Kapitel 2 Take a seat

306 14 0
                                    

Diese Stunde geht schneller herum, es handelt sich aber auch um mein Lieblingsfach Englisch. Jedenfalls finde ich meinen neuen Englischlehrer sympathisch, weil er so streng ist und sich durchsetzen kann.

Als es dann zur Pause klingelt, hakt sich Molly sofort bei mir unter und zieht mich in die Cafeteria, an deren Essensausgabe schon eine riesige Schlange von Menschen steht. Ich verdrehe die Augen. Alle Schulen sind halt gleich.

Wir setzen uns an einen freien Tisch und ich packe mein Frühstück aus. Molly mustert mich von der Seite. "Mullingar also. Wie kam es zu dem Umzug?" Ich schlucke. Ich wollte es niemandem erzählen und mit Molly habe ich erst ein paar Sätze gewechselt. Ihre Stimme ist sanft und hat etwas Vertrauenswürdiges, doch nur weil sie nett ist, macht sie das nicht zu meiner besten Freundin. Deshalb tue ich gleichgültig und sehe ihr in die großen braunen Augen, die mich abwartend ansehen. "Nichts, meine Eltern haben sich scheiden lassen und wir sind her gezogen."

"Das tut mir leid." Molly schlägt sich mit der inneren Handfläche gegen die Stirn und sieht mich entschuldigend an. Ich schüttle lächelnd den Kopf. "Muss es nicht, es wurde Zeit, dass Mum dieses Arschloch von Ehemann endlich verlässt." Weiter lasse ich mich nicht auf das Thema ein und bin Molly auch dankbar, dass sie versucht, ein neues Gesprächsthema anzuschlagen.

"Erzähl mir was über dich", sage ich und Molly packt jetzt auch ihren Lunch aus. "Über mich? Gibt es nicht so viel zu erzählen. Ich bin siebzehn, hier in London geboren, Einzelkind und frisch von meinem Freund getrennt." Ich nicke. Über Jungs habe ich noch gar nicht nachgedacht. Zumindest nicht in letzter Zeit. Molly und ich reden noch eine ganze Weile über ihren Freund und sie schüttet mir ihr Herz aus.

Sie erzählt mir, dass er sie vor ca. einem Monat betrogen hat und sie anfangs nur schwer über die lange Beziehung hinweg gekommen ist. Vorallem, weil sie hier in der Schule nicht sonderlich beliebt zu sein scheint, was mir unbegreiflich ist. Molly ist eines der wenigen intelligenten, natürlich hübschen Mädchen an dieser Schule. Sie hat blondes, schulterlanges Haar, große Braune Augen und eine zierliche Figur, trotzdem ist sie ein paar Zentimeter größer als ich.

Ich sehe auf die Uhr und packe meine Brotdose wieder in meine Tasche. Die Pause ist fast vorbei. Ich stehe auf und werfe meinen Rucksack über die Schulter. Molly sieht auf ihren Stundenplan und schüttelt traurig den Kopf. Die nächste Stunde muss ich also ohne sie überstehen.

Ich gehe den Flur entlang und bleibe vor dem Raum stehen, vor dem sich schon die halbe Theaterklasse versammelt hat. Ja, richtig gehört. Ich habe einen Theaterkurs gewählt. Natürlich ist das schwachsinnig und es wäre auch sicher nicht meine erste Wahl gewesen, wenn noch andere Fächer außer Werken zur Verfügung ständen. Doch diese Schule scheint nicht sehr flexibel zu sein.

Eine Gruppe Jungs gesellt sich zu uns und der Lehrer schließt kurz danach den Raum auf. Ich beschließe, mich diesmal in die letzte Reihe zu setzen, um so wenig, wie möglich vom Unterricht mitzubekommen. Natürlich ist Engagement in Kursen wie diesem am Wichtigsten, aber auf so ein unnötiges Fach bin ich nicht angewiesen.

Also lasse ich mich auf den mittleren Stuhl der letzten Reihe fallen und werfe meinen Rucksack achtlos auf den Boden. Dann höre ich, wie sich jemand räuspert.

