3. Kapitel

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Kurz bevor die Glocke erklingt, die das Ende der Pause signalisiert, stellt Hyakuya-kun mir die Frage, ob ich ihm heute die Umgebung zeigen könnte. Freundlich sage ich ihm, wenn auch stotternd, zu und wir lassen die letzten Stunden über uns ergehen.

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Nachdem die sechste und gleichzeitig auch letzte Stunde endet, verlassen Hyakuya-san und ich gemeinsam das Schulgelände.

Es ist Ende Frühling heißt der Sommer rückt immer näher. Schade eigentlich, da die - für Japan bekannten - Sakura-Bäume zu dieser Jahreszeit am Schönsten sind.

"Diese pinken Kirschbäume könnte ich stundenlang ansehen", spricht der blondhaarige auch meinen Gedanken laut aus, während er ein zartrosanes Blütenblatt auffängt. Wie in Trance beobachte ich ihn, als ob er ganz weit weg wäre und nicht nur zwei Schritte.
In diesem Moment kann ich nicht anders, als ihn zu bewundern, da er so perfekt mit seiner - hauptsächlich rosafarbenen - Umgebung harmoniert. Und als er mich dann wieder ansieht und frech grinst, steigt mir die Röte ins Gesicht und ich drehe meinen Kopf hastig zur Seite.

Neben mir höre ich meinen Sitznachbarn seufzen und wie er sich mir etwas nähert. Plötzlich fühle ich wie seine Hand mein Ohr streift und ich springe hastig zur Seite.

"Du hast da was im Haar", erklärt er und deutet mit einer Handbewegung an seinen Kopf. Ich mache es ihm nach und fasse mir an die Stelle. Tatsächlich hatte sich dort ein einzelnes Blütenblatt verloren. Augenblicklich schäme ich mich für meine Aktion und murmele ein kaum hörbares "Gomene / Tut mir Leid".
"Ich will dir ja nicht zu nahe treten, aber ... Kann es sein, dass du es nicht magst angefasst zu werden?", versucht Hyakuya-kun mich möglichst vorsichtig und behutsam zu fragen.
Als Antwort nicke ich nur und er scheint zu bemerken, dass dieses Thema mich etwas bedrückt, denn er geht nicht weiter darauf ein.

Stattdessen versucht er das Gespräch in eine fröhlichere Richtung zu lenken.
"Was sind deine Hobbys? Also was machst du gerne in deiner Freizeit?" "N-nichts ... besonderes. L-lernen, Musik hören, sp-spazieren u-und ...", zähle ich auf und stocke abrupt. Natürlich bemerkt Hyakuya-kun es und hackt nach, indem er das letzte Wort fragend wiederholt: " ... und?" " ..Z-zeichnen", bringe ich schlussendlich über meine Lippen. Augenblicklich hellt sich die Mine des braunäugigen auf. "Echt? Cool! Du musst mir mal deine Bilder zeigen!" Dann fügt er noch hinzu: "Im Gegenzug kann ich dir meine zeigen, wobei meine Fotos sind."
"D-das klingt e-echt t-toll!"

Wir verbringen den restlichen Tag damit, dass wir über unsere Hobbys, aber auch andere Sachen reden und uns so besser kennenlernen. Natürlich zeige ich ihm nebenbei die Stadt und versuche ihm hier und da was zu erklären, wenn er etwas nicht versteht. Irgendwann tauschen wir sogar Emailaddressen / Handynummern aus und machen zum krönenden Abschluss ein Selfie zusammen. Dabei meckert Hyakuya-kun mich an, dass ich 'gefälligst' die Haare aus meinem Gesicht wischen solle - was ich natürlich nicht mache. Weshalb er immer wieder versucht, während er ein Foto schießt, meine Frisur zu ruinieren. Dies mit dem Ergebnis von verwackelten Bildern ohne das er mein Haar nur einmal berührt hat, so (un-)konzentriert war er. Trotzdem habe ich Spaß und kichere innerlich vor mich hin.

"Na dann. Wir sehen uns dann morgen in der Schule, ne Kuro-chan?", verabschiedet sich der Blondschopf - am Ende der kleinen Stadtführung - von mir.

Zuerst bin ich etwas überrumpelt, weil er mich plötzlich anders nennt. Doch dann laufe ich leicht rot an - mehr vor(?) Wut als vor Scham - und teile ihm meine Meinung mit:
"Ich hab n-nichts dagegen das d-du mich mit meinen gegebenen Namen ansprichst, a-aber lass das -ch-chan weg!"

Über meine Reaktion lachend, schaut er mich amüsiert an und schlägt einen Kompromiss vor: "Hai hai Kuro-kun. Dafür musst du mich jetzt aber auch bei meinem gegebenen Namen nennen!"

-"O-okay ... K-kaze...-kun?"

"Soll das eine Frage sein?"

Irgendwie schafft Hya-, ähm ich meine Kaze-kun es immer mich in Verlegenheit zu bringen. Wie macht er das ?

"B-bis morgen, i-in der Schule!"

Und diesmal trennen wir uns wirklich und ich gehe mit einem komischen Gefühl nach Hause, wo ich noch schnell was zu Abend esse, bevor ich mich bettfertig mache und relativ schnell einschlafe.

🌇🌆🌃

Pünktlich erklingt mein Wecker, nur um kurz darauf wieder zu verstummen.
Schnell verlasse ich mein warmes Bett, bevor ich es mir anders überlegen kann und schnappe mir meine zweite, frischere Schuluniform. Mit dieser schlürfe ich gähnend zum Bad und ziehe sie an, nachdem ich mich geduscht & anschließend getrocknet habe. Danach putze ich mir die Zähne und bürste mir mein mitternachtsschwarzes Haar. Noch schnell einen prüfenden Blick in den Spiegel - wobei man bei mir nicht viel retten kann - und dann gehe ich in die Küche wo bereits ein zeitungslesender Yukiteru-kun auf einem Stuhl sitzt und nebenbei einen Kaffee trinkt. Als er mich sieht wünscht er mir einen guten Morgen, welchen ich ihm auch wünsche.

Mein anderer WG-Mitbewohner Akira-kun ist nicht da, weil er ein Auslandsjahr in Russland verbringt, von wo aus er mir und Yukiteru-kun immer Postkarten schickt.

Aber viel wichtiger ist ... wie ich ... mein Sandwich belegen soll. Zumindest in diesem Moment.

Nach kurzem Grübeln entscheide ich mich für Schinken mit Salatblättern.
Schnell mache ich mir noch eine heiße Schokolade und trinke sie - nachdem ich sie etwas abkühlen lassen habe - aus und esse dabei mein Sandwich. Direkt nach dem Frühstück gucke ich auf die Uhr und bemerke, dass ich noch ein wenig Zeit habe. Dennoch beschließe ich früher rauszugehen, was Yukiteru-kun ein wenig verwundert. Nichtsdestotrotz verabschiedet er sich von mir und ich lächele ihm zurück.
Mit Schuhen an den Füßen und meiner Schultasche in der rechten Hand verlasse ich die Wohnung und mache mich auf zur Schule.

Auf den Weg dorthin treffe ich - wie am Tag zuvor - auf Hy-, Kaze-kun, welcher mich kurz darauf auch bemerkt und sofort ein Gespräch mit mir anfängt: "Hey Kuro-chan! Warum hast du mir nicht geantwortet oder die Nachricht überhaupt erst gelesen?"
"D-du hast m-mir was geschickt? ... W-warte. Hör auf mich mit -cha, -chan anzusprechen!", rattere ich vor mich hin.
Zum zweiten Mal bringe ich ihn dadurch zum Lachen.
"Haha ... Ja habe ich, Kuro-kun."

"G-gomen. E-entschuldige. Ich habe die N-Nachricht nicht gesehen", gestehe ich während ich mit eine meiner schwarzen Haarsträhnen spiele.

- "Macht nichts. Du hattest mich schon gewarnt, dass du nicht oft an dein Handy gehst. Außerdem ist es besser persönlich miteinander zu reden. Dein Stottern ist dadurch deutlich weniger geworden und es macht mir Spaß mich mit dir zu unterhalten."

Kaze-kuns Meinung bringt Hitze und die dazugehörige Röte in mein Gesicht. Hastig drehe ich mich so von ihm weg, dass er es nicht sieht.
> Das ist das erste Mal, dass es einem gefällt mit mir zu reden.... Auch fällt mir auf, dass Kaze-kun vorher nie etwas über mein Stottern gesagt hat. <

"Danke...", bringe ich stotterfrei über meine Lippen.

Daraufhin nickt Kaze-kun und verkündet: "Gut. Und jetzt lass uns zur Schule gehen, bevor wir wegen Zuspätkommen einen Eintrag oder viel schlimmer noch eine Stunde Nachsitzen kriegen!"

Somit machen wir uns auf den Weg dorthin und schaffen es noch pünktlich anzukommen.

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[ 1203 Wörter ]

Story of a shy boyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt