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Mit einem Ruck drehte ich mich um und warf den Teller an die Wand. Er zerbrach in tausende Scherben, wie mein Herz zuvor auch.
Meine Lippen waren zu einer einzigen Linie zusammengekniffen und ich spürte die heißen Tränen in meinem Gesicht.
"Lass mich einfach in Ruhe. Bitte", stieß ich hervor.
Er trat an mich heran, wobei ich bei jedem Schritt, den er auf mich zu machte, einen zurück ging. Ich sah in seinen Augen dass er traurig und verletzt war, als ich mit dem Rücken gegen die Wand stieß und ihn immer noch abwehrte.
"Was ist denn los. Hey, rede mit mir", flüsterte er.
Ich schwieg nur, ließ zu das er mir die Tränen von der Wange wischte und den Arm um mich legte.
"Shh. Hör auf zu weinen Kleine."
"Ich kann nicht. Ich kann das nicht mehr", erwiderte ich unter Schluchzen.
"Was denn?" Er runzelte die Stirn.
"Meine Gefühle machen mich fertig."
Ich sah die Frage in seinen Augen, als er erneut die Stirn runzelte und sich eine Strähne seines Ponys aus dem Gesicht pustete.
"Ich weiß nicht, wie ich es erklären soll. Ich hab' das Gefühl, ich habe keine Gefühle." Der Sarkasmus in meiner Stimme war deutlich zu hören als ich das sagte, aber gleichzeitig auch die tiefe Traurigkeit.
"Ich, ich bin immer so...leer. Das ist einfach nix.
Okay, oft ist da Traurigkeit. Und Enttäuschung, Angst. Nervosität, Eifersucht. Panik. Natürlich, natürlich, sowas fühle ich." Ich lachte bitter auf.
"Aber was ist mit Liebe? Glück? Weißt du, selbst bei dir. Ich liebe dich, aber ich fühle es nicht. Ich weiß nicht, ob du verstehst, wie ich es meine."
Er schwieg nur, was ich als Zeichen sah, weiterzureden.
"Sag", ich lächelte traurig. "Was fühlst du wenn du mich siehst? Wenn du mich berührst? Wenn du Zeit mit mir verbringst?"
"Glück."
Ich fing wieder an zu weinen. "Ich kenn' das nicht....Bei mir ist da einfach nur...Leere. Ja okay, manchmal wenn wir zusammen hier liegen, ich in deinen Armen, da ist da auch irgendwie...Zufriedenheit oder so. Und wenn ich dich sehe bin ich glücklich, aber das hält nur so kurz an. Es ist so schnell wieder weg." Ich sah auf den Boden und seufzte. "Ich will das nicht mehr. Ich will fühlen, wie normale Menschen. Glücklich sein, verliebt sein. Ich will diese Leere nicht. Diese traurige Leere." Meine Schultern zitterten. "Ich will leben", flüsterte ich.
Ich sah, dass ich ihn verletzt hatte, aber ich konnte es nicht in andere Worte fassen.
"Ich hab' doch gesagt, ich hab' dich nicht verdient."
Mit diesen Worten ging ich und widerstand dem Drang, mich noch einmal umzudrehen. Ich durfte es nicht, ich musste ihn hinter mir lassen.
Er hatte es nicht verdient, immer für mich und meine Liebe kämpfen zu müssen, obwohl ich die ihm nicht mal so richtig geben konnte.
Vielleicht musste ich gehen.
"Thea!" Seine Stimme klang kratzig, verweint, als er mir hinterherrief.
Er stürzte die paar Schritte auf mich zu und umarmte mich.
"Ich hab' doch schon gesagt, ich brauche dich", flüsterte er in meine Haare. Es wirkte nicht, als würde er mich wieder loslassen wollen, weshalb ich meine Arme ebenfalls um ihn legte und die Umarmung für einen kleinen Moment zuließ.
"Obwohl es dich umbringt", fragte ich leise.
"Ja obwohl du mich umbringst."

MitternachtsblauWo Geschichten leben. Entdecke jetzt