Der Verrat

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Das Lachen verging mir erst, als ich von Albus Tod erfahren habe. Snape hat ihn getötet und ist jetzt auf der Flucht. Er hat uns alle an die Todesser verraten. Das ist zumindest Harrys Version. Doch ich weiss, dass er so etwas niemals tun würde. Auch wenn ich zugeben muss, dass alle Indizien gegen Snape sprechen. Der Tod von Albus und das Verschwinden von Snape haben mich ziemlich übel mitgenommen. Die zwei Vaterfiguren in meinem Leben sind Knall auf Fall daraus ausgeschieden. Ohne meine Freunde würde ich wohl tatsächlich verrückt werden. Der Gedanke daran, dass das für alle anderen, oberflächlich gar keine Veränderung wäre, entlockt mir ein kleines Schmunzeln. Ich wäre dann quasi eine wandelnde erfüllte Selbstprophezeiung. Sofort ernte ich einen strafenden Blick von Ginny. Ich verstehe nicht, weshalb Beerdigungen immer so traurig sein müssen. Bei meinem Volk veranstalten wir eine feierliche Zeremonie und erzählen uns die ruhmreichsten Geschichten aus dem Leben des Verstorbenen. Amüsant, wie die Welt der ach so superioren Zauberer manchmal so rückständig ist. Ich ertrage die gedrückte Stimmung nicht mehr länger, leise mache ich mich davon. Wenn Harrys Geschichte wahr ist, wird es in der nächsten Zeit genug düstere und bedrückte Momente geben.

Egal wie lange ich schon in einem menschlichen Körper stecke, meine Sehnsucht nach dem Wasser wird niemals schwächer. Nachdenklich blicke ich über den See, betrachte sein Wellenspiel und geniesse das goldene Lichtspiel auf seiner Oberfläche. Schaudernd erinnere ich mich an die Ereignisse auf der Hochzeit. Das Ministerium ist gefallen, der Dunkle Lord hat die Macht an sich gerissen. Als ich an den schrulligen, alten Lovegood denke, wird mir warm ums Herz. Er hat alles versucht um mich aufzumuntern. Ich muss zugeben, ich geniesse es, mit ihm über mein Volk zu reden. Er ist der Einzige, mit dem
ich darüber reden kann, seit Snape weg ist. Ich bewundere seinen Mut. In seiner Zeitung ruft er zum Widerstand gegen den Dunklen Lord auf. Ich weiss nicht, ob ich im entscheidenden Moment auch so mutig sein werde.

Plötzlich beginnt die Wasseroberfläche sich stärker  zu kräuseln. Mein Herz beginnt hektisch zu pochen. Tatsächlich, mein Volk verlässt geordnet den See. Doch weshalb ? Meine Sehnsucht zu ihnen zurückzukehren, ist noch nie grösser gewesen. Sehnsüchtig betrachte ich meine Familie an der Spitze des Zuges. Wohin gehen sie bloss ? Weit werden sie nicht kommen. Plötzlich durchfährt mich die grausame Erkenntnis: Mein Vater ist wohl tot. Weil er keine Nachfolger hat, die ihm auf den Thron folgen könnten, verlassen sie nun unser Zuhause. Sie werden sich bis aufs Blut bekämpfen ! Der letzte der übrig bleibt, gründet einen neuen Stamm. Ich muss das verhindern! An meinen Händen darf nicht das Blut Hunderter kleben. So schnell ich kann, renne ich ihnen nach. "Halt!", vernehme ich plötzlich seine ölige Stimme. Doch ich halte nicht an. Ich muss sie unbedingt einholen! Wilde Haken schlagend weiche ich seinen Flüchen aus, doch das bringt einen entscheidenden Nachteil mit sich: Er ist schneller. Als ich seine Hand an meinem Arm spüre, beginne ich voller Verzweiflung zu schreien. "Lass diesen Blödsinn sofort!", knurrt er wutenbrannt. "Wirst du jetzt tatsächlich verrückt? Sie.würden.dich.töten", zischt er atemlos. Wütend schüttelt er mich. "Komm endlich zur Besinnung!", ruft er verzweifelt. "Sonst was ? Tötest du mich?", höhne ich kalt. "Hast du Lily damals auch getötet?" Hasserfüllt blickt er mich an. Wortlos lässt er mich los und schreitet davon. Ich bereue meine harschen Worte bereits, doch ich bin zu stolz um
ihm nachzurennen. Als ich seine gebückte, hagere Gestalt am Horizont sehe, frage ich mich, wie ich mich in diesen Mann verlieben konnte.

Zum Glück sind meine Gefühle an jenem Abend gedämpft worden.  Snape leugnet seitdem nämlich beharrlich meine Existenz. Manchmal wenn er wortlos im Gang an mir vorbeiläuft, wünsche ich mir, dass er mich in den Arm nehmen würde. Doch wir haben beide Partei ergriffen und wir stehen nicht mehr auf der gleichen Seite. Trotzdem verhindere ich, dass Dumbledores Armee ihn ins Visier nimmt. Beflissen lenke ich den Fokus unserer Gemeinheiten und Sabotageakte stets auf die tyrannischen Carrows. Im Grunde meines Herzens bin ich dankbar für den nun herrschenden Patt. Ich könnte niemals meinen Zauberstab gegen ihn erheben. Aber ich werde auch niemals die Schreckensherrschaft des Dunklen Lords kampflos hinnehmen! 

Als ich wegen eines dringenden Notfalls mit meinem Vater nach Hause gerufen werde, eskortiert er mich stillschweigend zum Bahnhof. Beinahe glaube ich Tränen in seinen Augenwinkeln zu sehen. "Verzeih mir", flüstert er kaum hörbar. Alarmiert sehe ich ihn an, doch ehe ich etwas tun kann, haben mich die beiden Todesser bereits in ihren Klammergriff genommen. Sie haben mich zum Haus der Malfoys gebracht, wo ich ein tristes Dasein in einem der Kellergeschosse geführt habe. Ich habe sehr viel Zeit gehabt, diese Abschiedsszene immer wieder und wieder in meinem Kopf nachzuspielen. Wenn ich nicht gerade damit beschäftigt gewesen bin, den alten Mr. Ollivander mit Geschichten von meinem Volk zu unterhalten. Natürlich hielt er mich insgeheim für eine Spinnerin, aber ich bin froh, konnte ich seine Qualen lindern. Als Dean zu uns stiess, erweitern sich unsere Themengebiete noch um Qudditch und Fussball. Natürlich nehme ich ihm das Versprechen ab, dass wir zusammen ein Spiel besuchen werden, wenn das Ganze hier vorbei ist. In Dean habe ich jemanden gefunden, der sich in der magischen Welt ebenfalls wie ein Aussenseiter, ein Hochstapler fühlt, angesichts seiner muggelstämmigen Herkunft. Er ist von seiner Mutter allein aufgezogen worden, weil sein Vater kurz nach seiner Geburt abgehauen ist, um sie zu schützen. Doch die Todesser haben ihn gefunden und getötet. Wiederholt ermahne ich Dean, auf seine Wurzeln stolz zu sein. Ich fühle mich dabei wie eine elende Lügnerin, verleugne ich die meinem doch bereits seit meinem Eintritt in die Zaubererwelt. Nach unserer Befreiung durch Harry, leben ich und Dean eine Weile bei Rons Tante Muriel, doch sobald es möglich ist, verlassen wir das Heim dieser grässlichen Person!

"Wohin gehst du nun?", murmelt er und klingt eigenartig bedrückt. "Keine Ahnung", gestehe ich ihm seltsam heiter. "Zu meinem Vater kann ich nicht zurück, ich will ihn nicht unnötiger Gefahr aussetzen." Verständnis blitzt in seinen Augen auf. "Bei mir sieht es genau so aus". "Wir könnten doch im verbotenen Wald campieren", witzelt er. "Wieso nicht?", murmle ich abwesend. "Das wäre Selbstmord!" Sein empörter Ton amüsiert mich. "Tenebrus und seine Freunde werden uns beschützen". "Wer ist Tenebrus?", stammelt er. Die Eifersucht in seiner Stimme versetzt mir einen Stich. Ich bin viel zu alt für ihn. "Ein Thestral". Zögernd blickt er mich an. "Wenn das dein Ernst ist, werde ich dich begleiten. Ohne dich würde ich vermutlich durchdrehen", murmelt er, seine Ohren nehmen einen feuerroten Ton an. "Na dann, lass uns aufbrechen." Kopfschüttelnd lächelt er mich an. "Erst brauchen wir einen Plan!" "Unser Plan ist es zu überleben", erwidere ich schlicht.

Was uns auch tatsächlich gelingt. Mittels meines Patronuses gelingt es uns, Kontakt mit Hagrid aufzunehmen, der uns mit dem Notwendigsten und Nachrichten versorgt. Eines Tages trifft er völlig ausser Atem ein und ächzt: "E-er kommt. F-folgt mir." Wortlos lassen wir alles stehen und liegen, folgen ihm zurück ins Schloss. Im letzten Moment schlüpfen wir noch durch das sich schliessende Tor.

Always Snape - Verbotene Liebe ❤️⚡️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt