Weißdorn und Einhornhaar

6.1K 387 30
                                    

"He, Granger!" Die Stimme mag für einen Todesser, eigentlich für jeden, kalt und abfällig klingen, aber ich höre noch eine Spur von Dringlichkeit hervor. Es ist fast wie ein Flehen.
Für einen Moment halten wir alle inne. Voldemort starrt an mir vorbei.
Er sieht wütend aus, sodass ich fürchte, er würde gleich mit Hunderten von Flüchen um sich schießen.

Langsam drehe ich mich um. Ich weiß nicht, ob ich es mir einbilde, aber alles wirkt wie erstarrt. So, als hätte jemand mitten eines Films auf Pause gedrückt.
Draco schaut zu mir und er ist auch der erste, der sich wieder bewegt. Er hat etwas in der Hand. Ist das...?
Plötzlich hebt er seinen rechten Arm, bewegt die Hand nach vorn, aus seiner Hand fliegt etwas in meine Richtung und ehe ich mich es versehe halte ich den schwarzen Zauberstab in der Hand.

Ein weiterer Moment vergeht im Schweigen. Dann bricht der Tumult los.

Von überallher fliegen Flüche auf uns zu. Draco taucht geschickt unter ihnen weg. Ich feuere mit seinem Zauberstab Flüche auf jeden Todesser ab, der einem von uns zu nahe kommt und für einen Moment kommt es mir seltsam vor, dass Draco Malfoy, der Slytherin und ich, Hermine Granger, die Gryffindor, jetzt wohl auf der selben Seite stehen. Dann rufe ich: "Stupor!" und "Petrificus totalus!" und wehre somit zwei Todesser von Draco ab. Langsam habe ich das Gefühl, wir könnten hier doch lebend rauskommen, doch eines macht mir Sorgen. Voldemort.
Ich habe gesehen wir er sich nach hinten verzogen hat, aber wieso?
Was auch immer er vorhat, Draco und ich müssen schneller sein.

Ich weiß nicht, wer den Fluch losgelassen hat, aber aufeinmal sehe ich einen grünen Lichtstrahl auf mich zu kommen, der mir leider sehr vertraut vorkommt.
Vielleicht ein Schleuderfluch... denke ich noch bevor ich nach unten sinke.

...

Die Stimme kommt mir merkwürdig bekannt vor. Sie klingt weise uns strahlt eine angenehme Ruhe aus.
Sie scheint aus dem Nichts zu kommen. Ich weiß nicht einmal ob es überhaupt eine Stimme ist. Aber ich kann mir auch nicht erklären, was es sonst sein soll.
Die Stimme spricht zu mir. Langsam und ruhig.
"Du kannst nicht sterben solange er lebt, der dich schützt. Uralte Magie ist das."
Ich will fragen, was das bedeuten soll, doch die Stimme ist verschwunden und mit ihr auch die Ruhe.

Ich schlage die Augen auf. Zeit zum Nachdenken habe ich nicht. Ich sehe wie Draco einen Zauberstab in der Halt hält. Es ist nicht sein eigener, denn der befindet sich immernoch in meiner Hand. Er ist von Todessern umzingelt und Voldemort steht vor ihm. Ich kann auch von hinten erkennen, wie wütend er ist. Doch seine Stimme ist ruhig. Viel zu ruhig.
"Draco, Draco, Draco. Ich dachte du wärst vernünftiger. Ich habe mich wohl getäuscht. Cru-" Weiter kommt er nicht.

Ich habe mich aufgerappelt und ab jetzt übernehmen meine Instinkte. "Stupor!" Ich schocke ein paar Todesser vor mir. Voldemort fährt herum. Ich renne nach vorn, stürme zu Draco, packe ihn am Arm. Ich weiß nicht mehr, welcher der verletzte ist, aber ich hoffe, ich habe den gesunden erwischt.

Während wir rennen, feuere ich immer wieder Flüche nach hinten ab, vollkommen ahnungslos, wen sie treffen. Auf der Hälfte des Ganges scheint Draco wieder zu sich zu kommen. Er schießt ein paar Flüche nach hinten und schiebt mich durch eine Tür. Wir sehen uns an.
Von draußen hören wir Flüche vorbeizischen.

"Was jetzt?" Ich kann die Antwort auf seinem Gesicht ablesen. Mein Herz schlägt mir bis zum Hals. Es kann nicht mehr lange dauern bis man uns hier findet.
Ich sehe mich in dem Raum um.
Er ist sehr klein, nur mit einer winzigen Kommode aus dunklem Holz und einem schmalen Bett ausgestattet. Wahrscheinlich dient er als Gästezimmer. Das einzige Licht kommt aus einem Fenster am anderen Ende des Raumes.

Ich sehe Draco an, anschließend mache ich ein paar Schritte auf das Fenster zu und sehe hinaus.

Direkt davor befindet sich ein kleiner See, die Abendsonne spiegelt sich im Wasser.

Ich drehe mich wieder Draco zu und auf einmal weiß ich, wie wir hier raus kommen.

Im Kerker oder doch im Herzen?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt