Kapitel 8 - Jonas

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Endlich Freitag. Endlich Schule aus. Endlich mal etwas abschalten.
Selbst das rumgezicke von Emilia, dieser Prinzessin, kann mir meine Freude auf das Wochenende nicht nehmen. Warum sollte ich mich auch von dieser Zicke beeinflussen lassen? Die wird schon noch sehen, mit wem sie sich angelegt hat...
Natürlich waren ihre Kommentare nicht so schlimm, aber hey, als ob ich so mit mir reden lasse. Immerhin gehöre ich zu den sogenannten ‚Badboys' der Schule. Das muss ich der kleinen Emilia noch mal richtig klar machen.
Die Frage ist nur, wie genau...

Auf dem Weg zu meinem Auto, kommt mir schon Damian, mein bester Freund, entgegen.

"Hey Mann, wo warst du denn den ganzen Tag, hab dich gar nicht gesehen?", frage ich den Blondschopf mit den grünen Augen, nachdem wir uns begrüßt haben.

Er grinst vielsagend: "Ich war heute ziemlich... beschäftigt."

Ich verdrehe die Augen: Warum muss er die Mädchen immer schon in der Schule flachlegen? Ich find allein den Gedanken daran schon mehr als schrecklich... Immerhin ist das einer der schlimmsten Orte, an denen man nur seine Zeit verbringen kann. Andererseits verschönert so ein Mädchen am Morgen Damian bestimmt den Tag.

„Alter, du bist schon n'bisschen notgeil, oder?", frage ich ihn.

"Tu nicht so als wärst du ein Heiliger, du wechselst das Mädchen am Wochenende zwei bis dreimal pro Tag", gibt er lachend zurück.

"Da bin ich auch nicht in der Schule. Ich könnte hier nicht mal jemanden flachlegen", mein völliger Ernst.

"Ganz wie du meinst. Du hast ja keine Ahnung. Egal, kommst du heute Abend rüber auf ein Bier? Die meisten von den Jungs sind auch da", fragt Damian jetzt.

"Klar, warum nicht? Aber bei dir?", frage ich überrascht.

"Ja, bei mir. Wir riskieren mal was", er grinst und klopft mir auf die Schulter, " bis später."

Und schon ist er Richtung Bushaltestelle verschwunden.

Damian wohnt eigentlich nur zwei Häuser von mir entfernt, darum hab ich ihm schon oft angeboten, ihn mitzunehmen, aber dafür ist er irgendwie zu stolz, zu mindest meistens. Und natürlich findet in einem vollen Bus zwangsläufig mehr Körperkontakt mit einer potenziellen neuen Eroberung statt, als bei mir im Wagen.
Aber mir soll es recht sein, zwar weiß Damian von allem, was bei mir zu Hause so abgeht, Bescheid, aber trotzdem ist es echt unangenehm, wenn ich kurzfristig Tim abholen muss und er dann deswegen länger  in meinem Auto sitzt. Außerdem ist mein Freund wirklich nicht der Typ für Kinder. Irgendwie kann er mit Leuten, die unter 16 sind, kaum etwas anfangen...

Naja, mittlerweile bin ich dann auch schon zu Hause angekommen. Paps und Tim sind schon da. Während mein Bruder friedlich am Tisch sitzt und malt, hat mein Vater mir den Rücken zugewandt und kocht wohl gerade was zum Mittagessen.
Tim bemerkt mich fast sofort, während Paps konzentriert weiter Gemüse schnibbelt.

"Hallo Jojo", ruft er fröhlich, "guck mal, was ich gemalt hab!"

Ich wuschle ihm einmal durchs Haar: "Hey Paps. Hey Kleiner, zeig mal."

Neugierig schaue ich meinem Bruder über die Schulter und versuche zu erkennen, was er da versucht hat darzustellen. Das könnte ein Mensch sein... aber wenn ich es weiter anschaue, wäre auch ein Tier gut möglich... oder ein Alien? Ich bin wirklich überfordert.

"Hallo Jonas", reißt mich mein Vater aus meinen Überlegungen, "das Essen braucht nicht mehr lange. Wie war dein Tag?"

"Ganz okay", antworte ich nur und wende mich dann an Tim, "Sorry Kumpel, aber ich bin nicht schlau genug, um zu erkennen, was das da ist", ich zeige auf das Wesen mitten im Bild. Es ist fast komplett blau, bis auf die dunklen Haare und ein rotes etwas, das hinter dem Ding... hängt?

Tim stöhnt: "Du bist so blöd! Das bist du als Superman, siehst du? Da sind deine Haare und da dein roter Umhang."

"Achso! Klar, jetzt sehe ich es auch", beteuere ich so überzeugend wie möglich. Mit ganz viel Fantasie, kann ich mich da erkennen. Mit wirklich ziemlich viel Fantasie...

Der Junge hat Glück, dass er erst fünf ist. Das wäre ansonsten nämlich eine echt harte Beleidigung gewesen, die ich ihm nicht hätte durchgehen lassen. Aber so finde ich es echt cool, dass er mich anscheinend als Held sieht und mich auch so malt... oder versucht mich so zu malen.

Beim Essen erkläre ich meinem Vater dann, dass ich heute Abend rüber zu Damian will und er versichert mir, dass das okay sei, da er fast das ganze Wochenende frei habe. Sonntag müssten wir ihn aber zu einem geschäftlichen Essen begleiten, bei dem er seine Familie mitbringen muss. Natürlich finde ich das alles andere als toll, immerhin ist das mein Wochenende, das er mir klaut, aber was soll ich machen? Dann gehe ich halt mit irgendwelchen Anzugträgern essen, statt mich mit interessanteren Leuten zu treffen. Vielleicht stellt Tim wenigstens was Lustiges an...
Aber dann würde ich Stress bekommen, weil ich nicht aufgepasst habe.

Ein paar Stunden später, finde ich mich bei Damian auf der Couch wieder.
Auch ein paar andere meiner Freunde sind da, unter anderem Ben.
Wir zocken, schauen fern und albern rum. Gerade als wir geklärt haben, wo wir morgen feiern gehen, klingelt es plötzlich an der Tür.

Mein bester Freund kratzt sich verwirrt den Kopf und schaut mich aus überraschten braunen Augen an: "Hast du noch jemanden eingeladen?"

Ich schüttle den Kopf: "Nein."

Jetzt sieht er besorgt aus und das völlig zu Recht. Um diese Uhrzeit klopft es meistens, wenn seine alkoholisierte Mutter von der Polizei nach Hause gebracht wird. Das Telefon klingelt um diese Zeit nur, wenn das Krankenhaus anruft, weil ihr wieder irgendwas passiert ist.
Davon weiß keiner außer mir, weshalb es auch nur sehr selten vorkommt, dass er jemand anderen als mich zu sich einlädt. Zumindest am Wochenende.
Darum wirkt er auch leicht panisch, als er zur Tür geht und sie öffnen möchte. Ich kenne ihn schon seit ich drei war und so panisch bekommt man Damian nur zu Gesicht, wenn es um den Ruf seiner sonst liebevollen und fürsorglichen Mutter geht, der zerstört werden könnte. Er liebt seine Mutter über alles, auch wenn er das nie so sagen würde. Sie ist auch immer für ihn da, wenn sie nicht gerade in einer Buchhandlung in der Nähe aushilft. Im nüchternen Zustand ist sie auch eine tolle Person, aber wenn sie mal wieder zu tief in die Flasche geschaut hat, wird sie zuerst traurig, dann wütend und dann dreht sie einfach nur am Rad. Warum sie trinkt? So genau weiß ich das nicht, aber Damians Vater ist meistens Monate lang weg und kommt dann nur für ein oder zwei Wochen wieder nach Hause und wenn er zu Hause ist, ist alles wieder in Ordnung. Damians Mutter hat ihm auch verboten, über ihre Probleme zu sprechen, wenn sein Vater da ist. Das ist auch das, was ihn an dieser Situation am meisten ankotzt.

Ich schweife ab. Damian sieht mir noch mal tief in die Augen, ich nicke ihm zu und dann drückt er die Türklinke herunter.
Als wir sehen wer dort im Türrahmen wartet, können wir unseren Augen kaum trauen: "Was wollt ihr denn hier?", frage ich Verena und ihre Freundinnen verwirrt.

Verena versucht schüchtern zu wirken: "Naja... Wir haben mitbekommen, dass Ihr Jungs euch heute bei Damian trefft... und da dachten wir uns, dass wir euch Gesellschaft leisten könnten,... Natürlich nur, wenn ihr das wollt."

Damian beginnt zu Grinsen: "Das sollte ein gemütlicher Abend werden und ihr wollt uns so angezogen "Gesellschaft leisten"?" Er zieht eine Augenbraue hoch.

"Warum denn nicht?", kommt es von einer der Freundinnen zurück.

Gute Frage. Ich weiß gar nicht, warum Damian das Wort "angezogen" für die vier benutzt hat... Ihre Miniröcke sind so kurz, dass sie kaum etwas verdecken und ihre Oberteile genauso. Ich glaube die Mädchen haben mehr Masse an Schminke im Gesicht, als sie an Kleidung tragen...
Aber Hey, ich bin ein Mann und sie alle sehen heiß aus. Schlampig, aber heiß.

"Hm...", wende ich mich an meinen immer noch grinsenden Freund, "was sagst du? Lassen wir sie rein?"

"Ausnahmsweise. Da freuen sich die anderen doch bestimmt, wenn wir ihnen so hübsche Damen mitbringen."
Und damit lässt er sie rein.
Ich weiß nicht wie er das macht, aber obwohl Damian genauso wie ich als Player bekannt ist, ist er trotzdem immer wahnsinnig charmant und begegnet jeder Frau mit Respekt. Etwas was mir bei manchen von Ihnen echt schwer fällt. Aber wer kann mir einen Vorwurf machen, wenn sie so aussehen, wie die Exemplare vor uns?

Tja, so endet der Abend für mich und meine Freunde noch sehr... interessant.

Dance into my SoulWo Geschichten leben. Entdecke jetzt