Kapitel 4

44 1 2
                                    

Mein Spiegelbild schaut mich kühl an. Ich komme immer noch nicht darauf klar, dass ich das sein soll. Seit wann sehe ich wohl schon so aus? Wo sind meine hellbraunen Haare hin und was ist aus meinen eisblauen Augen geworden?
Doch was mich am aller meisten wundert ist das Kilian mich erkannt hat, denn ich gehe mal sehr stark davon aus das sich mein Aussehen zusammen mit meinen Klamotten verändert hat.

Ich sitze jetzt schon eine ganze Weile am Ufer des Acheron, doch Kilian ist immer noch nicht da. Irgendwie kommt es mir so vor als ob ich heute die Hälfte des Tages nur auf irgendjemanden gewartet habe.
Nachdem Charon mich in einer dunklen Höhle abgesetzt hat, die voll mit Totenköpfen ist, habe ich mich noch nicht vom Fleck bewegt.

Plötzlich vernehme ich ein Knurren. Augenblicklich steht mein Körper unter Spannung und ich schaue mich panisch um. Ich kann einen großen Schatten, der sich ziemlich flink bewegt, links von mir erkennen.
Wie von der Tarantel gestochen springe ich auf und renne in die entgegengesetzte Richtung. Wie man sehen kann verbringe ich heute die andere Hälfte des Tages damit um mein Leben zu rennen.
Hinter mir höre ich das Tapsen von Pfoten. Anstatt mich umzudrehen laufe ich so schnell ich kann auf die Öffnung, die sich in einer Höhlenwand befindet, zu.
Nun befinde ich mich draußen an der frischen Luft. Der Abend ist bereits angebrochen. Viele Sterne sind am Himmel zu sehen, die ein angenehmes Licht schenken.
Ich renne durch eine Art Garten, bis ich über einen herumliegenden Ast stolpere und im hohen Bogen auf die Nase fliege. Ich weiß das ich ihm jetzt nicht mehr entkommen kann, deswegen kauere ich mich ganz klein zusammen.
Das Knurren von eben wird zu einem metallischen Bellen, doch ich verschließe nur die Augen davor. Ich will dieses Monster vor mir nicht sehen müssen.

"Lass sie durch Cerberus", ertönt eine wohlklingende Stimme. Mit einem Mal verstummt das Bellen.
"Du hast mir rein gar nichts zu sagen, Sohn", dröhnt es direkt vor mir mit kupfrigem Klang.
Vorsichtig öffne ich meine Augen und sehe einen dreiköpfigen Hund vor mir stehen, aber auch einen jungen Mann, der gerade neben uns tritt. Mein Blick bleibt an seinen strahlend blauen Augen hängen. Blonde Strähnen fallen ihm in die Stirn und lassen ihn wie einen kleinen Jungen aussehen, aber wenn man genauer hinschaut sieht man wie gezeichnet dieses hübsche Gesicht ist durch all die Dinge, die er sicherlich schon miterleben musste. Ich würde definitiv nicht mit ihm tauschen wollen.
Obwohl... Wenn ich er wäre, dann würde ich ja nicht um mein Leben bangen müssen.

Der Junge ignoriert das Ungeheuer vollkommen und hockt sich nun neben mich.
"Alles gut bei dir?", fragt er besorgt und legte eine Hand auf meine Wange. Ein Kribbeln durchfährt meinen ganzen Körper und ich bringe nur ein Nicken zustande.
"Komm, ich bringe dich weg von hier", meint er dann und greift nach meiner Hand. Er zieht mich mit sich hoch und will mit mir an dem Angst einflößenden Hund vorbeigehen, doch dieser stellt sich uns in den Weg.
"Caleb, lass sofort von ihr ab. Das hier ist nicht deine Aufgabe, sondern meine!", knurrt er. "Geh mir aus dem Weg Dad, er will sie sehen!"
Cerberus bekommt ganz große Augen und schnaubt dann einmal. "Sie ist doch nur ein Mensch, was sollte er schon von ihr wollen?", fragt er verächtlich.
"Befehl ist Befehl!", gibt Caleb monoton von sich und schiebt ihn mit der freien Hand zur Seite. Während er schnellen Schrittes geht, schleift er mich hinter sich her.
"Blöder Dickkopf", schimpft der junge Mann leise als wir außer Reichweite sind. Ich muss automatisch Schmunzeln.

Plötzlich bleibt er stehen und ich trete ihm ausversehen in die Verse.
"Tut mir leid", entschuldige ich mich sofort bei ihm und senke den Kopf. Eine Hand greift nach meinem Kinn und zwingt mich nach oben zu sehen in seine wunderschönen blaue Augen.
"Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen, es ist alles gut." Ein leichtes Lächeln umspielt seine Lippen. Ich schaue ihn nur sprachlos an.

Verdammt, wie kann man nur so heiß aussehen?

Sein Lächeln wird breiter. Langsam beugt er sich zu mir herunter.
"Du solltest in meiner Gegenwart lieber nicht solche Gedanken haben, denn er kann das alles hören", flüstert er nahe meinem Ohr. Ich bringe keinen Ton heraus, zu sehr stehe ich unter Schock. Auf einmal fühle ich mich peinlich berührt, weil er anscheinend weiß was ich von ihm Denke.
Er streicht mir noch einmal zart über die Wange und haucht dann lieblich: "Ihnen muss das nicht unangenehm sein." Dabei sucht er intensiv meinen Blick.
"Und Sie brauchen mich nicht zu Siezen", antworte ich ohne großartig vorher darüber nachzudenken.
"Sie mich auch nicht, Madame." Er lächelt jungenhaft. Und schon ist es um mich geschehen. Ich vergesse alles um mich herum, genauso wie die Frage nach dem ER...

Götterfluch-The Empire of Hades (Pausiert)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt