Zufall oder Bestimmung

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Es regnete in jener Nacht. Auch heute kam es zu einem heftigen Gewitter. Die Regentropfen prasselten von oben auf die Erde hinunter und der Sturm brachte alles in Bewegung. Ich stand gerade mutterseelenallein an der Bushaltestelle und wartete sehnsüchtig auf meinen Bus. Als ein Auto an mir vorbei und durch eine große Pfütze fuhr. Ich stand mal wieder genau an der falschen Stelle und wurde von Kopf bis Fuß nass. Kein Ahnung, ob das jetzt Zufall oder absichtlich war. Das einzige was mir klar war, war dass mir immer solche Sachen passierten. Ich hatte immer Pech, egal ob es um die große Liebe oder gute Noten ging. Ich war immer das arme Schwein, das niemand wollte. So sagt es zumindestens die Leiterin meine Kinderheimes Frau Schiller. Ich bin jetzt schon 15 und noch immer wollte mich keiner. Die Erzieherin, die im Kinderheim arbeitet sagte immer , dass meine Eltern bei einem tragischen Unfall ums Leben gekommen waren, wenn ich sie nach meinen Eltern fragte. Aber das erzählte sie jedem, der was darüber wissen wollte, wo ihre Eltern sind oder wer sie waren. Langsam frage ich garnicht mehr nach ihnen, denn ich habe es satt, dass mir nur Lügen erzählt wurden. Ich kenne jeden Winkel und jeden Raum im Kinderheim und mir war bewusst, dass irgendetwas nicht mit ihnen stimmte. Die Erzieherin Frau Groebel hatte irgendetwas vor und ich wollte wissen was. Jedes Kind, das neu in unser Heim kommt, wird streng erzogen. Lachen, singen, tanzen oder auch nur fröhlich sein war strengstens verboten und für die Neuankömmlinge besonders schwer. Wer gegen diese Regeln verstoß, wird weggebracht und nie wieder gesehen. Mich hat schon immer interessiert, was mit ihnen geschieht, aber ich wollte nicht genauso enden. Die Kuscheltiere und alle Erinnerungen an ihre Eltern werden ihnen weggenommen und verbrannt. Es ist eine grausame Zeit, aber war es denn jemals schön gewesen. Na endlich. Mein Bus hielt und ich konnte einsteigen. Ich warf einen letzten Blick auf meine Uhr und setzte mich dann hin. Der Bus fuhr direkt weiter. An der 3. Haltestelle stieg ich aus. Ich war endlich zu Hause, wenn man das ein zu Hause nennen kann. Völlig durchgenässt und aufgeweicht kam ich an die große alte Haustür und klingelte. Es wurde direkt aufgemacht und ich wurde hineingelassen. Mrs. Schiller kam gerade die Treppe herunter und empfang mich nur unfreiwillig: "Wieso kommst du so spät?" Ich antwortete ihr:" Mein Bus kam zu spät." Sie warf Frau Groebel einen befehlenden Blick zu und sie brachte mich sofort ins Badezimmer. " Du solltest jetzt besser duschen und leg deine nassen Klamotten bitte auf die Heizung. Ich bringe dir sofort neue Klamotten." Ich gehorchte und schloss hinter mir die Tür. Ich zog meine Klamotten aus und stellte mich unter die Dusche. Wie immer eiskalt, doch ich hatte mich daran gewöhnt. Nach 15 Minuten war ich fertig und zog mich an. Es war jetzt schon 17:30 Uhr und Frau Müller rief uns zum Essen. Wir versammelten uns und wurden durchgezählt. " Gut ihr seid komplett. Meine Damen das Mahl ist angerichtet ", sagte sie. Seltsam so vornehm hatte sie sich noch nie
benommen und das sie so nett war ist auch neu. Wir aßen und keiner sagte ein Wort. Nach dem Essen mussten wir alle auf unsere Zimmer und ich machte schnell meine Hausaufgaben. Frau Schiller kontrollierte die Zimmer und wir wurden aufgefordert uns umzuziehen" In 10 Minuten seid ihr fertig und im Bett verstanden? Gute Nacht", sagte sie zum Schluss und verließ den Raum. Kurz bevor sie die Tür schloss sagte sie nochmal:" Ich sagte gute Nacht. " " Gute Nacht Frau Schiller", riefen alle und legten sich schlafen. Nur ich konnte nicht einschlafen. Die ganze Zeit war ich wach und setzte mich hin. Ich holte einen Anhänger unter meinen Kopfkissen hervor und drückte ihn fest an mich. Auf einmal hörte ich Schritte und legte ihn schnell wieder unter mein Kopfkissen. Ich legte mich wieder hin, drehte mich zur Seite und schloss die Augen. Ich hörte nur noch, dass die Tür aufging und wieder schloss, doch dann schlief auch ich ein.

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