Ich blicke auf und sehe als erstes in ein Paar grüne Augen, die mich durchlöchern und irgendwie fesseln. Sie gehören einem von fünf Jungen, die alle vor mir stehen und mich mit ihren Blicken töten wollen.

Der Junge mit den grünen Augen ist ziemlich groß, sehr viel größer als ich. Aber vielleicht kommt mir das auch nur so vor, weil ich gerade sitze. Er hat braune, wirr gelockte Haare und sieht, meiner Meinung nach, absolut gut aus. Neben ihm steht ein blonder Junge, auch ziemlich gutaussehend, aber ein bisschen kleiner als der Braunhaarige. Der Blonde hat strahlend blaue Augen, wie sie nicht viele haben. Die anderen drei stehen weiter hinten. Zwei von ihnen haben braune Haare, einer schwarze.

Ich erwidere eine Zeit lang den durchlöchernden Blick des Gelockten und lege den Kopf schief. "Gibt es ein Problem?", frage ich und lächle provokativ. Der Junge mit den Locken grinst breit und hält mir seine Hand hin. "Ich bin Harry Styles", sagt er. Ich sehe auf seine Hand und hebe eine Braue. Nein. Einfach nein.

Er lässt seine Hand wieder sinken. "Das sind Niall, Louis, Zayn und Liam." Er zeigt auf die anderen und ich nicke. Und weiter? "Freut mich", sage ich sarkastisch. "Aber was wollt ihr von mir?" Harry beugt sich zu mir runter und beäugt mich. Dann kommt er noch ein Stück näher, bis er direkt vor meinem Gesicht ist. "Du sitzt auf meinem Platz, Neue.", flüstert er.

Ich glaube es nicht. Dafür das ganze Theater? Theater hehe. "Das hier ist also dein Platz?" Ich lehne mich in den Stuhl zurück. "Der gehört dir also?" Harry stellt sich ebenfalls wieder aufrecht hin. "Nein, aber ich sitze immer hier." Ich schüttle den Kopf. "Du hast ihn aber nicht gekauft, oder doch?" Er stützt sich mit seinen Händen auf der Tischplatte ab und lehnt sich nach vorne. "Wenn du dich nicht gleich wegsetzt, verspreche ich dir, Walker, wirst du es an dieser Schule nicht sehr leicht haben."

Ich lache auf. "Was, kann ich dann keine Cheerleaderin mehr werden? So ein Mist aber auch!" Sein Blick ist noch immer starr auf mich gerichtet. Und er lacht nicht. Er sieht aus, als wolle er mich umbringen. "Du wirst dir noch wünschen, dich einfach weggesetzt zu haben, Neue." Dann geht er und setzt sich in die Reihe vor mich.

Ich verstehe solche Leute nicht. Die ein riesen Trarar um Kleinigkeiten wie einen festen Sitzplatz machen. Hätte er mich einfach nett gefragt, ob ich mich wegsetze, hätte ich es auch gemacht. Aber leere Drohungen veranlassen Menschen wie mich nicht dazu, das zu machen, was von mir verlangt wird. Angst vor ihm habe ich jedenfalls nicht. Da hab ich schon zu viel Scheiß durchgemacht.

Harry's P.o.V.

Schlampe. Miststück. Was bildet die sich ein? Kommt hier her und hält sich gleich für die aller Größte! Ich setze mich in die zweite Reihe und werfe meine Tasche mit voller Wucht auf den Boden. Ich weiß auch nicht, warum mich das so wütend macht, aber ihre provokative Art macht mich rasend.

Vielleicht hätte ich doch Werken nehmen sollen, da müsste ich wenigstens nicht denselben Kurs mit ihr haben. Und wer weiß, welche anderen Kurse wir noch zusammen haben. Der Gedanke daran lässt mich unwillkürlich die Augen verdrehen. Niall neben mir dreht sich zu ihr um und sieht mich dann an. "Und was hast du vor, Kollege?", fragt er grinsend. Gute Frage.

My Way (Harry Styles FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt