18. Ich hasse das Schicksal...

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Wir wissen beide, dass wir ein neues, ernsthaftes Problem haben...

Unfähig mich zu bewegen starre ich auf das Schauspiel, dass sich etwa zehn Meter unter uns abspielt.
Eine große, graue felsige Fläche ist durch dutzende Fackeln hell erleuchtet, auf der sich gefühlt hundert Berserker versammelt haben, und um irgendetwas herumstehen. Dagur ist -oh welch große Überraschung...- auch dabei und scheint sich über dieses Etwas, das zu seinen Füßen liegt, tierisch zu freuen.

"So ein Mist!", knurrt Astrid neben mir, "ich kann nicht genau erkennen, was die da machen. Und ich hab mein Fernglas natürlich nicht dabei..!"
Ich lehne mich leicht gefährlich über die Felskante und versuche einen besseren Blick zu erhaschen, aber die Dunkelheit und die Angst, erneut einen Felshang hinunterzustürzen machen mir einen dicken Strich durch die Rechnung. "Ich seh' auch nichts..."
"Dann lass uns näher 'ran gehen", schlägt Astrid vor und kurz darauf sitzen wir auf unseren Drachen.

Mit Drachen näher heran zu fliegen wäre vermutlich zu auffällig, daher fliegen wir einen großen Kreis und landen abseits, im Schutz eines Felsens.
So langsam kann ich diese Dinger echt nicht mehr sehen!
Von hier aus führt so eine Art Weg zu dem Platz, wo Dagur und seine Gefolgsleute stehen. Astrid und ich schleichen uns vorsichtig an sie heran, Sturmpfeil und Zickzack folgen uns so leise wie möglich.
Breite, spitze Felsbrocken, die überall im Weg herumliegen, recken sich bedrohlich links und rechts von uns in den schwarzen Himmel. Mittlerweile habe ich auf dieser Insel schon Schlimmeres erlebt, also jagen die mir keine Angst ein, aber sie machen es uns nicht unbedingt leichter, wenn man bedenkt, dass hinter jedem dieser Dinger augenblicklich eine Patroullie oder ähnliches auftauchen könnte ... Astrid und ich haben schon für einiges an Aufregung gesorgt, und Zickzacks Verschwinden ist sicherlich auch nicht lange unbemerkt geblieben. Außerdem habe ich meinem Fuß nach wie vor keine Möglichkeit gegeben, sich zu kurieren und so ist die ganze Kletterei über das Gestein dann doch recht schmerzhaft und dauert ewig. Astrid ist mir schon mindestens fünf Felsbrocken voraus.
"Anni, beeil dich!"
"Ich komm ja schon!", erwiedere ich im lauten Flüsterton, achte dabei aber nicht darauf, wo ich hintrete und rutsche urplötzlich ab. Doch bevor ich mir den anderen Fuß auch noch verstauchen kann, werde ich glücklicherweise von Zickzack aufgefangen und sanft auf den Boden gesetzt. "Danke Kumpel!"
"Groooohar!"
"Anni, komm schon!"
"Warte mal, Astrid!", antworte ich, "wozu das Ganze eigentlich! Die haben irgendetwas gefunden, was ihnen gefällt, na und? Lass sie doch! Ich will endlich nach Hause".
"Willst du etwa nicht wissen, wieso die Berserker da so einen Aufstand machen?!"
"Doch, schon..."
"Eben. Was ist, wenn das irgendeine neue, hochgefährliche Wunderwaffe ist, die sie gegen uns einsetzen wollen?"
"Dann ist das ein weiterer Grund, nicht allzu nah ran zu gehen. Außerdem tut mir der Fuß weh, ich kann fast nicht mehr laufen".
Astrid überlegt. "Dann... dann warte du hier und ich geh mit Sturmpfeil". Zustimmend gesellt sich die Nadder-Dame zu ihr. "Ruh du dich aus". Mit diesen Worten nimmt sie einen weiteren Felsen in Angriff, schwingt sich leichtfertig darüber und verschwindet, mit Sturmpfeil im Schlepptau.
Ich lasse mich auf einen Stein sinken, aber überlege es mir kurze Zeit später doch anders und klettere Astrid hinterher, zum einen, weil ich sie ungern alleine zu einem Haufen drachenjagender Wikinger rennen lasse und zum anderen, weil ich bemerkt habe, dass mein Knöchel im Sitzen genauso schmerzt wie im Gehen.
Ich hasse das Schicksal ...

Nach zehn Minuten habe ich es -dank Zickzacks freundlicher Unterstützung- endlich auch geschafft und erreiche Astrid, die sich hinter einem umgefallenen und vertrockneten Baumstamm in Deckung gebracht hat. Von hier aus haben wir einen perfekten Blick auf das Geschehen, aber bleiben trotzdem ungesehen.

"So, jetzt sind wir hier. Und was haben wir davon, außer-" Sie stoppt meine Bemerkung mit einer hektischen Handbewegung und deutet energisch nach vorn. Vorsichtig spähe ich über das morsche Holz.
Etwa zwanzig mit Pfeil, Bogen und Schwerten bewaffnete Berserker stehen mit dem Rücken zu uns, der Rest hat sich auf dem fast runden Platz verteilt, so dass kaum ein Steinchen unbewacht ist. Dagur steht in der Mitte und blickt mit fiesem Grinsen auf das zappelndes Etwas zu seinen Füßen. Das ist aber noch nicht einmal das schlimmste, denn: Dieses zappelnde Etwas ist weder hochgefährlich noch eine Wunderwaffe, sondern Hicks und Ohnezahn!

Die Reiter von Berk (Wattys2016)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt