Chapter Eight

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Mittlerweile sind zwei Tage vergangen, seit ich erfahren habe, dass meine Mutter mir jahrelang verschwiegen hat, dass ich nicht mit meinem leiblichen Vater zusammenlebe und, dass ich einen Bruder habe, einen toten Bruder. Von ihr habe ich seitdem nichts mehr gehört. Sie scheint wohl kapiert zu haben, dass sie mich jetzt besser in Ruhe lässt. Ich will mit ihr definitiv nichts mehr zu tun haben. Sie ist für mich endgültig gestorben. Das was sie getan hat, ist unverzeihlich und eine Mutter tut so was nicht! Aber sie hat es getan...

Kyle ist seitdem jeden Tag hier und, wenn er die Erlaubnis hat, schläft er auch hier. Er ist mein Bester Freund, ich bin froh wenigstens ihn noch zu haben, obwohl ich auch einen richtigen Vater habe...
Herr Breitdbach ist bisher auch jeden Tag hierher gekommen und hat sich mit mir unterhalten. Er versucht eine Verbindung zwischen uns aufzubauen. Die Nachricht, dass ich seine Tochter bin, hat ihn geschockt, aber er hat zugegeben, dass er sich freut. Seine neue Frau ist auch begeistert, auch wenn sie es zu Beginn nicht so war, aber sie hat sich seinen Worten nach, damit abgefunden und würde mich auch gerne richtig kennen lernen. 

Ich stehe gerade alleine am Fenster meines Zimmer und schaue raus, als jemand an der Tür leise klopft. Ich drehe mich um und erblicke einen der Glatzköpfe, die im Rollstuhl sitzen.

„Sorry, dass ich dich störe ich... wollte etwas Ruhe haben und normalerweise komme ich dann immer hierher zu Hugo!" sagt er zu mir und lächelt mich leicht an. „Dürfte ich?"

Ich nicke nur und schon fährt er ins Zimmer, die Tür schließt er hinter sich. Langsam fährt er an Hugo's Bett und ich starre weiter aus dem Fenster. Kyle kann heute leider nicht kommen, weil unsere Schule einen Ausflug von zwei Tagen macht und seine Eltern ihn gezwungen haben mitzufahren.

„Alles okay?" fragt mich irgendwann jemand. 

Ich drehe mich um und sehe den Rollstuhlboy mich fragend anschauen. Ich beiße mir auf die Lippen und gehe auf mein Bett zu. Langsam setze ich mich auf dieses und schüttele dann als Antwort den Kopf.

Der Typ rollt von Hugo's Bett rüber zu meinem und kurz darauf sitzt er schon neben mir. Ich tue nichts, ich lass ihn machen. Er war immerhin derjenige, der mich vor zwei Tagen vor dem anderen in Schutz genommen hat. Dafür bin ich ihm dankbar und eigentlich... ist er ja schon... irgendwie süß...

„Stimmt es?" fragt der Typ mich irgendwann nach einigen Minuten der Stille.

Fragend sehe ich zu ihm.

„Dass du Alex' Schwester bist, also die Tochter von Herrn Breitdbach, Alex' Vater?"

Betroffen sehe ich wieder auf den Boden und beiße mir auf die Lippen. Scheinbar hat sich das schnell rumgesprochen. Ob Alex wohl auch Mitglied dieses komischen Clubs war?

„Anscheinend!" sage ich leise.

„Du ähnelst ihm!" sagt der Glatzkopf irgendwann und sieht mir dabei in die Augen, sobald ich ihn ansehe.

„Wie meinst du das?"

„Du siehst ihm vom Aussehen her ähnlich und Gott euer Verhalten. Als Alex herkam, war er genau so drauf wie du! Ich hatte schon vermutet, dass ihr miteinander zu tun habt, aber als Alex' Vater mir gestern die Bestätigung gab..."

Erneut legt sich eine Stille über uns, die ich nutze um mir Gedanken über das zu machen, was der Junge neben mir soeben gesagt hat. Ähnele ich Alex wirklich so sehr? Ich weiß nicht einmal wie er aussieht, oder wie er drauf war. Aber der Typ neben mir weiß es, er muss wohl mit ihm befreundet sein

„Wie heißt du eigentlich?" frage ich ihn, da ich ihn nicht immer wieder Typ, Junge, Rollstuhlboy oder Glatzkopf nennen möchte.

Er sieht auf und lächelt mich an.

„Jonas!"

Ich erwidere das Lächeln ehrlich. Es ist das erste Mal, dass ich richtig lächele, seit ich hier im Krankenhaus bin. Dass gerade einer dieser Clubidioten es ist, der mir das Lächeln auf die Lippen lockt, hätte ich nicht gedacht.

„Freut mich!"

„Echt? Kein Idiot, kein Gemecker?" fragt er belustigt und spielt damit auf das vergängliche Verhalten gegenüber dem anderen Glatzkopf an.

Ich verdrehe nur lächelnd den Kopf.

„Es ist doch viel schöner dich Lächeln zu sehen!" flüstert Jonas mir plötzlich ins Ohr.

Eine Gänsehaut überkommt meinen Körper und ich bin verwirrt. Mir wird ganz warm im Körper, als er mir so nah war und mein Herz fängt an schnell zu schlagen. Ich drehe meinen Kopf und bin Jonas' Gesicht nun sehr nah. Vielleicht etwas zu nah, als ich es sollte, immerhin bin ich in Feindschaft mit dem Club in dem er ist.

Als es plötzlich an der Tür klopft, gehen wir wieder auseinander und ich rufe: „Herein!"

Die Tür öffnet sich und mein richtiger Vater tritt rein. Er lächelt mich leicht an und ist erstaunt, als er Jonas neben mir sitzen sieht. Dieser lächelt mich noch einmal kurz an, steigt dann vom Bett. Schnell setzt er sich in seinen Rollstuhl und rollt aus dem Zimmer, aber nicht ohne meinen Vater – das ist merkwürdig diesen fremden Mann so zu nennen, aber er ist es ja – nett zu begrüßen.

„Wie geht es dir Amelia?" fragt mein Vater mich und setzt sich mit einem der Stühle mir gegenüber.

„Wie oft noch, nenn mich Lia!" sage ich und muss wieder leicht lächeln. „Amelia klingt so..."

Ich brauch den Satz nicht zu beenden, da Matthias Bescheid weiß. Er lächelt mich kurz an und dann fangen wir wieder mit dem Gespräch an, was wir die letzten zwei Tage schon hatten. Es sind fünfzehn Jahre vergangen. Fünfzehn Jahre voller Wissen und Taten, die mein richtiger Vater jetzt erfahren möchte und genau das gleiche will ich auch von ihm. Ich will wissen wer mein Vater ist und wie er tickt. Dass er ähnlich ist wie meine Mutter, mit der Arbeit, das habe ich schon bemerkt, aber es ist mir egal, denn in der Zeit wo er weg ist, wird Charlotte da sein und sie ist auch echt nett.

„Bevor ich gehe, möchte ich aber eins wissen!" sagt mein Vater, als es Zeit wird zu gehen.

Fragend sehe ich ihn an und stelle mir im Kopf alle möglichen Fragen vor, die jetzt kommen könnten.

„Was ist mit dir und Jonas?"

Jonas. Er scheint die andern also zu kennen. Scheint ganz so, als wäre Alex echt ein Mitglied dieses Clubs gewesen zu sein. Ich zucke mit den Schultern.

„Nichts, wir haben uns heute um ehrlich zu sein das erste Mal unterhalten!" gebe ich wahrheitsgemäß zu.

Matthias zieht eine Augenbraue hoch, doch geht nicht weiter drauf ein. Er umarmt mich fest und geht dann. Ich schaue ihm kurze Zeit hinterher und schaue dann auf mein Handy. Es ist sieben Uhr, gegessen habe ich schon. Die Schwester hat es vorbei gebracht, als mein Vater und ich miteinander geredet haben.

Nach kurzem Überlegen was ich jetzt machen soll, stehe ich auf und verlasse mein Zimmer. Mein Weg führt mich auf das Krankenhausdach.  

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