1 Dreams and Memories

982 64 3
                                    





1 Dreams and Memories


Ich befinde mich auf der Wonder, das Schaukeln des Schiffes hat mich soeben in den Schlaf gewiegt. Ich weiß, dass ich träume, doch es fühlt sich so unglaublich real an.

Ich laufe durch einen Wald, höre das leise Wispern der Blätter, spüre einen Windhauch im Gesicht. Oder war es doch die Grinsekatze, die sich, sobald ihre Pfoten mich gestreift haben, wieder in Luft aufgelöst hat? Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass ich zurück bin. Endlich, nach so langer Zeit. Es fühlt sich unglaublich gut an. Tief atme ich den Geruch ein... Erde, Wald, Wind... Wunderland.

Ich setze meinen Weg durch den Wald fort, weiß genau, wo ich mich befinde. Unmerklich beschleunige ich meine Schritte. Bald würde sich der Wald lichten, die Bäume würden mir den Blick auf einen gedeckten Tisch freigeben... an dem er sitzen würde, wo er auf mich warten würde.

Ich lief schneller, ranntest fast. Es war nicht mehr weit, bald...

„Alice!" Ich hörte meinen Namen, schreckte aus dem Schlaf. Im Halbdunkel meiner Kajüte sah ich meinen engsten Vertrauten James vor mir stehen. Um Fassung ringend – wie immer nach dieser Art von Traum – sah ich ihn an. „Was gibt es, James?" „Entschuldigung, dass ich Sie wecke, aber soeben ist ein Brief von ihrer Mutter angekommen... mit einem Zettel, Sie sollen ihn unverzüglich öffnen." Er reichte mir den Brief.

Angst fuhr durch meinen Körper, als ich ihn öffnete. Das war nicht die Schrift meiner Mutter, sondern die von Alfred, unserem Butler. Was war bloß geschehen? „Danke, James. Sie können jetzt gehen", wand ich mich mit leiser Stimme an meinen ersten Offizier. „Wie Sie wünschen, Kapitän."

Die Tür fiel ins Schloss, endlich Ruhe. Ich las den Brief, erst einmal, dann ein zweites Mal. Ich wollte ihn gerade zum dritten Mal lesen, mich davon überzeugen, dass ich auch nichts falsch verstanden hatte, als ich bemerkte wie Tränen meine Wangen hinunterrollten, auf das Papier tropften und die Tinte verwischten. Schnell legte ich den Brief außer Reichweite.

Nein, ich hatte nichts falsch verstanden. Meine Mutter war krank, schwebte vielleicht in Lebensgefahr. Wir mussten sofort nach Hause.

Ich trocknete meine Tränen, zog mir einen Mantel über und trat an Deck. Der Morgen graute bereits, die meisten der Männer waren schon wach. Unglauben zeichnete sich auf ihren Gesichtern ab, als ich verkündete, wir müssten binnen einer Woche in London sein. „Aber Kapitän, das ist unmöglich", sprach James aus, was alle anderen dachten. Ich drehte mich zu ihm. „Sie müssten eigentlich wissen, wie ich zu diesem Wort stehe." Dann wand ich mich an die gesamte Mannschaft. „Volle Segel und Kurs auf London. Worauf wartet ihr noch?"

Und tatsächlich: sieben Tage später sah ich den Hafen meiner geliebten Stadt vor mir. Doch meine Gedanken weilten nicht in dieser Welt. Ich hatte wieder diesen Traum... immer war es der selbe, fast jede Nacht lief ich durch Unterland, doch kurz bevor ich den Hutmacher oder einen meiner anderen Freunde wiedersah wachte ich auf.

Seit ich Wunderland vor drei Jahren verlassen hatte, träumte ich oft davon. In der ersten Zeit waren es Erinnerungen, die an mir vorüberzogen. Dann hatte ich mir meine Haare kurz schneiden lassen, und die Träume haben aufgehört. Doch vor gut einem Jahr waren sie zurückgekehrt, so plötzlich wie ein Sommerregen. Doch diese hier waren anders, es waren keine Erinnerungen aus vergangenen Zeiten, es fühlte sich so real an. Dennoch stach ich wieder mit der Wonder und meiner Mannschaft in See, in der Hoffnung, die Träume hinter mir lassen zu können. Doch selbst auf den Meer verfolgten sie mich.

„Kapitän? Alice??" James Stimme riss mich – wie so oft in letzter Zeit – aus meinen Gedanken. „Ja", erwiderte ich zerstreut. „Wir haben gerade angelegt. Wollten Sie nicht so schnell wie möglich zu ihrer Mutter?" Erst jetzt realisierte ich, dass das Schiff nur noch leicht schaukelte. Mit plötzlicher Heftigkeit drangen die Geräusche des Hafens an meine Ohren. Ich zuckte zusammen. „Natürlich. Könnten Sie mir helfen, meine Sachen abzuladen?" „Ist alles schon passiert. Ihre Kutsche wartet unten." „Danke." Ich schenkte ihm ein strahlendes Lächeln und rannte von Bord. „Wir sehen uns morgen, zur Besprechung", rief ich ihm noch zu, bevor in die Kutsche stieg.



-----------------------------------------------------------------------------------------------


Das Titelbild der Geschichte ist ein Bild aus dem Film "Alice im Wunderland" und die Rechte liegen allein bei den Machern des Films, ich verdiene kein Geld damit. Die Schrift auf dem Bild habe ich selbst hinzugefügt.

Alice and the Mad HatterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt