Kapitel 5

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Es heißt, man kann nicht auf zwei Hochzeiten gleichzeitig tanzen. Das stimmte zwar, aber man konnte versetzt hintereinander auf zwei verschiedenen Hochzeiten tanzen, wenn man wollte. Die meisten Leute wollten sich nur nicht die Arbeit machen.

Aber warum sollte Souta nur mit einem Mädchen flirten, wenn es so viele nette Mädchen in seiner Klasse alleine zur Auswahl gab. Hina war ja ganz nett, aber es gab noch ein paar andere reife Früchtchen, die heimlich darauf warteten, von ihm gepflückt zu werden.

Rückblickend kam er sich wie ein Idiot vor, nicht schon in seiner Schulzeit mehr mit Mädchen wenigstens geredet zu haben. Viel zu viele Nächte hatte er damit verbracht, sich einzureden, dass Mädchen wie Wesen von einem anderen Planeten waren, unverständlich und unangreifbar weit entfernt für Jungs. Das mit dem Unbegreiflich würde für ihn wohl immer so bleiben, aber Unantastbarkeit war etwas für Hindus.

Jetzt, wo er mehr Lebenserfahrung hatte und sich weniger auf die Schule konzentrierte sondern mehr auf sein Umfeld - sprich die Mädchen rund um ihn – fiel ihm erst auf, wie wenig Jungs sich trauten, ihren heimlichen Schwarm auch nur anzusehen. Und umgekehrt. Als Paradebeispiel gab es da Hiroshi und Miu, die sich beide seit Ewigkeiten mochten, aber einfach nicht ansprachen. Die beiden waren so verliebt beim letzten Klassentreffen gewesen, dass es gar nicht auszuhalten war. Hiroshi hatte erzählt, dass er sich überhaupt erst in der Mitte seines Studiums mit 20 getraut hatte, Miu zu fragen, ob sie mit ihm zusammenkommen wolle. Dabei hatte er sie schon seit der Middle-School gemocht, was an die 6 Jahre war. Und sie ihn. Die beiden hätten schon so viel Zeit des Glücks und der Freude zusammen gaben können, wenn sie sich einfach nur getraut hätten. Vielleicht sollte sich Souta einmal ein bisschen einmischen. Ein paar kleine Andeutungen hier, ein bisschen Eifersucht dort, und Hiroshi würde Miu in einer Woche nach dem ersten Date fragen.

An potentiellen Gespielinnen gab es natürlich noch Remi, die nach Hina auf Soutas Prioritätenliste ganz oben war, Momoko, die noch ein richtiges Mauerblümchen war, aber in einem Jahr ein komplettes Makeover haben würde und so richtig an der Uni aufblühen würde. Und dann war da noch Aoi, die nicht wirklich besonders auf den ersten Blick wirkte, aber ihren ganz eigenen Charme hatte, der einen in den Bann ziehen konnte.

Souta hatte nicht wirklich vor, auch wirklich mit all diesen Mädchen zu schlafen, bevor er mit Midori zusammenkam, aber er fantasierte gerne darüber. Eine schlechte Angewohnheit aus seiner Schulzeit, in die er viel zu schnell wieder verfiel.

Bis zum Nachmittag war noch einiges an Zeit, um sich noch mit ein paar Mädchen gutzustellen. Oder Hiroshi auszuhelfen. Also setzte er sich in der nächsten Pause ungefragt neben Hiroshi und Schwitzkasten. „Ueno, was ist mit dir los" kam die teils verwunderte, teils belustigte Frage.

„Hör zu Mann, du magst doch Miu, oder?" Das leichte erröten Hiroshis Ohren sagte alles. „Du solltest dich echt nicht so anstellen, sonst findet sie noch wen anderen."

Kurz ging ihm der Gedanke in den Kopf, dass er Hiroshi doch gar nicht gut genug kannte, um so vertraut mit ihm zu reden, aber Souta ignorierte den Gedanken einfach.

„Hör auf, einfach nur herumzuträumen und erobere sie wie Napoleon Europ!" Damit wollte er ihm einen Ruck in Mius Richtung geben, aber da sie beide saßen, würde das höchst unelegant aussehen.

Ohne auf irgendeine Reaktion von Hiroshi zu warten stand Souta plötzlich auf. Am anderen Ende der Klasse hatte er gerade beobachtet, wie einer von Remis Sklaven ihr gerade ein Getränk geholt hatte und ihr jetzt übergab. So wie es aussah, hatte sie nicht vor, dafür zu bezahlen. Die Zeit, die er brauchte, um quer durch den Raum zu gelangen reichte aus, um sie ihre Dose öffnen und einen Schluck trinken zu lassen. Gerade als sie ihre Dose mit einem zufriedenem Aahh abgestellt hatte, gelangte Souta an ihrem Tisch an.

Ohne sich um sie zu kümmern sagte er nur „Oh, danke Remi, genau das, worauf ich gerade lust hatte", hob die Dose vom Tisch auf und nahm einen kräftigen Schluck. Obwohl diese Geste als reine Provokation dienen sollte meinte er seine nächsten Worte wirklich ernst. „Ah, herrlich. Es gibt nichts Erfrischenderes, als ab und an eine warme Rote-Süßbohnen-Suppe aus der Dose zu trinken. Danke, dafür, Remi." Das Lächeln, das er ihr schenkte war auch durch und durch echt, obwohl er bewusst nur ihren Vornamen ohne irgendwelche Höflichkeitsformen verwendete.

Man konnte richtig sehen, wie ihre Laune von entspannt über ungläubig bis entsetzt ging, und ihr Kopf langsam hochrot wurde. Sein Verhalten war anscheinend derartig außerhalb ihrer normalen Normen, dass sie nicht wusste, wofür sie ihn als erstes Anfahren sollte.

Sein freches Grinsen machte es natürlich auch nicht besser.

„D..du... dummer Idiot! Warum hast du das gemacht!?" ihre Arme fuchtelten wild herum, während sie ihn anschrie. Gekonnt hüpfte Souta ein, zwei Schritte zurück, um außer ihre Reichweite zu gelangen. Er wusste, sie würde ihn nicht fest schlagen, aber es wäre trotzdem ein unangenehmes Gefühl.

„Tschuldigung, Remi. Ich hatte einfach nur grad richtig Lust auf den Drink." In versöhnlicherem Tonfall sagte er noch dazu „Das nächste Mal lade ich dich einfach auf ein Eis ein, okay?"

Damit wandte er sich um und ging zurück zu seinem Platz, aber nicht, ohne sie vorher nochmals am Kopf zu tätscheln. Ihr Haar war herrlich weich, und ihr leiser Protest ließen ihn darüber fantasieren, wie ihr lustvolles Stöhnen wohl klingen würde.

Schnell entfernte er sich von ihrem Platz um auf andere Gedanken zu kommen. Zu erst war Hina drann, heute am Nachmittag. Langsam einen Schritt vor den anderen setzten sagte Souta streng zu sich selbst.

Second Time AroundWo Geschichten leben. Entdecke jetzt