Kapitel 1

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Heute war mein erster Schultag an meiner neuen Schule. Ich war vor ein paar Wochen schon mal bei einer anderen Schule gewesen, die hatte mir auch mehr gefallen, jedoch war sie etwas zu weit weg, um jeden Tag dorthin zu fahren. Ich rede hier von vier Stunden pro Tag. Nun gut, jetzt war ich also hier. Vor zwei Wochen war ich aus einer Psychiatrie entlassen worden, nach neun Monaten Aufenthalt. Und als ob ich jetzt in neu gewonnener Freiheit nicht schon genug Probleme am Hals hätte, musste sich vor vier Tagen mein bester Freund vor einen Zug schmeißen. Nicht falsch verstehen, ich hatte ihn verdammt gerne, aber dass er mich jetzt und einfach so allein lässt, das kann ich einfach nicht verstehen. Ich stand mit meiner neuen Klassenlehrerin vor der Tür, mit hängenden Schultern und verweintem Gesicht und wartete darauf, dass sie mich gleich ankündigte. Als ich reinkam, setzte ich mich, ohne mich weiter an den Gesichtern meiner Mitschüler aufzuhalten, an einen noch freien Platz. Von mir aus hätte die Stunde ewig dauern können. Ich hatte genug Zeit um nachzudenken. Besonders an all das, was in den letzten vier Tagen passiert war.

Ich hatte gerade das Geburtstagsgeschenk für meine beste Freundin eingepackt, als ich Schritte im Flur hörte. Ich dachte, es wäre meine Mutter, auch wenn mich die Art der Gangart (die Fließen unseres Flurs knarzen, wenn man auf bestimmte Steine tritt) etwas an meiner Vermutung verunsicherte. Als die Geräusche an meiner Tür stehen blieben, diese war angelehnt, war ich noch dabei die letzte Ecke Geschenkpapier festzukleben, weshalb ich nicht aufschaute. Die Schritte gingen Richtung Wohnzimmer, wohin ich dann auch sofort ging, um meiner Mutter zu zeigen, an was ich gearbeitet hatte. Als ich jedoch ins Wohnzimmer kam, war dort niemand. Ich hörte erneut Schritte auf dem Flur. Ich lief zurück und sagte immer mal wieder: "Mom, bist du das?", doch die Schritte verloren sich, sobald ich wieder im Flur stand. Ich blieb ratlos stehen. Was war hier nur los? In diesem Moment kam meine Mutter aus ihrem Schlafzimmer. "Hast du nach mir gerufen?", fragte sie. "Ja, ich dachte, du wärst ins Wohnzimmer...", ich war ziemlich verwirrt. "Oh nein, Schätzchen, das warst doch du, die auf dem Flur gelaufen bist." Also hatte ich mir die Schritte nur eingebildet? "Oder... es könnte auch Oma gewesen sein. Ich glaube die Schritte waren versetzt gewesen. Also zwei Personen." Also doch. Sie hatte die unbekannten Schritte auch gehört. "Nein, ich bin den Schritten ins Wohnzimmer gefolgt; es war aber keiner da." "Das ist vielleicht komisch." Danach ging ich in mein Zimmer und circa 5 Minuten später klingelte das Telefon und es wurde die schlimme Nachricht übermittelt: Leo war vor einen Zug gesprungen.

Ja, so war das gewesen. Ich hatte Schritte gehört und jetzt im Nachhinein fing ich an zu spekulieren, ob sie sich nicht nach Leo angehört hatte. Doch leider musste jede Schulstunde zu Ende gehen und ich war gezwungen mich vorerst mit meinen neuen Mitschülern auseinander zu setzen. Ich war in die Klasse von einer Freundin gekommen, die ich schon seit fünf Jahren kannte, jedoch war dieser auf irgendeiner Ausfahrt der Schule, deshalb stand ich nun allein da. Doch die anderen waren, überraschenderweise, ganz nett. Nicht so, wie die meiner alten Schule. Sie nahmen mich mit, als würde ich schon seit Wochen zu ihnen gehören und fragten mich auch nicht wegen meinem verheulten und wahrscheinlich rot gesprenkelten Gesicht aus. Ich war ihnen sehr dankbar darüber.

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