1. Von grünen Teppichen und leuchtend roten Haaren

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1. Von grünen Teppichen und leuchtend roten Haaren

Gelangweilt fiel Soneas Blick aus dem Fenster. Der Unterricht unterforderte sie mal wieder, aber das war nichts Neues. Draußen wehte etwas Wind, der der die Äste der Bäume bewegte und die Blätter rascheln ließ. Die Straße war so gut wie verlassen, selten passierten vereinzelte Fußgänger oder ein Auto fuhr entlang.

Die Chemielehrerin stand vor der Tafel, redete und schrieb gelegentlich etwas an. Sonea interessierte es nicht, sie hatte es eh schon verstanden. Mit feinen Bleistift-Strichen begann ein Bild auf dem weißen Blatt vor ihr zu entstehen, ein Fensterrahmen und die Aussicht nach draußen.

"Ich hätte noch ein Referat zu vergeben, damit könnten zwei von Ihnen ihre mündliche Note noch verbessern. Sonea? Quinn? Wie sieht es mit Ihnen beiden aus?", wandte sich die Chemielehrerin, eine Frau Anfang 50 mit braun gefärbten Haaren und roter Brille, an ihre Schüler.

Sonea nickte widerwillig, sie hasste es vor der Klasse zu stehen und zu reden, während Quinn mit einem "Ja okay" zustimmte. Beiden war bewusst, dass man solch eine Aufforderung von Frau Hänel besser nicht ablehnen sollte, sofern man nicht ihren heiligen Zorn auf sich ziehen wollte oder einem die Note wichtig war.

Quinn kannte Sonea abgesehen vom Namen nicht und das, obwohl sie seit etwas mehr als drei Monaten im gleichen Chemiekurs saßen. Er umgeben von seinen Freunden und Sonea alleine an einem Doppeltisch an der Fensterseite. Sie wollte es so.

Es klingelte. Quinn beeilte sich wie alle Schüler seine Sachen einzupacken und passte Sonea an der Tür ab.

"Sonea?", sprach er sie an und fuhr sich mit einer Hand durch die hellbraunen Haare. Sie sah ihn abwartend an.

"Wann hast du Zeit dich mit mir fürs Referat zu treffen?", fuhr er fort.

"Wir haben eine Woche Zeit eine Einführung in Organische Stoffe vorzubereiten und uns einen Versuch überlegen, ich kann fast immer Zeit haben", erklärte sie mit einer - wie Quinn bemerkte - angenehm ruhigen Stimme.

"Ist das viel?", wollte Quinn von ihr wissen.

"Du hast echt keine Ahnung von Chemie oder?", stellte Sonea belustigt fest.

"Naja, ich bin nur in Chemie, weil ich es muss", gestand er.

"Willst du schon gleich heute anfangen? Ich habe zwar 10 Stunden, aber danach könnte man noch anfangen", schlug sie vor.

"Ne, tut mir leid, ich hab' heute Training", entschuldigte er sich, "lass morgen noch mal reden, gleich ist die Pause zu Ende und ich muss noch ans andere Ende der Schule."

"Okay", stimmte Sonea schlicht zu. Quinn war wirklich positiv überrascht, er hatte Sonea vorher so gut wie nie reden hören und auch wenn sie mit ihren roten Haaren, kein orange-rot sondern ein unnatürlich knalliges Rot, auffallen müsste, wusste sie es in der Masse unterzugehen.

Kaum jemand wusste etwas über sie, außer dass sie "die Kleine mit den roten Haaren" war.

Es war schon ungewöhnlich mit 14 Jahren in der Oberstufe zu sein, aber niemand kümmerte sich wirklich darum. Das war halt Sonea, intelligent, aber schweigsam. Die Leute interessierten sich für Anderes.

Warum Frau Hänel ausgerechnet Quinn als ihren Referatspartner ausgesucht hatte, fragte sich Sonea auf dem Weg zu ihrem nächsten Raum. Diese Schule war einfach zu groß. Vermutlich hatte sich gehofft, dass Quinn durch Soneas Hilfe wenigstens etwas Chemie verstehen würde und somit nicht durchfallen müsse.

"Hey Sonea. Warte!", rief Quinn ihr am nächsten Tag nach Schulschluss hinterher. Viele andere sahen ihn verwundert und interessiert an, doch er ignorierte es gekonnt. Den ganzen Tag über war Sonea wie eigentlich immer unauffindbar für ihn gewesen und jetzt wäre sie ihm beinahe entwischt.

Sonea *pausiert*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt