Kapitel 6: Der Erste von vielen

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,,Es ist nichts weiter als ein Austausch zweier Strategien. Riesige Armeen werden zu Schachfiguren, ganze Städte zu einzelnen Feldern. Und auch beim Kampf gegen viele Gegner zählt immer der nächste Schritt. Das ist Krieg in seiner reinsten Form."- Primarch Corinthus Inviolabilemus Primus, Kommandant der Ersten Legion

Eine Woche später erreichte das Schiff Kreta. John setzte sich mit dem ihm zugeteilten Trupp an Land. Sein Sergeant war Sarah Jackson, die ihn bereits an Bord der Litanei des Krieges begleitet hatte. Sie trug immer noch dieselbe Rüstung, und aber die Maske hatte sie abgenommen. Ihr Gesicht war ebenso ansprechend wie ihr Körper. Ihre Nase war markant, ihre Wangenknochen hoch. Ihr sonnengebräunter Teint rundete das ganze ab. An ihrem Wehrgehänge trug sie einen Dolch, vielleicht auch ein Kurzschwert, an der linken Seite eine Pistole. Alles in allem erschien John ihre Bewaffnung etwas leicht, trug er selbst doch eine Pistole an jeder Seite, einen Säbel an der rechten und einen Dolch an der linken Seite. Über der Schulter trug er eine Muskete, ähnlich der Brown Bess, die er in Amerika getragen hatte. Diese hier verfügte über ein Rohr, welches dem Schützen eine Hilfe sein sollte, wenn er das Ziel ins Visier nahm. Ob ihm das noch nutzen würde, wusste er nicht, aber in Yorktown hatte er die Wirkung von Scharfschützen kennen gelernt.
Der nächste Mann war Eugene Sickles, ein Mann mittleren Alters, mit lichtem, schulterlangem, weißgrauem Haar. Er trug eine Rüstung, welche Arme und Beine komplett bedeckte, und auch er war im Vergleich zum Corporal schwer bewaffnet. An seinem Gürtel trug er mehrere kleine Beutel, einer mit Schwarzpulver, einer mit Kugeln, und der letzte schien mit Granaten gefüllt zu sein. Diverse Schusswaffen baumelten an seinem Gürtel, drei Pistolen in Holstern vor der Brust Eugene war die Verkörperung all der Prinzipien, die nach Johns Meinung einen guten Soldaten ausmachten.
Der vierte Truppler war Annabeth Roves. John fand sie ungewöhnlich blass, und er hatte sie bis jetzt noch nicht ohne Umhang gesehen. Sie war etwas kleiner als John, und es erschien ihm nicht so, als würde sie eine Rüstung tragen. Nur zwei Dolche hingen an ihrer Hüfte, sonst war nichts zu entdecken.Ihr Gesicht hatte er noch nicht gesehen.

Nachdem die vier den schmalen hölzernen Steg betreten, brachten zwei Männer noch fünf Pferde über die Rampe an Land. Es waren große Tiere, ein Schimmel, zwei Füchse und zwei gescheckte Pferde. Vier Tiere waren gesattelt, während das fünfte mit einigen Lasten beladen war. John schätzte die Vorräte auf für drei Tage ausreichend. Danach machten sie sich auf den Weg unter dem strahlend blauen Himmel in Richtung Knossos.

* * * * * * *

Rumänische Ostküste, eine Woche später

Captain Reagan begab sich zum Kommandozelt. Gestern war seine Kompanie an Land gegangen, heute errichtete sie einen Brückenkopf. Die beiden anderen Kompanien lagerten nördlich und südlich von ihm, und die restliche Vorräte wurden von Bord der Schiffe gebracht.
Das Kommandozelt war nicht nur Reagans Aufenthaltsort, es war das Zentrum für die gesamte militärische Operation. Und diese war beschlossene Sache.

Bei Einbruch der Nacht schaute Reagan bei den Wachposten an der nahegelegenen Lichtung vorbei. Wachposten war eine zu gute Umschreibung, es handelte sich mehr um hastig ausgehobene Erdlöcher, vor denen Sand und Pfähle aufgehäuft waren. Vor jedem Lager waren zehn Löcher zu finden, in Keilform positioniert. Sie boten genug Platz für zwei Mann, und waren auch dementsprechend besetzt. Das Licht des hellen Mondes und der teilweise einsetzende Nebel erschwerten den Blick auf die Lichtung. Das vorderste Loch war dreißig Fuß entfernt, und Reagan machte sich zu Fuß auf zum ersten Loch. Äste brachen unter seinen schweren Stiefeln, sein Schwert schlug leise gegen sein Bein. Zwischen den Bäumen war genug Platz, und auch der Boden war eben. Zweimal hörte er ein leises ,, Guten Abend, Captain", was er mit den selben Ausrufen beantwortete. Nach zwei Minuten hatte er das Loch erreicht, welches der Lichtung am nächsten war. Dreißig Meter trennten das Loch von der unbewachsenen Ebene. In der Vertiefung hockte ein Soldat, die Muskete auf die Lichtung gerichtet. Reagan stand links hinter dem Mann, der ihn anscheinend noch nicht bemerkt hatte.
,,Soldat?", sagte er. Der Mann erschrak und hob die Waffe unverzüglich. Reagan hob die Hände und trat einen Schritt zurück.,,Ganz ruhig." Und der Mann wurde ruhiger und lies die Waffe sinken. ,,Captain... ich... ich bitte um Verzeihung. Die Nacht...", stotterte er. Reagan nickte nur:,,Kein Problem. Haben Sie noch etwas Platz?" Der Mann rückte, Reagan sprang rein. ,,Danke. Irgendwas Besonderes?" Der Soldat, gekleidet in voller Montur, verneinte dies. Außer ein paar Wölfen sei alles ruhig gewesen. ,,Gut. Sollten Sie Wölfe sehen, schießen Sie nur, wenn sie feindselig erscheinen." Er atmete durch und sprach dann weiter. ,,Soweit ich weiß, hat Lieutenant Crawley von der Ersten ein Rudel ausgesandt, um die Gegend zu erkunden."
Sein Nebenmann nickte. Dann wandten sich beide der Lichtung zu. Reagan legte seine Rechte an den ledernen Waffengürtel, während der Soldat neben ihm die Lichtung wieder ins Visier nahm.
Nach einigen Minuten Stille find der Ordenskrieger das Gespräch wieder an: ,,Captain, haben Sie schon gegen Vampire gekämpft?" Reagan seufzte. Das hatte er in der Tat. ,,Ja. Ja, das habe ich.",,Wo?", hakte er nach. Der Captain seufzte. ,,In...in London. Ich...ich hab sie getötet. Alle drei..." Der Soldat nickte. ,,Ist das niemandem aufgefallen? Ich meine, London ist 'ne große Stadt." ,,Ich weiß... Es ist nur...ich ging nach Hause...und...und sie fielen über mich her." Eine Träne rann über seine Wange. Sein Nebenmann packte ihn am Arm. ,,Captain," flüsterte er, " Sie brauchen nicht weiter zu reden." Aber der Captain ignorierte ihn. ,, Meine Frau...meine Töchter...Ich...ich hab getan, was ich tun musste." Dann wischte er sich die Träne von der Wange und schniefte. Der Schütze neben ihm war still geworden. ,,Ich bitte um Verzeihung, Sir...Ich hatte keine Ahnung." ,,Schon gut. Danke, dass Sie sich das angehört haben." ,,Nicht deshalb, Sir." Dann wandten sich beide wieder der Lichtung zu. Beide beäugten die Lichtung und warteten.
Dann zeigte Reagan auf die Baumreihe am Ende der Lichtung. ,,Sehen Sie das?" Sofort griff der Schütze zu seinem Fernrohr und setzte es an. Danach reichte er es dem Captain mit den Worten: ,,Sir, wir haben ein Problem..."

Stählerne SchattenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt