Kapitel 6 Highway to hell

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Es ist kalt und ich kuschle mich tiefer in meine Winterjacke. Eigentlich gehört sie Dexter, aber sie passt ihm nicht mehr und da ich nur noch die Einzige bin, die von ihr Gebrauch macht, betrachte ich sie mittlerweile als mein Eigentum. 

Ich presse meine gefrorenen Lippen zusammen und sehe an dem großen Reisebus hoch, der uns in das Kaff Box Hill bringen soll, in dem wir ganze fünf Tage verbringen sollen. Ich frage mich, wie ich das überleben soll, vorallem mit einem Schwerbehinderten als Partner. 

Besagter Partner steht abseits unseres Biologiekurses und macht sich wie gewöhnlich seine Lungen kaputt. Im Gegensatz zu uns anderen scheint ihm überhaupt nicht kalt zu sein, alles war er trägt ist eine gewöhnliche Jeans, die ihm unterm Arsch hängt, und ein dünnen Pullover.

Er dreht sich in meine Richtung und erwidert meinen Blick standhaft. Ich verdrehe die Augen und sehe zu Boden. Ich mag es nicht, mit ihm Blickkontakt zu haben. Irgendwie habe ich das Gefühl, er durschaut mich, obwohl ich ja eigentlich nichts zu verbergen habe. Außer die Sache mit meinem Dad. Die ist zwar kein Geheimnis, ich erzähle sie aber auch nicht. 

Es wird sicher ein ziemlich kalter Winter werden, wenn ich jetzt im Herbst schon so friere. 

Es ist nicht so, dass ich etwas gegen die kalten Jahreszeiten habe, ganz im Gegenteil, der Herbst ist mir sogar die liebste Zeit im Jahr und auch der Winter ist mir lieber als der Sommer. Ich reibe meine Hände aneinander und spüre dann etwas in meiner Hosentasche vibrieren. Wer schreibt mir denn jetzt eine SMS? Vielleicht eine Entschuldigung von meiner Mum, weil sie mich nicht hergebracht hat? 

Ich nehme mein Handy in beide Hände und entsperre es mit steifgefrorenen Händen. Ein Bild von meiner ehemaligen besten Freundin Emma und mir taucht auf und ich atme seufzend aus. Schielend beobachte ich wie mein Atem meinen Lippen in Form eines kurzen Nebelhauches entweicht. Die Nachricht ist von Molly, sie ist leider nicht in meinem Biokurs und wird die bevorstehende Woche in der Schule verbringen. Ich öffne die SMS.

Hey , ich wollte dir nur viel Spaß wünschen, und bring Styles nicht um, in einem Jahr bist du strafmündig :D -Molly :*

Ich lächle und lasse die SMS vorerst unbeantwortet, im Moment sind meine Hände so steif, dass es mir unmöglich ist, eine SMS zu verfassen und während der Busfahrt werde ich ganze zwei Stunden Zeit haben, ihr zurück zu schreiben. Ich bin ja nicht aus der Welt.

Mr Conners sieht auf seine Uhr und räuspert sich. "Bitte verstaut jetzt euer Gepäck im Kofferraum und sucht euch einen Platz, wir wollen in zehn Minuten losfahren." Endlich. Ich nehme mir meinen schweren Koffer und ziehe ihn zum Kofferraum, vor dem sich eine Schlange von Schülern gebildet hat, weil jeder einen guten Sitzplatz will. 

 Direkt vor mir und durch seine wirre Lockenpracht unverwechselbar, steht Harry, der sein Gepäck nun schwungvoll im Kofferraum des großen  Reisebusses verstaut hat. Dann dreht er sich um und sieht mich mit demselben, vielsagenden Blick an, mit dem er mich eben schon bedacht hat.

Ich bleibe stehen und sehe ihn mit einer erhobenen Braue an. "Könntest du mich bitte an den Kofferraum lassen, ich würde mich gerne in den Bus setzen.", sage ich und bemühe mich gar nicht erst, die Gereiztheit in meiner Stimme zu unterdrücken. Harrys rechter Mundwinkel huscht kurz nach oben. Dann schubst er mich brutal zur Seite und bahnt sich so seinen Weg in den bereits vollen Bus. Ich seufze erneut und verstaue mein Gepäck.

