Im Hexenhaus angekommen führen mich meine Füße direkt ins Bad. Dort stehe ich und starre das Mädchen mir gegenüber an. Ihr Gesicht ist gerötet und von einigen Sommersprossen geziert. Zwei grüne Augen starren mich forsch an während sich ihre Augenbrauen zusammenziehen . Das Gesicht wird von brauen Haaren umrahmt, von denen sich einige ihren Weg aus dem Zopf gesucht haben und nun an ihrer Stirn kleben. Ich streiche sie wieder nach hinten. Danke lieber Spiegel, dass du mich nicht vergessen lässt wie ich aussehe, wäre mir fast passiert. Doch im ersten Moment, dachte ich tatsächlich ich stände einer Fremden gegenüber.
Ich wende mich vom Spiegel ab, ziehe mich aus. Als ich den Duschstrahl anstelle, prasselt das heiße Wasser auf meine verspannte Schulten. Es brennt, aber ich genieße den Schmerz. Das Wasser fließt über meinen Körper und hinterlässt rote Striemen. Ich liebe heißes Wasser. Doch mein Kreislauf sieht das anders. Mir wird schwindelig – super Sache, ehrlich Körper. So beuge ich mich ihm und stelle das Wasser kälter. „Na besser?" erkundige ich mich. Er antwortet mit einer Gänsehaut. Okay das werte ich jetzt mal als besser. Ich seufze. Nach dem ich mir meine Haare gewaschen habe, stelle ich das Wasser wieder ab, wickle ich mich in ein Handtuch und gehen in die Küche, um mir Frühstück zu machen. Mein Magen knurrt. Ich mache mir Pancakes und finde sogar noch Himbeeren im Kühlschrank. Beides stelle ich mir auf ein Tablett und trage es, zusammen mit einer Tasse Pfefferminztee, ins Wohnzimmer auf den Esstisch. Dort finde ich einen Zettel von meiner Tante:
„Guten Morgen Sonnenschein :), ich hoffe du hast gut geschlafen und genießt deinen Morgen. Wie du sicherlich schon bemerkt hast, bin ich nicht da. Ich bin heute früh zum Tempelhofer Feld gefahren. Hab dir doch erzählt, dass ich mich dort immer mit meiner Yoga-Truppe treffe. Hab dir das Auto dagelassen, damit du damit einkaufen fahren kannst, falls du noch was zum Einrichten haben willst. Wir sehen uns um 12 Uhr, oder so. Ingrid"
Bis 12 Uhr habe ich also das Hexenhaus für mich. Ich grinse, da klingt doch nach einem schönen Morgen. Warum meine Tante zum Tempelhofer Feld fährt, obwohl sie einen Wald vor der Nase hat, leuchtet mir zwar nicht ganz ein. Aber das ist ihre Sache.
Mein Blick fällt auf meine nackten Beine, und das sich jedem Moment verabschiedene Handtuch. Vielleicht sollte ich mich vor dem Frühstück doch noch umziehen. Schließlich will ich einen überraschenden+m Besucher nur ungern, mit meinem halbnacktem Körper beglücken. So viel Freundlichkeit muss dann doch nicht sein. Ich springe auf und ziehe mir meinen Pullover von vorher an, zusammen mit einer Jogginghose, die aus dem Koffer gefallen war. Wieder unten angekommen mache ich es mir mit meinem Tablett voll Essen auf dem Sofa gemütlich. Selbstverständlich hat meine Tante keinen Fernseher. So bleibt mir nichts anderes übrig, als nochmals aufzustehen und mir ein Buch von oben zu holen. Zu meinem Glück lese ich recht gerne. Neben der Schule komme ich zwar immer seltener dazu, aber genießen tue ich es dennoch. Ich entscheide mich für meine zerlesene Ausgabe von „The fault in our stars", die ich nun zum sechsten Mal lese. Gott, ich liebe dieses Buch. Komplett versunken in die Geschichte von Gus und Hazel, bemerke ich nicht wie Ingrid heimkehrt.
„Marie?"
Ich zucke zusammen und mir entfährt ein spitzer Schrei. Ein herzhaftes Lachen erklingt.
„Ingrid, du kannst mich doch bitte vorwarnen. Willst du mich umbringen?" Ich starre meine, sich immer noch vor Lachen windende, Tante vorwurfsvoll an.
„Wollt ich doch" gluckst sie. Und da sagt einer Erwachsene seien reif.
„Schatz, ich bin wieder da. Was du so gemacht hast, muss ich dich wohl gar nicht fragen," sie deutet auf mein Buch, „sie ganz so aus als hättest du die ganze Zeit gelesen."
Ich lächle sie an, „stimmt, aber davor war ich noch joggen und schwimmen. Der Wald schreit ja förmlich danach."
Sie lächelt ebenfalls „Fleißig, fleißig meine Nichte. Ja das stimmt, der Wald ist herrlich oder?"
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This girl.
Teen FictionEine neue Stadt. Ein neues Leben. Als Marie vom Schicksal getrieben nach Berlin zu ihrer schrägen Tante zieht will sie nur eins, vergessen. Und so beginnt sie sich, in der großen Stadt, die vor Leben nur so sprudelt, zurechtzufinden. Sie lernt neue...