Kapitel 15

12.1K 471 10
                                    

Emma POV:

Ich hatte mich also nicht verhört. Der Club ist größer, als ich gedacht hatte.
Eine Gruppe Jugendlicher kommt gerade lallend aus dem Ausgang.

Wie spät es wohl ist?

Wir hatten keine Gelegenheit uns umzuziehen, also trage ich immer noch den schwarzen Rock und das weiße Hemd mit High Heels kombiniert.

Bloß meine Brille habe ich ausgezogen und meine Haare geöffnet, die mir nun wellig und zerzaust über die Schultern fallen.

Dieses Gefühl der Erlösung ist unbeschreiblich.
Endlich kann ich wieder richtig lächeln. Chantal nimmt meine Hand, damit wir uns nicht verlieren wie das letzte Mal, und führt mich auf die Tanzfläche.

Wie berauscht tanzen wir zu der Musik, bis ich eine Pause brauche.
"Wollen wir was trinken gehen?!", schreie ich ihr im Lärm und den dröhnenden Beats zu.

An der Bar lehne ich mich erschöpft zurück. "Hallo, ihr Hübschen." Ein schwarzhaariger Junge, etwa 21, hat sich zu uns gesellt und mustert uns neugierig.

"Ich hab euch von dort drüben beobachtet. Ihr tanzt wirklich gut.", schmunzelt er verführerisch.
Charlie ist sofort hin und weg und starrt ihn fasziniert an.

Okay, ich gebe es zu, er sieht wirklich gut aus, aber nichts im Vergleich zu...
Das hab ich jetzt nicht ernsthaft gedacht? Das hab ich nicht ernsthaft gedacht! Nein, hast du nicht Emma.

"Danke für das Kompliment.", erwidert sie ebenfalls lächelnd.
"Ich bin Mike und das da hinten James und Shannon.", sagt er in Richtung der Bar gegenüber und winkt die beiden zu sich.
Während sie zu uns kommen murmelt mir Chantal zu: "Der gehört mir."

Ich hab kein Problem damit. Im Gegenteil. Aufdringliche Jungs waren noch nie mein Fall.

Sie nicken uns freundlich zu, aber bevor ich mich vorstellen kann, wird dieser Shannon von einem anderen Mädchen von der Seite angesprochen und ungefragt auf die Tanzfläche geführt. Er wehrt sich nicht, aber verzieht das Gesicht, was mir ein Grinsen entlockt.

Er schien mir nicht sehr sympathisch. Wenn ich Glück habe, schnappt sie sich noch James, aber das ist leider nicht der Fall.

Ich weiß nicht wieso, aber ich finde James sieht besser aus, als Mike. Wahrscheinlich stehe ich mehr auf hellere Haare, sowie die von Alex und Henry.

Über diesen Gedanken kann ich bloß den Kopf schütteln, woraufhin mich James verwundert anstarrt.

Na toll, jetzt muss ich mich doch vorstellen.

"Und du bist?", frägt er mich lächelnd.
"Em... Hope.", verbessere ich mich schnell.

Wer von ihnen bin ich eigentlich wirklich? Mein Name ist Emma, aber ich bin nicht diese Person. Ich führe ein Doppelleben mit zwei Identitäten. Wer bin ich also? Ich weiß es selber nicht.
Mir fällt erst jetzt auf, wie groß der Gute ist. Bestimmt 15 cm größer als ich.

"Merkwürdig, dass wir uns erst jetzt kennenlernen. Wir drei sind sozusagen jeden Tag in einem anderen Club." James legt seinen Kopf schief und mustert mich wieder.

Wir sind für die zwei praktisch Freiwild. Ich meine, wenn ein attraktives Mädchen alleine an einer Bar sitzt, kann sie nur single sein.

"Und ihr seid alleine hier?", frägt er trotzdem sicherheitshalber nach.

Wahrscheinlich hat er Angst, dass unsere imaginären Freunde jede Sekunde vom Klo kommen, ihnen in die Eier treten und danach totschlagen.

Also nicke ich und James frägt mich, ob ich gerne mit ihm tanzen möchte.
"Ehrlich gesagt wollte ich kurz eine Pause machen.", entschuldige ich mich. "Aber Chantal meine Freundin hier", sage ich mit einem Seitenblick auf Charlie, die an Mikes Lippen hängt, "hat bestimmt... auch keine Lust.", beende ich den Satz murmelnd.

James lacht, nimmt meine Hand und wir tanzen ungefähr fünf Lieder gemeinsam.

Es ergibt sich keine Möglichkeit zur Flucht. Wenigstens drängt er sich mir nicht auf, wie all die anderen Kerle normalerweise. Wie zum Beispiel Alex damals.

Ich blicke mich um und beobachte die vielen Menschen die ausgelassen feiern. Ein Pärchen tanzt eng umschlungen neben mir, als würden sie heimlich heiraten. Vor mir unterhalten sich zwei Jungs. Der rechte von ihnen deutet seinem Kumpel in meine Richtung. Schnell drehe ich mich um und schaue in zwei braune Augen.

Will der Typ mich verscheißern?!

"Bin gleich wieder da. Warte hier."
James nickt verdutzt und ich renne durch die Menge auf die Gestalt zu.
Auf einmal bemerkt er, dass ich mich ihm nähere und wendet sich zum Gehen, aber zu spät.

Bevor ich ihn in der Menge verliere, packe ich seinen Pullover am Kragen und springe förmlich so auf seinen Rücken, dass er zu Boden fällt und ich auf ihm lande.

"Ich bin ja geschmeichelt, Süße, aber kannst du bitte von mir runtergehen?", krächzt er ertappt.
"Verdammt, Luke! So heißt du doch, oder?", fauche ich ihn aufgebracht an.
"Komm schon, lass mich los. Die Leute schauen schon.", knurrt er ungeduldig mit roten Wangen.

Verwundert schaue ich hoch. Tatsächlich stehen die Leute erschrocken über uns. Ich hab mich mitten in die Menge geworfen. Ich an Lukes Stelle würde mich genauso  schämen, wenn ich mich nicht gegen so ein zierliches Mädchen wehren könnte.

"Wieso verfolgst du mich?" Ich zerre ihn hoch und ziehe ihn an an den Rand.
Schweigen. Er beißt sich auf die Unterlippe.
"Ich bin nicht blöd. Wenn du nicht redest frage ich einfach David, wieso er mir keinen besseren Spion schickt."
Langsam werde ich richtig sauer.
"Schon gut. Tu das nicht. Ja, er hat mich geschickt.", gibt der Angsthase panisch zu.

Das ist echt der schlechteste Spion, den ich in meinem ganzen Leben getroffen habe.

"Ich hätte was besseres erwartet von ihm. Aber gut, wenn er mir Weicheier auf den Hals hetzen will, die ängstlich auf dem Boden kauern, soll er doch.", provoziere ich ihn grinsend.

Mir ist nicht entgangen, wie er seine Hand hinter dem Rücken versteckt hat. Jede Sekunde wird er drohen mich zu erschießen, aber mal ehrlich... Der wird sich nicht trauen.

Blitzschnell zieht er seine Pistole aus seiner Hosentasche und zielt auf meine Stirn.

Ach verdammt, wie konnte ich die übersehen?

"Ein Jammer, so ein hübsches Ding zu töten.", knurrt er und umklammert die Waffe fester, als ich entgegne: "Dein Boss wird nicht froh sein, wenn du seine beste Tänzerin erschießt. Oder irre ich mich da?"
Ich nutze den Moment seines Zögerns, schnelle mit meiner Hand vor, umgreife seinen Unterarm und schlage mit der anderen die Knarre aus seiner Hand.

Den Trick habe ich mir gemerkt. Danke, David. Also das war echt ein Eigentor.
Hat der Typ ernsthaft Angst vor mir?
Ich könnte niemals unschuldigen Menschen wehtun, aber das muss er ja nicht wissen.

Nervös sieht sich Luke um, wenn er überhaupt so heißt. Bestimmt war das auch nur eine Lüge.
"Bring mich zu ihm.", fordere ich kalt.
"Ich weiß n-nicht, wovon du redest.", stottert Luke verzweifelt.

Und ein schlechter Lügner ist er obendrein.

"Das weißt du ganz genau. Los jetzt!"
Seufzend läuft er nach einem Schubser voraus und wir kommen im Backstagebereich an.

David kann was erleben.

My secret of PoledanceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt