Der Ball

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Ich trat hinter der schweren Eisentür hervor. Die große Halle war zum Zerbersten gefüllt und ich brauchte frische Luft, fühlte mich eingeengt. Ich sah mich um. Ich hatte mir keinen Partner für den Ball gesucht, wurde auch von niemanden gefragt. Nichtmal Viktor Krum, der mich seit Tagen aus jeder erdenklichen Ecke beobachtete. Wahrscheinlich würde ich den gesamten Abend sowieso nur vor dem Buffet hängen. Ich begegnete Ron, der fröhlich am Rand der Tanzfläche mit Parvati tanzte. "Hey Hermine, wo ist dein Partner?", "Ich habe keinen, Ron, falls es dir nicht aufgefallen ist!", rief ich leicht beleidigt und ging an ihm vorbei. Alle hatten jemanden zum Tanzen. Außer mir. Sogar die Lehrer, außer einer von ihnen, den ich zwischen den umherwirbelnden Schülern und Lehrern nicht erkennen konnte. Professor Snape war nicht im Saal. Es wunderte mich nicht. Er mied solche großen Menschenversammlungen, fröhliche und ausgelassene Stimmungen waren wohl eher weniger nach seinem Geschmack und ich hasste Menschenmassen eigentlich auch. Deshalb beschloss ich, in den Schlossinnenhof zum großen Brunnen zu gehen und mich aus dem Gemenge herauszuziehen. Als ich das Schulgebäude verließ, durchzog mich eine klirrende Kälte, die sich sofort in meinem ganzen Körper ausbreitete. Ich sah mich um. Auf einer Bank am Rande des Brunnen konnte ich eine schwarze Gestalt erkennen. Ich ging auf die Gestalt zu. "Darf ich mich setzen?", fragte ich, "Was tun Sie hier Miss Granger? Drinnen ist das Fest, nicht hier draußen!", von drinnen schallte noch die Musik und füllte auch noch den Hof mit schriller Tanzmusik. Professor Snape hatte sich mir nicht zugewandt. Sein schwarzer Umhang hing lasch an seinem Körper herab. Er starrte den vereisten Brunnen an und zauberte kleine Funken, die durch die Eisschicht drangen. "Wissen Sie, ich mag große Feste nicht sonderlich und einen Tanzpartner habe ich außerdem auch nicht! Ich dachte, hier draußen wäre es wenigstens ein wenig ruhiger." "Ein so schönes Mädchen wie Sie, keinen Tanzpartner?", verdutzt blickte ich ihn an, "In der Tat. Hier ist es um einiges ruhiger als drinnen mit all den gackernden Hühnern!", fuhr er fort, ich lachte. Er sah nun endlich zu mir. Ich wagte es, etwas vermeintlich Unangebrachtes zu fragen und sah die negative Antwort schon vor meinen Augen. "Wollen Sie tanzen, Professor?", "Tanzen? Ich? Ich kann nicht tanzen!", zischte er und drehte sich wieder weg, "Ich kann es Ihnen beibringen. Meine Mom war lange Tänzerin an einer Tanzschule!", langsam fuhr er mit dem Körper wieder herum und blickte mich mit einem durchdringlichen Blick an. "Na gut!", ich sah einen leichten Anflug eines Schmunzelns auf seinem Gesicht, dass schon einige Spuren des Alters verdeutlichte. Überrascht von der Zusage, stand ich auf. Snape tet es mir gleich und stellte sich vor mich. Er war ziemlich angespannt. "Geben Sie mir Ihre linke Hand, Sir!", er hielt mir die Hand offen hin. Ich legte meine rechte Hand in seine Linke und meine linke Hand auf seine Schulter. Es kam mir vor, als würde er sich immer mehr verkrampfen. Scheinbar hatte er nie viel Körperkontakt mit anderen Menschen, geschweige denn mit einer Schülerin. "Miss Granger, Sie scheinen ein sehr geübtes Händchen zu pflegen. Wie kommt es, dass Sie so ruhig bleiben? Schließlich bin ich Ihr Lehrer und dazu nicht unbedingt nett!", für mich kam es so vor, als verband uns etwas. Etwas nicht Identifizierbares. Es fühlte sich fast an, wie mit einem guten Freund. Mein Körper schien die Kälte gar nicht mehr richtig wahrzunehmen. Die meisten konnten den Professor nicht leiden, da er die Schüler aus Slytherin bevorzugte aber zu mir war er irgendwie manchmal ein wenig anders. Ich wusste nicht, woran es liegen konnte. Der Professor und ich begannen, uns im Takt der leisen Musik zu bewegen. "Ich zähle langsam immer bis drei. Zwischen dem dritten und dem ersten Schritt werden die Bewegungen kurzzeitig schneller. Sonst im normalen Walzertempo." Die Tempis waren leicht einzuhalten. Der Professor besaß ein gutes Rhythmusgefühl. Dies machte das Tanzen um einiges leichter. Für einige Minuten vergaß ich einfach die Zeit, konzentrierte mich auf den vertrauten Moment. Ich genoss die Berührung seiner Hand unter meiner. Ich hatte immer gedacht, seine Hände wären kalt und schwitzig. Sie waren aber warm. Warm und weich. Sein Blick lag auf meinem Gesicht. Mein Blick auf seinem Gesicht. Wir sagten nichts und tanzten weiter zur Musik. Ich ignorierte die Kälte um mich herum und genoss den Tanz. Es war Winter. Mein dünnes Kleid wehte im Wind und riss den Professor plötzlich aus seinen Gedanken, als er es mit einem Blick nach unten bedachte. Er löste sich von mir. "Miss Granger, haben Sie nur dieses dünne Kleid hier draußen an?", schimpfte er. Sein kalter Ton war zurück. "Ja?", "Ab rein mit Ihnen. Sie werden noch krank und das muss absolut nicht sein!", er zeigte auf die Tür. "Ja Professor, entschuldigen Sie!", ich eilte zum Eingang des Schulgebäudes. Ich sehnte mich nach dem Tanz zurück und drehte mich kurz nochmal zu ihm herum. Ich erwischte Snape dabei, wie er mir nachgesehen hatte. Ich winkte leicht. Jetzt sah ich seit langem oder gar zum ersten Mal seit ich hier zur Schule ging, ein wahrhaftes Lächeln von Professor Snape. Ich musste breit grinsen und verschwand herein, um direkt in den Gryffindorturm zu gehen.

(Die Leute im Hintergrund des Bildes nicht beachten😊)

Too Young To Be His || SnamioneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt