17.06.13
6. Eintrag im 'Suicide Diary'
Ich bin müde. So schrecklich müde. Es ist 03.44 Uhr in der Früh und ich möchte einfach nur schlafen. Zum ersten mal in meinem Leben möchte ich nach Hause. Aber hier sitze ich, im Krankenhaus, wie schon so oft. Selbst jetzt in der Nacht, ist hier etwas los. Ärtze in blauen Kitteln und mit Kaffee Bechern laufen umher, Krankenschwestern mit Infusionen und Klemmbrettern. Die Empfangsdame hinter dem Thresen blickt müde auf die Uhr, ich wette sie möchte auch nach Hause. Ich hasse das Krankenhaus. Aber viele Menschen tun das. Selbst wenn ich hier ein bequemes Bett habe, nicht angeschrien oder geschlagen werde ist es doch tausendmal schlimmer als zu Hause. Die Blicke die mir wegen meiner Narben zugeworfen werden, die Spritzen, das lächerliche Nachthemd. Das Einzelzimmer wo ich vollkommen isoliert von anderen Leuten bin. Manch einer würde viel dafür geben allein sein zu können, aber mir wäre jeder recht. Selbst ein alter Mann mit Bettpfanne. Alte Leute sind nett, freundlich. Sie reden mit dir, spielen Karten und erfreuen sich an jeder Kleinigkeit. Und mit den grisgrämigen kann man sich furchtbar schön über Dinge aufregen, vor allem über die Jugend. Selbst wenn ich ein Teil dieser Jugend bin. Was gäbe ich dafür 1986 geboren sein zu würden. Ich hätte sowas von dermaßen Kurt Cobain geheiratet. Dann wäre ich wenigstens nicht alleine gestorben... er hats richtig gemacht. Er hatte den Mut sich einfach in den Kopf zu schießen. Ich wünschte ich könnte das auch. Leider bin ich eine schreckliche Heulsuse, wie man an meinem kläglichen Selbstmordversuch gesehen hat, weshalb ich allerdings nicht hier bin. Ich bin auch nicht Todkrank, leider. Ich will nur meinen Körper so gut wie möglich hergeben ehe ich krepieren gehe. Das heißt ich spende alles was möglich ist und meine Mutter unterschreibt jedes Formular wenn sie betrunken ist, so dass ich überhaupt spenden darf. Sie würde mich in diesem Zustand sogar nach Afrika schicken. Aber das würde sie vielleicht auch so tun. Ich spende alles was ich kann. Unnötige Organe, Stammzellen, Blut und Knochenmark. Was auch geht. Die Leute kennen mich hier bereits. Jedoch nicht genug um mit dem Starren auf zu hören. Mein eigentlicher Plan war es auf das Dach zu gehen um Sterne an zu gucken aber mir ist aufgefallen das es viel interessanter ist, Leute zu beobachten. Sich Geschichten zu ihnen auszudenken. Es macht den Aufenthalt erträglich. Es ist dumm freiwillig so oft wie möglich an einen Ort zu gehen den man über alles hasst, aber ich will wenigstens denen das Leben ermöglichen die es nicht haben können aber wollen. Ich schmeiße meinen gesunden Körper weg, ich schmeiße mein Leben weg, somit kann ich wenigstens noch irgendjemandem helfen. Hoffe ich zumindest. Ich bin müde, und ich möchte schlafen, wirklich. Aber ich halte es nicht schonwieder aus allein zu sein. In diesem dunklen, sterilen, kalten, einsamen Zimmer. Da bin ich lieber tot müde und beobachte Menschen in einem Flur auf unbequemen Stühlen. Alles ist besser als alleine zu sein.
Ria.
Es ist zum Teil erschreckend was sie dort über ihre Familie geschrieben hat, aber ich bin nicht geschockt. Das hier ist irgendwie ein schöner Eintrag.
Ria ist vor ein paar Stunden verwirrt aufegwacht und hat erstmal ein paar Minuten gebraucht um zu realisieren was passiert ist, dann hat sie mich entgeistert und ängstlich angeguckt, ist aufgesprungen und wollte sofort nach Hause. Zum Glück konnte ich sie noch aufhalten und hab sie erstmal duschen geschickt. Mit einem extrem rotem Gesicht ist sie dann ins Bad geschlichen, welches ich ihr vorher gezeigt habe. Meine Eltern fällt nie auf was ich tue, sie würden nichtmal bemerken wenn Ria hier einziehen würde. Wir sind zwar reich, aber das Geld kommt ja nicht irgendwo her. Meine Eltern arbeiten so ziemlich immer, ich sehe sie kaum. Entweder sind sie auf Tagelangen Geschäftsreisen oder im Büro bist spät in die Nacht. An unseren letzten Urlaub kann ich mich kaum noch erinnern, damals war ich, glaube ich, Neun. Wir waren irgendwo auf den Malediven in einem überteuerten Hotel, wo ich kaum etwas gegessen habe, da sie vor allem Meeresfrüchte angeboten habe die ich damals so gar nicht abkonnte, aber trotzdem war es schön. Wir haben was zusammen gemacht und meine Eltern haben sogar ihre Computer zuhause gelassen, ihre Handys hatten sie nur wegen Notfällen dabei. Aber das ist inzwischen auch schon wieder 8 Jahre her.
Die Dusche wird abgestellt und ich packe schnell das Tagebuch in meine Nachtisch-Schublade und schließe diese ab. Ein paar Minuten später kommt Ria in den Klamotten von Gestern in mein Zimmer.
"Fühlst du dich besser?" Frage ich sie vorsichtig und blicke sie direkt an.
"Ja, danke. Ich würde dann jetzt nach Hause gehen. Tschüss." Sie will gerade den Raum verlassen als ich sie am Handgelenk zurück ziehe. Für einen Moment verzieht sie schmerzvoll das Gesicht ehe sie es wieder überspielt.
"Warte."
Sie dreht sich veriwrrt zu mir um, ein Hauch von Angst liegt in ihrem Blick.
"Was war das Gestern?" frage ich sie direkt.
Beschämt guckt sie auf den Boden.
"Nichts." nuschelt sie vor sich hin.
"Ist das dein Ernst? Das nennst du nichts? Du wolltest dich von einer Brücke schmeißen und hätte ich- wäre ich nicht vorbei gefahren würdest du jetzt tot sein!"
Doch dann wird sie sauer. Wut spiegelt sich in ihren Augen wieder und sie beißt die Zähne zusammen, ehe sich mich anschreit.
"Sowas könnte ich dich auch fragen! All die Jahre über hinweg ignorierst du mich und machst mich runter, schlägst mich und lachst mich vor allen anderen aus, ruinierst sozusagen mein Leben! Und jetzt auf einmal kommst du mit 'Komm Ria lass uns abhängen und beste Freunde werden!', das ist doch nur so eine scheiß verarsche von dir! Am liebsten hättest du das doch gestern gefilmt und ins Netz gestellt, also komm mir jetzt nicht auf diese dumme und verachtungsvolle Mitleids- oder was auch immer Tour! Du kennst mich nicht also hat es dich einen Scheißdreck zu interessieren was das Gestern war! Und jetzt lass mich los!" aggressiv reisst sie sich los und verlässt ohne ein weiteres Wort das Haus. Sie rennt davon.
"Ich kenne dich mehr als du denkst..."
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Red Leather Book
Fiksi RemajaAls Ethan das rote in Leder gebundene Buch aufhob wusste er nicht was auf ihn zukommen würde. Als Ethan das rote in Leder gebundene Buch öffnete wusste er nicht was ihn auf den Seiten erwarten würde. Als Ethan das rote in Leder gebundene Buch las wu...