Tat es weh als du vom Himmel fielst?

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Hallo! Es tut mir unheimlich leid, dass ich so lange nichts upgeloadet habe, deswegen nehme ich es euch nicht übel, wenn ihr längst aufgehört habt die Geschichte zu lesen. Doch wenn ihr sie trotzdem nicht entfernt habt, dann kommt jetzt die Belohnung dafür. Viel Spaß!

Nun sind es schon fünf Tage her seit dem Gespräch mit Will. Etwas schämte ich mich für meine Mutter schon noch, aber ich hatte mich abgeregt. Es hätte schlimmer kommen können, sie hätte ihm beispielsweise auch nackte Babyfotos von mit zeigen können. Trotzdem  könnte ich wegen ihr noch immer den Kopf gegen die Wand schlagen. Das hieß natürlich nicht gleich, dass wir Streit hatten. Und zu meinem Glück würde ich in 21 Tagen den Welpen zu uns nach Hause holen. Ja, ich und nicht Will. Dieser Gedanke erfüllte mich unwillkürlich mit Stolz.

Ich schnürte meine Sportschuhe fest zu, in der Hoffnung sie würden beim Laufen nicht wieder aufgehen und betrachtete mich ein letztes Mal im Spiegel. Eine lange schwarze elasthische Laufhose, darüber ein weißes Basic Sport-T-Shirt und die Haare straff zu einem Pferdeschwanz gebunden, ein eher unauffälliger Look. Genau das was ich wollte. Da meine Mutter heute ihren ersten Arbeitstag als Chirurg in einem neuen Krankenhaus hatte, hatte ich den ganzen Tag Zeit für mich selbst. Mit einem Satz drückte ich den kühlen Türgriff hinunter und erblickte auf der anderen Straßenseite spielende Kinder. Sie schenkten mir keine Aufmerksamkeit, weil sie zu sehr in ihr Spiel versunken waren, das ich kurze Zeit später als Felder-Hüpfen identifizierte. Einige Sekunden lang stand ich dort und beobachtete sie. Ich konnte mich nicht daran erinnern, das schon einmal mit einer anderen Person gespielt zu haben. Ohne einen weiteren Gedanken daran zu verschwenden lief ich los.

Ich hatte das Laufen definitiv vermisst. Das Gefühl, ich könnte vor der großen weiten Welt fliehen, gab mir die fehlende Motivation immer weiter und weiter zu laufen. Meine Sportlehrerin hatte immer gesagt, dass wenn man das Gefühl hatte, dass man nicht mehr konnte, aber den Wille hatte nicht aufzugeben, dann übertritt man eine Schwelle. Danach konnte man befreit laufen. Genau so ging es mir zu dem Zeitpunkt. Ich lief an einem mit saftigem Grün und strahlendem Sonnengelb durchzogenen Maisfeld vorbei. Ich entdeckte auch spärlich bekleidete Vogelscheuchen mit gewebten Strohhüten und herzlich geöffneten Armen, die Krähen abschrecken sollten. Doch für mich sah es nach einer einladenden Umarmung aus. Als ich in den anschließenden Wald lief, machte sich allmählich das Ziehen in meinen Beinen bemerkbar. Gekonnt ignorierte ich es und dachte nicht einmal ans Stehenbleiben. Der Wald roch einfach anders. Nach Tannen, feuchter Erde und modrigem Holz. Herrlich. Diesen Geruch fand man sonst nirgends. Dünne Äste knackten und brachen unter meiner Schuhsohle und gelegentlich zerkratzten Dornen meine nackten Arme, doch das stoppte mich nicht. Nein, das was mich zum Stehen brachte, war etwas ganz anderes.

Ich fühlte eine Last auf meinem Rücken, meine Beine knickten weg. Das nächste was ich spürte war der kalte Waldboden, denn meine rechte Gesichtshälfte wurde dagegen gedrückte, sowie der Rest meines Körpers. Blutrauschen in meinem Ohr. Ich spürte meinen Herzschlag in meiner rechten Hand auf die ich gefallen war. Was zur Hölle war gerade passiert.

"Wenn es dir nur darum ging, mit mir auf dir allein im Wald zu landen, hättest du es nur zu sagen brauchen, Kleine", hauchte eine tiefe Stimme in mein Ohr. Ich brauchte einige Sekunden um das Geschehene zu verarbeiten, bis eine heiße Wut in mir aufstieg. Ich drehte mich auf die Seite, wo durch ich ihn von mir runter warf. Ich setzte mich auf und betrachtete Will, der sich auch schon aufgesetzt hatte.
"Sag mal, du hast dich doch auf mich geworfen, du Idiot."
"Kleine ich konnte ja nicht wissen, dass genau dann wenn ich vom Baum springe, du um die Ecke kommst. Außerdem kann ich dich nicht ernst nehmen, wenn dein halbes Gesicht mit Dreck verschmiert ist." Er streckte grinsend seine Hand aus, um mir mit seinem Daumen das Gesicht sauber zu wischen, die ich jedoch bevor sie mich berührte wütend wegschlug.

"Wechsle jetzt bloß nicht das Thema und mein Name ist verdammt nochmal nicht Kleine", ich funkelte ihn böse an. Was ihn zu amüsieren schien, denn er lächelte schelmisch. Am liebsten hätte ich ihm sein blödes Grinsen mit einem Schlag aus dem Gesicht gewischt.

"Was lächelst du so, Blödmann." Erst jetzt fiel mir auf, dass ich meinen rechten Schuh verloren hatte.
"Dir fehlt ein Schuh" Ach, was du nicht sagst du Genie.
"Ja, und du wirst mir dabei helfen ihn zu suchen. Immerhin hast du uns das alles doch eingebrockt, oder nicht?" Nun war ich, diejenige die blöd grinste. Er murmelte etwas, was ich als "Meinetwegen" gehört zu haben glaubte und fing an nach meinem Schuh zu suchen.

"Bist du dir sicher, dass du ihn anhattest?" Ich schaute Will entgeistert an, doch als ich seine ernste Miene sah, erwiderte ich sarkastisch, "Achja genau, es tut mir Leid Mister, dass ich Ihre Zeit verschwendet habe, denn mir ist bedauerlicher Weise entfallen, dass ich sonst auch immer nur mit einem Schuh laufe. Sei nicht albern Will, such einfach nach diesem verdammten Schuh."

"Ach komm, hätte doch sein können" Er setzt sich auf den Boden und schaute mich an, als wäre es die einzige Begründung für das Verschwinden meines Schuhs. Ich setzte mich vor ihm auf einen Baumstamm. Diesem Jungen konnte man nicht mehr helfen.

"Ja, wenn ich nicht mehr alle Tassen im Schrank hätte." Er zog grinsend eine Augenbraue hoch. Empört griff ich in den Laub um ihn damit zur Strafe mit Laub zu beschmeißen, doch meine Hand umschloss etwas Festes mit Schnüren. Bevor ich mich selbst bremsen konnte warf ich es auf ihn. Zu meinem Glück war ich doch nicht so eine große Niete im Abschießen, wie ich immer gedacht hatte . Mein verloren gegangene Schuh flog im hohen Bogen auf Wills Kopf. Allem Anschein nach hatte ich ihn ziemlich überrascht, denn er fasste sich an die Stelle, wo er getroffen worden war. Fassungslosigkeit war in sein Gesicht geschrieben. Ich konnte mich kaum noch halten und prustete los.

"Wofür war das denn?"
"Jetzt sind wir wohl quitt."

Danach ließ ich ihn einfach stehen und machte mich auf den Weg nach Hause.

Azur *ON HOLD*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt