Der Protagonist bist nicht du!

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Eigentlich wollte ich ein Kapitel über die Kunst des Streichens schreiben, aber irgendwie bin ich wieder bei den Charakteren gelandet. 

Tut mir leid, wenn die Kapitel etwas durcheinander gewürfelt sind. Ich schreibe immer über das, was mich selbst gerade beschäftigt. 

Ich weiß noch wie ich mit dem Schreiben angefangen habe. Mein Freund meinte damals, obwohl er selbst nicht schreibt: Deine Figuren müssen lebendig sein. Rowling weiß alles über ihre Figuren, auch Dinge, die im Roman nicht vorkommen. 

Damals dachte ich nur: Ja, ja, das geht schnell. Ich habe zwei Seiten über meine Charaktere geschrieben und dachte, das würde genügen. 

Aber es reicht eben nicht. Zumindest nicht, wenn du dir während des Romanschreibens keine weiteren Notizen machst. 

Ich kann nur immer wieder betonen, wie wichtig die Charakterentwicklung ist. Ganz egal, wie man seine Charaktere kennenlernt, durch einen Charakterbogen, durch die Handlung, oder beides, gewisse Punkte müssen wir uns im Hinterkopf behalten:

- Dein Charakter ist ein Mensch. Kein Mensch ist perfekt. Jeder Mensch hat Fehler. 

- Keiner ist einfach nur selbstlos. Jeder hat Bedürfnisse, jeder wünscht sich etwas, jeder verspricht sich etwas vom Leben, jeder hat Erwartungen
- Auch dein Charakter hat Ängste und Zweifel. 
- Es gibt keine Helden, die einfach nur aus dem Zweck heroisch sind, heroisch zu sein. Lass deinen Charakter Mensch sein und heldenhaftes tun, um Mensch zu bleiben.
(Dieser Satz steht so ähnlich im Schreibratgeber vonStephen Waldscheidt, den ich euch schon im Kapitel "Spannende Dialoge" empfohlen habe )
- Und, und das ist ganz wichtig, du bist nicht dein Charakter! Klar, in jeder Figur wirst du einen Teil von dir wiederfinden, schließlich legen wie unser Herzblut in unsere Zeilen und sind die Erschaffer. Aber ich denke, es ist wichtig eine Grenze zu ziehen.

Immer wieder höre ich von Menschen, die dabei sind, eine Geschichte zu schreiben, dass sie sich eigentlich nie wirklich Gedanken über die Charaktere machen. Sie hätten ein Gespür für sie. 
Nur leider ist es ganz oft so, dass dem Protagonisten einfach der Charakter des Schreibers verpasst wird.

Heißt; die Figur handelt, wie der Schreiber handeln würde. 

Diese - ich nenne es mal - Methode, finde ich aus gleich drei Gründen sehr fragwürdig. 

1. Es gibt keine Grenze mehr. Alles verschwimmt zu einem einzigen, ewig langen Gedankengang ohne Abwechslung. (Meist schreiben solche Autoren auch noch aus der Ich-Perspektive) Autobiographien sind da wieder etwas anderes. 

2. Was passiert mit den anderen Charakteren? Diese bleiben blass, oder handeln eben auch so wie das der Schreiber gerne hätte. Außerdem wird es irgendwann langweilig, wenn die Protagonisten immer wie man selbst handelt. 
3. Meist sind diese Figuren eben nur billige Kopien des Autors. Man ist ja selbst nicht in der Situation und zu viel Preis geben, will man schließlich nicht. 

Manchmal macht es mich wütend, wenn ich ein Buch aufschlage, dass in der Ich-Perspektive geschrieben wurde und man merkt sofort, wie wenig Liebe dahinter steckt. Wie leblos die Figuren spätestens nach den ersten hundert Seiten werden. Und das sind genau die Bücher, um die ein riesen Hype gemacht wird - ich glaube, das wird mein nächstes Kapitel. 

Wie uns manche Bücher lehren wie wir es NICHT machen sollten und wie oberflächliche Lektüre, die Leser verblöden. 

Dreidimensionale Figuren - das bedeutet, es geht bis tief in die Seele. Das bedeutet, man nimmt den Charakter mit allem, was er hat.
Dreidimensionale Figuren sind vieles, aber sicher keine billigen Kopien deiner selbst.


Noch schnell ein kleiner Nachtrag:

http://www.schriftsteller-werden.de/charakterentwicklung/charaktere-erschaffen/ 
Das ist gold wert.
Der Blog ist generell ziemlich gut. 

Der etwas andere SchreibratgeberWo Geschichten leben. Entdecke jetzt