer noch zu wenig. Guter Laune laufe ich zwischen den vielen Körpern hindurch und spreche mit ihnen allen. Manche geben mir ausgefallene Ideen, andere sind für den klassischen Weg. Und ich? Ich entscheide mich für etwas dazwischen.
Für meine Daisy natürlich nur das Beste.
Es ist wahrlich eine schwere Entscheidung, aber meine Schönheiten helfen mir alle, wo sie nur können, sodass ich mich am Schluss auf dreizehn Verschönerungsmassnahmen beschränken kann. Es wird höchstwahrscheinlich ein riesiges Stück Arbeit geben, aber das ist es mir wert.
Versonnen vor mich hinlächelnd stehe ich an einer freien Stelle. Der Haken über meinem Kopf ist noch unbenutzt und schimmert matt im Licht der Neonröhren. Hierhin wird sie kommen. Sie bekommt einen Ehrenplatz, in der Mitte des Raumes. Eine Königin umrundet von ihren Hofdamen. Ich denke, es wird ihr gefallen.
Ich seufze auf. Es sind noch so viele Vorbereitungen zu treffen, ich will schliesslich, dass alles perfekt ist. Nichts kann ich dem Zufall überlassen, denn er macht seine Sache nie so, wie ich will. Also muss ich mir einen Plan aufstellen. Ich brauche neue Messer, neue Schäler, einen Bohrer, eine Säge, ein paar Hammer, dicke Nadeln, Stacheldraht,und, und, und.
Wenn sie schliesslich hier hängt, dann werde ich wirklich erschöpft sein. Aber dann kann ich mich ja zurücklehnen und mich ausruhen. Allerdings ist es noch nicht so weit.
Mein Kopf schnappt auf und ich öffne meine Hände. Ihr Inhalt kullert auf den Boden und verteilt sich in alle Richtungen, doch ich zucke nur mit den Schultern. Ich kann sie später noch aufsammeln. Meine liebe Daisy muss leider noch ein bisschen warten, bis die nächste Vorstellung stattfindet. Ich denke, sie hat nichts dagegen, schliesslich ist eine gute Vorstellung, auf die man lange gewartet hat, immer noch besser als eine, auf die man zwar nicht warten musste, aber die schlecht vorbereitet ist. Ich bin mir sicher, mein Mädchen ist der gleichen Meinung wie ich.
Mit immer noch roten Händen fische ich meinen kleinen Schreibblock und meinen Füller aus meiner Brusttasche. Ich kümmere mich nicht darum, dass ich blutige Fingerabdrücke auf dem weissen Papier hinterlasse. Eilig schreibe ich alles auf, was meine Prinzessinnen mir vorgeschlagen haben, ich will ja nichts vergessen. Die Liste wird lange, ich brauche mehrere Seiten und als ich fertig bin, schnaufe ich erleichtert auf. Jetzt muss ich diese Dinge nur noch besorgen. Schwierig wird das nichts, schliesslich sieht mich jeder als versessener Hobbybastler. Sie werden denken, ich hätte ein neues Projekt. Und das habe ich ja auch. Nur nicht so, wie sie sich das vorstellen.
Ich grinse. Ich bin ein guter Schauspieler. Ausserhalb meines Königreichs vermutet niemand etwas. Und innerhalb? Ich lache auf. Innerhalb sind schon alle tot. Ich habe keinen Butler, keine Haushälterin, nichts. Nur das grosse Haus, meine Prinzessinnen und ich. Und nun natürlich auch ihre zukünftige Königin.
Beschwingt tanze ich durch das Labyrinth meiner Prinzessinnen, sie kichern hinter vorgehaltener Hand. Seit sie tot sind, schreien sie nicht mehr und Beleidigungen höre ich auch keine mehr. Ich muss zugeben, es ist sehr angenehm mit ihnen und wenn ich mal länger von zuhause wegbleibe, vermisse ich sie.
Nach einigen Malen Abbiegen und Wegstossen eines Armes bin ich schliesslich an der Tür angelangt. Meine Prinzessinnen schmachten mir hinterher, schauen mit ihren schwarzen Augen sehnsüchtig hinterher. Sie tun mir leid, aber ich muss eben gehen. Mit sanfter Stimme erkläre ich ihnen nochmal alles und sie verstehen, dass die Königin Vorrang hat.
Winkend verabschiede ich mich von ihnen und ziehe die Tür pfeifend hinter mir zu. Meine italienischen Schuhe klacken auf dem Kellerboden, das Geräusch wird von den Wänden zurückgeworfen. Ich muss lächeln, als ich an Daisy denke. Sie freut sich bestimmt, dass ich wieder zu ihr komme und wird sicherlich enttäuscht sein, wenn ich an ihrer Tür vorbeilaufe. Zögernd bleibe ich vor dem Zimmer mit den schönen, gelben Wänden stehen und trete von einem Bein auf's andere.
Soll ich? Soll ich nicht? Soll ich?
Schliesslich fasse ich den Entschluss, dass ich sie doch jetzt schon verschönern könnte, das nötige Werkzeug besitze ich teilweise schon.
Bevor ich es mir anders überlegen kann, schlüpfe ich mit einem leichten Lächeln auf meinen Lippen in den dunklen Raum.
Hallo lovelies!!!
Ich schreibe wie ein "Maschinchen", hier also das nächste Kapitel für heute aus seiner Sicht, ich dachte, das ist auch mal wieder nötig. Das nächste wird dann wieder von Daisy sein und ihr könnt euch freuen, es wird rot, wenn ihr versteht, was ich meine;)
Wie findet ihr dieses Kapitel? Ich selbst muss gestehen, dass ich viel lieber aus Daisys Sicht schreibe, aber ich darf ihn ja nicht ganz vernachlässigen....
Euch einen schönen Donnerstagabend
lg louve
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Hide and Seek
HorrorEin gefährliches Spiel. Zwei Spieler. Und die Grenze zur Verrücktheit. *** Daisy ist umgeben von Grau. Es lacht. Wie immer. Sie sitzt in einem kleinen Kellerraum im Haus ihres Peinigers. Oft spielen sie, Daisy und ihr Entführer. Ein gefährliches Spi...