Clara Pouroux wurde von dem Lärm der Stadt geweckt. Sie stand auf, aß ein wenig, zog sich an und trat vor die Tür. Die Sonne ging gerade auf und es schien ein sonniger Tag zu werden. Trotz der frühen Uhrzeit herrschte schon reger Betrieb auf den Straßen und Pferdehufe klapperten über die mit Steinen gepflasterte Straße. Ein Lächeln huschte über Claras Gesicht. Heute war ihr 21. Geburtstag. Madame Saulloncle hatte zugestimmt, ihr an diesem besonderen Tag ein wenig früher frei zu geben, sodass sie schon zur Mittagszeit nach Hause gehen konnte.Als das Mädchen das Haus ihrer Arbeitgeber betrat, fing sie sofort mit der Arbeit an. Heute war nur Wäschewaschen angesagt. Die Zeit verging wie im Flug und schon bald hörte sie die Kirchturmuhr der Stadt zwölf Uhr schlagen. Beschwingt lief Clara Pouroux durch die Straßen von Paris. Sie beschloss zum Hauptplatz zu gehen. Dort war immer etwas los. Als sie ankam sah sie, dass sich dort eine große Menschenmenge gebildet hatte. Die junge Frau ging näher heran, um zu sehen, weshalb sich dort so viele Leute versammelt hatten. Auf einer Obstkiste in der Mitte stand ein Mann, ca. 30 Jahre alt, und hielt eine Rede. Es war schwer etwas zu verstehen, weil der Redner immer wieder durch zustimmendes Gegröle unterbrochen wurde.
„Die Herrschaft der Tyrannen, darf nicht fortgesetzt werden!", postulierte er. „Das Volk leidet unter diesem absolutistischen Monster. Unser König,LudwigXVI,hält sich für Gott! „L'Etat c'est moi (Der Staat bin ich), soll er gesagt haben. Und seine Frau, Marie-Antoinette, ist auch nicht viel besser. Eine verwöhnte Österreicherin ist sie, jawohl! Die Bourbonen sehen zu, wie das Volk verhungert und leidet. Doch statt etwas dagegen zu unternehmen, lachen sie über uns! Und diese adeligen Feudalherren erhöhen dann auch noch die Preise. Wie soll sich unser einer in 2 Monaten noch etwas zu essen leisten können? Doch heute haben sie es auf die Spitze getrieben. Der Einzige unter all den adeligen Idioten, der uns hätte helfen können wurde entlassen! Unser geliebter Finanzminister Necker! Das dürfen wir uns nicht mehr gefallen lassen!"
Nachdem er diese Rede beendet hatte, brach lautes Stimmengewirr los. Zustimmende Rufe und Bestürzung über die Entlassung des Finanzministers breiteten sich aus. Doch plötzlich kamen ein paar königliche Soldaten auf die Menge zumarschiert. Sie drängten sich durch die Menschentraube hindurch und nahmen den Mann, der die Rede gehalten hat in Gewahrsam.
Clara Pouroux ging nachdenklich weiter. Sie hatte schon öfter öffentliche Demonstrationen und Reden beobachtet, aber nur selten wurden die Oratoren hinterher festgenommen. Wahrscheinlich weil der Mann recht hatte. Der König hatte zwar schon im Mai die Generalstände einberufen, zu denen Vertreter aller drei Stände eingeladen waren, aber der dritte Stand, die Bürger um die es ja eigentlich ging, waren in der Unterzahl und wurden benachteiligt. Eine Lösung wurde auch noch nicht gefunden.
Es war bereits früher Abend und Clara machte sich auf den Weg zur Taverne le chat noir. Dort arbeitete ihr großer Bruder Claude.
Clara betrat die Gaststube. Es war sehr voll und ziemlich laut. Sie drängte sich zur Theke, wo Claude stand und Getränke verkaufte. „Hallo!", rief sie ihm zu. „Hey Schwesterherz! Alles Gute zum Geburtstag!" Clara freute sich ihren Bruder zu sehen. Er arbeitete noch länger als sie, weshalb er erst spät abends heim kam, wenn sie schon längst schlief.
Auf einmal wurde es lauter. Zwei Männer hatten eine Schlägerei angefangen und ihre Kumpel feuerten sie an. Claude lief zu ihnen hin, sagte ein paar Worte und die beiden ließen voneinander ab. Clara ging nun auch zu dem Tisch, weil sie herausfinden wollte, was der Grund für den Streit gewesen war. Als sie ankam, lief der zweite Mann aus der Tür und der andere rief im „Verräter!" nach. Es schien sich um eine Gruppe von Freunden zu handeln, die sich nach Feierabend dort getroffen hatte. Das komische war, dass sie anscheinend unterschiedlich reich waren. Es gab ein paar, die wie Freunde der Saulloncles gekleidet waren. Andere schienen obdachlos zu sein. Clara hatte gar nicht bemerkt, dass sie vor dem Tisch der Gruppe stehen geblieben war. „Setzt dich doch zu uns", sagte einer der Männer. Sie zögerte, setzte sich aber letztendlich doch auf einen der Holzschemel. „Wer sind sie?", fragte Clara. Die Männer lachten. „Wir sind die Leute, die Frankreich retten werden!"
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Die französische Revoulution
Historical FictionAufständige Rebellen planen ein Attentat und die Stimmung in Paris heizt sich immer weiter auf. Dieses Buch beschreibt die Erlebnisse von Clara Pouroux ein paar Tage vor dem Sturm auf die Bastille. Das Cover hat mir dqrkblue gemacht :)