Als ich als Letzte den Bus betrete, sind beinahe schon alle Plätze besetzt. Ich habe die Auswahl zwischen dem Platz neben Harry, der in der hintersten Reihe sitzt und sich bereits ausgebreitet hat und einem Jungen namens Riley, mit dem ich allerdings noch nie einen Satz gewechselt habe.

Ich beschließe, dass jeder besser ist als Styles und setze mich lächelnd neben Riley, der mein Lächeln schüchtern erwidert. "Ich habe mich noch gar nicht vorgestellt", beginne ich und platziere meinen Rucksack unter meinem Sitz. "Ich bin Alice. Riley, stimmt's?" Er nickt und sieht aus dem Fenster. Ich tue es ihm gleich. Es ist nicht viel zu sehen, wir haben halb fünf am Morgen und alles ist noch von Dunkelheit umhüllt. 

Bereits eine Stunde ist vergangen und Riley hat keinen Mucks von sich gegeben. Ich gähne und werfe einen Blick auf mein Handy. Ich habe Molly noch nicht zurückgeschrieben.  

Hey, danke, aber das Letzte, das ich in Box Hill erleben werde, ist Spaß :D Apropos, lass dich nicht von Styles' Freunden unterkriegen, wenn die überhaupt das Maul aufkriegen, wenn Harry nicht da ist. Bis dann :*

Zufrieden packe ich mein Handy wieder in meine Hosentasche und blicke, zu meiner Überraschung, in Rileys interessiertes Gesicht. Ich weiß gerade echt nicht, wie ich reagieren soll. Um überhaupt zu reagieren, lächle ich unsicher und warte, dass er etwas sagt.

"Du hast also Harry als Partner?", fragt er endlich, nachdem er mich eine gefühlte Ewigkeit angestarrt hat. Woher kommt denn diese plötzliche Neugierde an mir? Ich lehne mich in den Sitz zurück und drehe meinen Kopf, um ihn ansehen zu können. "Ja. Leider. Wer ist dein Partner?" 

Riley sieht sich suchend im Bus um und zeigt schließlich auf ein kurzhaariges Mädchen, das hinter dem Busfahrer sitzt. "Grace. Sie ist meine Cousine." Ich nicke. Auch mit Grace habe ich nichts zu tun.

"Wo kommst du eigentlich her, Alice?" Riley stützt seinen Ellbogen an der Armlehne ab und beginnt, sich mit den Fingern durch die braunen Haarspitzen zu fahren. Ich muss schmunzeln, weil es ziemlich süß aussieht. "Aus Mullingar", antworte ich gleichgültig, ohne aufzuhören, nett zu sein. Riley öffnet seinen Mund, um etwas zu sagen, doch er lässt es bleiben. Ich weite meine Augen und stoße mich von der Rückenlehne ab. "Was wolltest du sagen?", frage ich. Riley legt seinen Unterarm auf der Lehne ab und sieht mir in die Augen. Die Farbe seiner Augen ist unglaublich warm, ein dunkles braun.Ohne etwas zu sagen bückt er sich, um in seinem Handgepäck zu wühlen. 

Derweil wage ich es, meinen Kopf in den Gang zu strecken und einen Blick in die letzte Reihe zu riskieren. Harry sitzt, nein er liegt auf seinem Sitz und hört mit geschlossenen Augen Musik. Mit der einen Hand am vorderen Sitz und der anderen vermutlich im Takt auf seinen Oberschenkel klopfend, öffnet er die Augen und sieht mir direkt in die Augen. 

Sofort nehme ich meine alte Sitzposition wieder ein und beobachte Riley dabei, wie er die Kopfhörer seines iPods zu entknoten versucht. Ich kichere und nehme sie ihm aus der Hand. Mein Bruder tut sich, was das angeht, auch immer schwer. In weniger als einer halben Minute habe ich die Knoten gelöst und drücke Riley seinen iPod wieder in die Hand. Dieser schüttelt nur ungläubig den Kopf und klopft mir anerkennend auf die Schulter. Ich lache. "Gern geschehen.", sage ich. Er hält mir einen seiner Kopfhörer hin. "Möchtest du vielleicht mit hören? Ich meine, ich kenne deinen Musikgeschmack ja nicht ..." Ich nehme den Kopfhörer entgegen und lächle dankbar. Und als ich mir so anhöre, wofür sich Riley musikalisch zu begeistern scheint, staune ich nicht schlecht. 

Hey, eine Frage : Was haltet ihr von Riley? Soll er öfter vorkommen? & Danke für's lesen (:

My Way (Harry Styles FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt