Als Angie ein paar Stunden später langsam aufwachte, hörte sie gedämpfte Stimmen neben sich. Auch das Kissen, in das sie ihr Gesicht vergraben hatte, fühlte sich anders an als das in ihrem Zimmer. Langsam drehte sie sich auf den Rücken und öffnete vorsichtig die Augen.
Neben ihr auf dem Bett saßen sich German im Pyjama und Violetta in Jogginghose und Pullover gegenüber. Es schien, als würden sie schon eine ganze Weile zusammensitzen und reden.
"Guten Morgen, meine Lieblingstante." sagte Violetta lächelnd, als sie bemerkt hatte, dass Angie wach war, und fiel ihrer Tante um den Hals. Angie schlang ihre Arme um ihre Nichte, während diese sich neben ihre Tante ins Bett kuschelte. "Na, wie geht es dir Vilu?"
"Ganz okay soweit. Und dir? Du scheinst in Papás Bett ja sehr gut geschlafen zu haben." Violetta warf ihrer Tante ein freches Grinsen zu, während diese zart rosa anlief. Als Violetta vor ein paar Stunden das Zimmer ihres Vaters betreten hatte und die zwei eng umschlungen im Bett liegend ertappt hatte, war es ihr schon schwer gefallen, keinen Kommentar abzugeben, als ihr Vater dann aufgewacht war. Beide hatten entschieden, Angie nicht zu wecken und sie ausschlafen zu lassen.
"Hab gut geschlafen, und ja mir geht es auch besser." murmelt Angie verlegen und vergrub ihr Gesicht in Violettas Haar. Warum musste ihre Nichte sie auch in solche unangenehme Situationen bringen, German war ja schließlich nicht blöd und wusste genau, wie Violetta es gemeint hatte.
"Das freut mich, dass es dir wieder besser geht, Angie." German warf seiner Schwägerin einen liebevollen Blick zu, in dem sie augenblicklich versank, nachdem sie ihr Gesicht wieder aus Violettas Haar genommen hatte. Und als ihr Schwager ihr auch noch ein vorsichtiges Lächeln schenkte, war es um Angie und um ihr Herz geschehen. Es schlug ihr bis zum Hals und dieses Lächeln verzauberte sie auf der Stelle, auch wenn sie versuchte, es so gut wie möglich nicht zu beachten.
Violetta blickte ein paar Mal zwischen ihrer Tante und ihrem Vater hin und her, die sich vorsichtige Blicke zuwarfen und sich das ein oder andere scheue Lächeln schenkten. Dass die beiden immer noch nicht zu ihrer Liebe füreinander standen, konnte das junge Mädchen nicht verstehen. Erwachsene mussten sich ja auch immer so umständlich anstellen, wenn es um die Liebe ging...
"Moment, was ist eigentlich mit dem Kuchen?" Angie war gerade mit ihren Gedanken abgeschweift und hatte an ihre morgendlichen Back-Aktion denken müssen. Dabei war ihr der Kuchen eingefallen, der nun schon stundenlang im Ofen stand und mittlerweile kohlrabenschwarz sein müsste. Erschrocken setzte sie sich auf und wollte schon hinunter in die Küche stürmen, als sie von German aufgehalten wurde.
"Alles gut, Angie. Ich bin, nachdem du eingeschlafen bist, noch wach geblieben und habe ihn rechtzeitig aus den Ofen geholt, er ist nicht verbrannt."
Angie blickte German verblüfft an. "D-danke" stotterte sie. Dass er wirklich an den Kuchen gedacht hatte, erstaunte sie. Dass er sich so um sie gekümmert hatte, erstaunte sie genauso. Schließlich gab es ja keinen speziellen Grund, warum er es hätte tun sollen. Sie waren verschwägert und zwischen ihnen war nichts, sie waren höchstens Freunde. Oder empfand er etwa mehr als nur Freundschaft? Doch bevor Angie noch weiter darüber nachdenken konnte, riss Violetta sie aus ihren Gedanken.
"Und er schmeckt ganz ausgezeichnet, vorher musste ich einfach ein Stück probieren." fügte Violetta grinsend hinzu. Ich schüttelte den Kopf. "Naschkatze"
"Schlafmütze!" entgegnete Violetta sofort, während Angie sich seufzend wieder in das Kissen zurückfallen ließ. Eine Weile blieb es Still im Schlafzimmer, jeder hing seinen eigenen Gedanken hinterher. Doch da brach Violetta die Stille.
"Ich vermisse ihn so sehr." Ihre Stimme war nicht mehr als ein Flüstern, und doch hatten alle im Raum klar und deutlich gehört, was das junge Mädchen gesagt hatte. Angie setzte sich auf und als sie sah, dass sich Tränen in den Augen von Violetta bildeten, nahm sie ihre Nichte schnell in den Arm. "Ich vermisse ihn auch, Vilu. Ich auch." Sanft strich sie ihr über den Rücken, während diese ihre Arme um ihre Tante legte und ihren Kopf in Angies Halsbeuge vergrub.