Kapitel 2

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Verdammt! Er hat mich nicht gesehen. Er ist die ganze Zeit nur vorne gesessen und hat mit seinen grauen Augen auf den Priester gestarrt. Nicht eines Blickes hatte er mich gewürdigt. Na warte, Freundchen. Ich bekomm dich schon noch. Warum muss ich ausgerechnet in den beliebtesten Schüler des Jahrgangs verknallt sein? Ich schnaubte. Frustriert biss ich in das Stück Osterzopf, das Oma Britty heruntergeschnitten und mit Marmelade bestrichen hat. Britty war eine Abkürzung für Brigitte. Unsere einzige Oma lebte in einem kleinen schön altmodischen Haus auf dem Hügel. Jeden Tag, oder fast jeden Tag, kam sie herunter und half bei der Arbeit. Und zu Ostern bracht sie immer ihren leckeren, selbstgebackenen Osterzopf. Es war der allerbeste Osterzopf des Jahrhunderts. Ich könnte ja Jahrtausend behaupten, aber gab es vor tausend Jahren schon Osterzöpfe? Ach was. Mein Schwarm hat mich gerade gänzlich ignoriert, und ich denke da an Osterzöpfe! Verdammt, was bin ich? Ein Huhn? Ein Verrücktes noch dazu... Mein Handy piepste. Papa glotzte mich mit seinem Ich-hasse-elektronische-Geräte-Blick an, als ich das Nokia aus der Tasche zog. Wieder eine SMS von Betty.
Hi Fini! Und? Was hat Mr. Ernst gesagt? Hat er deine nicht vorhandenen Zöpfe bewundert? *augenbrauenwackel*

Glg Bettüüü

Nein, hat er nicht. Nein Mr. Ernst hat nicht meine unsichtbaren Zöpfe bewundert weil er mich garnicht gesehen hat. Er heißt mit Zweitnamen Ernst, darum nennen wir in so. Ist sozusagen ein geheimer Name, wenn wir über ihn sprechen. Mario Ernst Gabner. Ich wundere mich warum er überhaupt beliebt ist. Wenn jemand Mario Ernst Gabner heißt, kann man doch nicht beliebt sein? Aussehen hin oder her, es gibt auch dünne Kevins, die nicht beliebt sind.

Hat mich nicht bemerkt...

Ich drückte auf senden. Mama und Britty waren in einem Gespräch über ausländische Hühner vertieft, die anscheinend schwarze Eier legten. Blödsinn. Ich warf meinen Brüdern einen vielsagenden Blick zu und stand auf. Als ich die alte sperrige Haustüre öffnete überkam mich große Zuneigung für die Jungs. Wir brauchten uns nur Blicke zuwerfen, und schon verstanden wir uns. Ich ging in unseren Obstbaumgarten. Die Bäume da blühten gerade, ich fand der Obstgarten war die schönste Stelle in unserem Revier. Ich musste schmunzeln, als ich auf die selbstgebaute Schaukel zuging, die unter dem Birnenbaum hing, und mich darauf niederlies. Es war mein absoluter Lieblingsplatz, weil ich, wenn ich den Wind um mich habe, mich wie beflügelt fühle und alle meine Sorgen vergesse. Ich stieß mich ab und die Schaukel setzte sich in Bewegung. Ich liebte dieses Gefühl! Es war einfach herrlich, im Wind zu fliegen und an nichts zu denken, das Knarzen der Seile, dieses Kribbeln im Bauch wenn der Ast knackste und vorallem das Gezwitscher der Vögel.
Jetzt konnte ich endlich nachdenken. Ich starrte auf meine Schuhe, die in die Luft stiegen und wieder hinunter. Mein Festtagskleid, das ich noch immer anhatte, flatterte im Wind. Warum hat er mich nicht beachtet. Ich verstehe einfach nicht, bin ich denn nur Luft für ihn? Leise summte ich mein Lieblingslied Someone like you. Ich kann nicht singen aber das war mir gerade total egal.

Plötzlich hörte ich ein Rascheln im Gebüsch und spitzte meine Ohren. Wer ist das? Der Geist von Fokushima? Okay, gut das hab ich mir ausgedacht den gibts nicht mal. Langsam stand ich auf, ich hatte schon oft in Horrorfilmen gesehen das plötzlich ein grauenhaftes Monster aus den Büschen springt und nach Blut lechzt. Anstatt mich von dem Busch wegzuschleichen ging ich geradewegs aus Neugier auf ihn zu. Und dann : Ein kleiner süßer Mops sprang mir entgegen! Die Erleichterung überrannt mich, als ich Horace sah. Er wedelte auf mich zu und leckte meine Hand ab. Sein Besitzer kam gleich danach aus dem Gebüsch, einer meiner besten Freunde Charles. Grinsend ging er auf mich zu. "Hi Fini, hat Horace dich erschreckt?"
Ich striff mir eine Strähne aus dem Gesicht. "Naja..", gab ich lächelnd zu, "Ein bisschen!" "Schön, gut so. Dann bist du schonmal daran gewöhnt. Auf dem Marktplatz haben sie nämlich eine Geisterbahn aufgestellt. Ich lade dich und Betty ein." Er fuhr sich durch seine dunkelnbraunen Haare, und warf ein paar Münzen in die Luft und fing sie elegant.
Ich erschauderte. Ich hasste Geisterbahnen, aber dumm wollte ich vor Charles auch nicht dastehen, also nickte ich mit einem gezwungenen Lächeln. "Ich sags kurz Mum!", rief ich und rannte ins Haus.

Zehn Minuten später klingelten wir Bettys Tür und sie öffnete promt. In ihrem Gesicht waren rote Flecken zu sehen, und sie atmete hektisch. " Hallo, was ist?", keuchte sie.
"Hast du Lust mit uns in die neue Geisterbahn am Marktplatz zu gehen?", fragte Charles und warf abermals das Geld in die Höhe.
Betty fing prompt an zu lachen: "Haha, da macht sich Fini doch in die Hose!" Ich warf ihr einen Todesblick zu. "Gar nicht..."
"Spaß bei Seite, ich kann leider nicht. Meine Mutter hat mich zum Putzen eingeteilt. Pro Fenster, zwei Euro.", keuchte sie, und hielt einen nassen Lappen hoch, was auch ihre roten Bäckchen erklärte. "Na gut, viel Spaß noch.", rief Charles. Auch ich verabschiedete mich.
Als wir wieder auf der Straße waren, fragte ich Charles, ob wir trotzdem gingen. "Nein. Ohne Betty ist es doch nicht das selbe, oder?" Ich atmete erleichtert aus. Also doch kein Gruseln, gut so. Ich hätte mich sowieso nur blamiert. Horace wollte wieder Aufmerksamkeit, und bellte an mir hoch. Ich bückte mich um ihn zu streicheln, sein weiches Fell fühlte sich gut unter meinen Fingern an, und beruhigte mich. Ich stand wieder auf. Charles und ich machten sich dann auf, zurück zum Hof.

Tobi und Mike schoßen sich vorm Haus gegenseitig mit einem Basketball ab, wozu ich nur den Kopf schütteln konnte. Ja  ich gebe es zu, früher fand ich das lustig aber jetzt? Die Vibration meines Handys holt mich hart auf den Boden der Tatsachen zurück, im wahrsten Sinne des Wortes. Tobi hat mich doch tatsächlich mit dem Ball umgeschossen. "Ihr unreifen Babys", schrie ich ihnen noch zu während ich hinauf auf meine Zimmer spazierte, mit schmerzendem Hintern.  Als ich dann die Nachricht von Betty las, wäre  ich fast nochmal umgeflogen. Die SMS lautete :

Heyyy Schnuckelchen, du wirst nicht glauben wer nach dir gefragt hat! MARIO!

Glg dein Määäääääuschen!

Achgottchen. Jetzt zog auch Betty schon alles in die Länge wenn sie sich freute. Aber jetzt zum wichtigen Teil, MARIO ERNST GABNER! Wir reden hier vom heißesten, coolsten und angesagtesten Jungen der ganzen Schule! Na wenn das nicht mal was bedeutet. Man könnte fast sagen, er...  Ach red dir nichts ein Fini...
"Wer ist denn Mario?", fragte plötzlich Charles, der mir über die Schulter geguckt hatte, und grinste. "Blos 'n Schulkollege...",nuschelte ich. "Jaaajaa das sagen sie alle!",murmelte er und fuhr sich anermals durch sein Haar. "Dein Lover oder?"
Ich wollte schon protestieren, aber ein weiterer Ball von Mike raubte mir meinen Atem, denn er fuhr direkt in meien Bauch. Ich taumelte und lief Gefahr umzufallen, wenn da nicht ein rettender Engel namens Charles gewesen wäre.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Aug 18, 2016 ⏰

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