4 | Buße

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19:14Uhr am 5. Tag seit der Einweisung

     »So, das wär's dann« sagt Judith zu Garolt.
     »Danke für Alles« sagt Garolt höflich und schaut ihr währenddessen tief in die Augen.
     »Du brauchst mir nicht zu danken Garolt! Das ist mein Job«
     »Trotzdem, ich danke dir«
     »Pass auf dich auf« sagt Judith zu ihm während sie ihn zum Abschied umarmt.
     »Du auch auf dich. Man weiß nie wie krank Menschen sein können, denn sie überraschen uns immer wieder auf's Neue«
     »Aufwiedersehen«
     »Ja, Aufwiedersehen« entgegnet Garolt, dreht sich um und verlässt das SaintHeart-Hospital während Judith zusieht wie er sich langsam immer mehr entfernt.

Da er niemanden hat, der ihn abholen kann, läuft Garolt zu Fuß Nachhause durch die Stadt. Es ist inzwischen dunkel geworden und das Straßenpflaster glänzt im Licht der Laternen, da sich das Licht im Regenwasser spiegelt. Nur wenige Autos fahren auf der Straße entlang und nach einer Weile sieht Garolt eine Gruppe von jungen Erwachsenen, die betrunken auf der Straße rumlaufen.
Garolt kommt ihnen immer näher und erkennt nach wenigen Metern, dass die Gruppe mit einem Obdachlosen spricht, der neben sich einen abgemargerten Golden Retriever liegen hat.
     »Bitte, haben sie etwas Geld für mich? Mein Hund braucht was zu Essen« sagt der Obdachlose zu der Gruppe und kniet sich vor sie hin. Seine Hände zittern weil ihm kalt ist und sein Körper sieht unterernährt aus.
     »Verpiss dich, du stinkst nach Pisse du Penner« sagt einer aus der Gruppe und wendet sich ab.
     »Pass auf man, wenn er dir zu nahe kommt stinkst du auch noch« sagt ein anderer.
Jeder aus der Gruppe lacht ein wenig und dann reißt ein weiterer einen Witz:
     »Der stinkt doch jetzt schon wie Sau, doch dieser Penner übertrifft Alles«
Gelächter breitet sich aus und einer der betrunkenen nimmt dem Obdachlosen plötzlich eine Decke weg, die für den Hund gedacht war und läuft lachend davon. Der Rest der Gruppe folgt diesem und Garolt sieht die gesamte Aktion mit an, tut jedoch nichts außer zuzuschauen weil er Angst hat, da sie in der Überzahl sind.

     ›Scheiß Arschlöcher‹ denkt er sich und beilt die Hände zu Fäusten.
     ›Warum tun Menschen sowas. Er hat doch nichts mehr, wieso nehmen sie ihm noch das bisschen, das er hat?‹
Garolt dreht sich um und geht rasant in den Supermarkt um die Ecke. An der Kasse ist eine dicke Dame, die Garolt beim Betreten ansieht.
     »Wo finde ich hier Hundefutter?« fragt Garolt ohne zu grüßen.
     »Ganz hinten, 3. Reihe« antwortet sie und kehrt ihm den Rücken«
Garolt nimmt eine Packung Hundefutter aus dem Regal und zwei fertige Brötchen zusätzlich aus einem anderen Regal beim Gebäck. Er bezahlt ohne ein Wort zu sagen und geht wieder zu dem Obdachlosen.
     »Bittesehr, Hundefutter für ihren Freund und Brötchen für Sie«
Der Obdachlose kann es nicht glauben und zweifelt zunächst, doch dann nimmt er Garolts Almosen dankbar an, dreht sich zu seinem Hund und gibt ihm was zu essen.
     »Ich bin froh dass es noch nette Menschen gibt« sagt der Obdachlose und dreht sich wieder zu Garolt, doch dieser ist schon längst verschwunden.

Einige Minuten später erreicht Garolt sein Haus und betretet es. Er schaut sich in seiner Wohnung um und merkt wie leer und traurig sie doch aussieht.
Die wenigen Möbel die er besitzt sind schwarz und die Wand schlicht weiß. Fotos sind nirgends zu sehen, die Rolladen sind einen Spalt breit offen, wodurch wenige Lichtstrahlen in die sonst dunkle Wohnung gelangen.

Im Badezimmer liegt ein Messer neben dem Waschbäcken. Auf dem Boden sind getrocknete Blutflecken und der Spiegel ist an einer Faust-großen Stelle komplett zerstört. Blutige Scherben liegen im Waschbecken und das grelle Licht flackert.
     ›Verdammt, ich muss hier noch aufräumen... Ich hätte nicht gegen den Spiegel schlagen sollen. Es war ziemlich dumm zu versuchen mein Spiegelbild zu schlagen, aber es hat den Zweck wenigstens erfüllt und ich konnte das Chaos in mir kurz überblenden durch die Scherben in meiner Hand‹
Garolt holt einen Handfeger und entfernt die Scherben, dabei sieht er das Messer und schaut dann auf die Innenseite seines Oberarmes, welcher übersät mit tiefen Narben ist. Ein Paar von ihnen sind noch rot und relativ frisch, während die anderen eine weiße Farbe besitzen, welche nie wieder verschwinden wird.
Garolt packt das Messer in die Spülmaschine in der Küche und entfernt die Blutflecken auf dem Boden.

Story Of A Murderer Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt