Unerwarteter Besuch

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Seit Stunden lag ich nun mutterseelenallein im Krankenbett. Madam Pomfrey hatte mir vor einigen Minuten die Nachricht übermittelt, ich hätte eine nicht ansteckende Lungenentzündung, also konnte ich auch so viel Besuch empfangen, wie ich wollte. Allmählich wurde es dunkel draußen und die großen Lichter im Krankensaal wurden gedimmt. Zur Abwechslung war außer mir niemand hier, sonst war er voll von hustenden und verletzten Schülern. Eine halbe Stunde vor der Nachtruhe, kam Madam Pomfrey nochmals zu mir. Sie strich mein Bett nochmal gerade und schüttelte mein Kissen aus. "Na Kleines, wie geht es dir?", fragte sie mich mit weicher Stimme, "Mir geht es gut, danke! Ich habe eine Frage, können Sie Bescheid geben, dass mir jemand mein Arithmantikbuch bringt? Ich wollte noch ein wenig lernen!", meine Stimme krächzte ein wenig, da ich seit Stunden nicht mehr richtig geredet hatte. "Das kann ich tun, brauchst du sonst noch etwas?", "Nein ... oder doch ... haben Sie vielleicht Butterbier da?", ich dürstete nach einem großen Glas frischem Butterbier, "Ich kann dir leider keines geben, da dein Hals gut geschont werden muss, damit du schnell gesund wirst!", sang sie mit hoher Stimme, "Achso aber ein Glas Wasser oder einen Tee hätte ich gern!", "Bringe ich dir sofort!". Fünf Minuten später stellte sie mir eine Tasse auf den Nachttisch und ging, ohne ein Wort zu sagen, dennoch lächelte sie freundlich. "Haben Sie wegen meinen Büchern Bescheid gesagt?", "Ja habe ich, jemand wird sie dir gleich bringen!" Ich war gespannt, wer sie mir bringen würde. Kurz bevor Madam Pomfrey den Saal verließ, sprach sie zu mir, "Ich gehe mir etwas zu Essen machen, du bleibst hier im Bett, keine Spaziergänge, in Ordnung?", "Ja mache ich!", "Gut, dann bis später, Kleines!" Einige Minuten herrschte völlige Stille im Krankentrakt, bis die Tür aufging. Eine, mir sehr gut bekannte, schwarze Gestalt trat durch die Tür. Sein Umhang wie immer tiefschwarz hinabhängend, die schwarzen Haare frisch. Snape, der mein Arithmantikbuch unter dem Arm trug, schloss die Tür hinter sich und kam langsam auf mich zu. Der Umhang wehte hinter ihm her und verlieh ihm wie immer etwas überaus Mysteriöses. Als er einen kurzen Augenblick zur Seite sah und sich umblickte, richtete ich meine Haare und setzte mich kerzengerade hin. "Hallo Professor!", er sah mich ernst an, "Was haben Sie sich bloß dabei gedacht, Miss Granger?", schimpfte er in seinem bedrohlich leisem Tonfall. "Bei was?", erwiderte ich, "Ohne eine Jacke oder einen Umhang vor die Tür zu gehen!", "Ich habe nicht mitgeda...", er ließ mich nicht aussprechen und fiel mir ins Wort, "Sonst denken Sie doch auch immer mit!", "Wahrscheinlich war ich zu traurig!", ich senkte den Kopf, "Traurig?", er war ernsthaft überrascht, "Wissen Sie noch, jeder hatte einen Tanzpartner, ich nicht! Selbst die Professoren hatten Partner!", der Sarkasmus war unüberhörbar, "Ich hatte keinen!", bevor ich etwas falsches sagte, presste ich die Lippen aufeinander. Ich nickte. "Das kommt nie wieder vor!", versprach ich, "Gut!" Stille. Niemand von uns sagte etwas. Ich bemerkte, dass Snape immer noch mein Arithmantikbuch in der Hand hielt. Er bemerkte mein Blick zum Buch, woraufhin er es auf mein Bett legte. Wieder sagten wir nichts. Plötzlich hielt er seine rechte Hand hin. Ich ergriff sie vorsichtig. Was hatte er vor? Er geleitete mich sanft aus dem Bett und führte mich an der Hand zu sich. Wie am Vortag stellten wir uns gegenüber in eine Tanzposition. Ich blickte in seine dunklen Augen, sie sahen mich mit einem merkwürdigen Ausdruck an, der aber nicht unangenehm war. Ohne Musik begannen wir zu tanzen. Er war schon besser als gestern. Er musste geübt haben. Ich stellte ihn mir allein tanzend vor und musste leicht schmunzeln. Einige Minuten wirbelten wir langsam durch den Saal, in dem die Krankenbetten standen. Dabei redeten Snape und ich kein Wort und sahen uns stumm an, während wir den Blick nicht voneinander abwendeten. Erst jetzt wurde mir klar, dass ich mein Schlafgewand aus rötlichen Stoff trug. Es hing schlabbrig herunter und flog des Öfteren zu allen Seiten. Ich musste schäbig aussehen. Nun schämte ich mich aber Snape schien kein Blick daran zu verschwenden. An meinem Bett kamen wir wieder zum Stehen. Ich hörte von Draußen Schritte näherkommen. Madam Pomfrey! Etwas in Eile entriss ich mich des Professors Griff und hüpfte zurück in das Krankenbett. Snape tat gekonnt so, als stünde er seit den Minuten, die er hier war, nur am Rande des Bettes und blätterte durch mein Arithmantikbuch. "Madam Pomfrey!", sagte Snape überrascht aber wie gewohnt leise, "Professor, was machen Sie bei Miss Granger?", "Ich habe ihr Buch gebracht, wie Sie gebeten hatten und habe dann kurz darin geblättert!", "Achso, ich dachte, Sie würden einen von Miss Grangers Freunden Bescheid geben aber nun gut, jetzt hat sie es ja", sie war verdutzt, "Ich wollte jetzt sowieso gehen!", schnell drehte er sich um, "Okay gut! Beeilen Sie sich, ich will gleich abschließen!", "Ja, natürlich" er sah mich nochmal ausdruckslos an. "Gute Nacht Miss Granger, ruhen Sie sich gut aus und dass Sie nicht nochmal so unverantwortungsvoll handeln!", "Danke Professor, ich werde das nicht wiederholen!", sagte ich emotionslos, er nickte, sah mich kurz noch eindringlich an und lief dann in einem ungeheuer schnellen Tempo aus dem Trakt. "Merkwürdig, dieser Professor!", witzelte sie, "Ja? Ehm, ich meine, Ja!", Madam Pomfrey hatte meinen Versprecher nicht wahrgenommen und schloss die Tür ab. Eine Nacht voller Gedanken begann.

Too Young To Be His || SnamioneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt