Prolog

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Vor sechzehn Jahren

Es war eine kalte, stürmische Gewitternacht, in der die Frau an der Treppe, die zur Tür des Waisenhauses führte, ankam. In ihren Armen lag ein schreiendes Kind, das zitterte, vor Kälte schon blaue Lippen hatte. Es lag in eine kleine Decke gehüllt, doch diese wärmte das Kind nicht genug, denn es war für eine Märznacht sehr kalt. Womöglich war das Kind aber auch so beunruhigt, weil es die Unruhe dessen Mutter spürte, denn sie hatte Angst vor dem, was jetzt kommen würde.

Sie wollte das nicht tun, doch sie musste es. Sie hatte keine andere Wahl. Er würde sie erneut finden und womöglich könnte sie ihm kein zweites Mal entkommen. Somit würde sie ihre schöne Tochter nur noch mehr in Gefahr bringen und das wollte sie nicht. Alleine der Gedanke daran, dass ihr etwas passieren könnte, ließ einen Schauder über ihren Rücken laufen, denn sie liebte ihre Tochter so sehr. Doch genau deshalb musste sie es tun.

Die Frau schaute sich kurz in der Umgebung um, bevor sie mit zitternden Händen an der Tür des Waisenhauses klopfte. Die Straßen waren verlassen und leer, nur eine Katze huschte in einer der Gassen davon. Der Regen prasselte auf den Boden, es schüttete so stark, dass die Gassen bereits aussahen, wie Flüsse.

Das Waisenhaus war nicht besonders groß, aber dennoch das Beste, welches sie in der kleinen Stadt, Baden-Baden, die im Süden Deutschlands in der Nähe des Rheines lag, finden konnte. Auf jeden Fall könnte ihre Tochter hier eine stressfreie Kindheit verbringen und das war das, was zählte.

Eine kurvige Frau öffnete die Tür des Waisenhauses. Man sah ihr an, dass sie soeben noch geschlafen hatte, denn sie trug einen Morgenmantel und hatte verschlafene Augen. Es war Frau Müller, die Frau, die das Waisenhaus leitete.

Als Frau Müller die Frau mit den stechend grünen Augen und den langen, dunkelbraunen Haaren, die in einen unordentlichen Dutt gebunden waren, sah, war sie zunächst verwirrt. Vor allem das schreiende Baby ließ viele Fragen in ihrem Kopf hochsteigen. Wenn sie Kinder in ihr Waisenhaus aufnehmen sollte, dann kamen diese entweder direkt aus dem Krankenhaus, weil die Eltern sie nicht wollten, oder die Eltern waren kürzlich verstorben. Auf jeden Fall geschah dies niemals um drei Uhr nachts, während es gewitterte.

,,Bitte", flehte die Frau mit dem Kind in ihren Armen. ,,Sie müssen sie aufnehmen." Mit Tränen in den Augen schaute die Frau Elisa Müller an. Die Braunhaarige tat ihr Leid. Es war zwar durchaus so, dass viele Kinder des Waisenhauses Frau Müller nicht mochten, weil sie zu streng war, doch Elisa Müller liebte Kinder. Sie war eine pflichtbewusste und barmherzige ältere Dame, die ihren Beruf und jedes einzelne ihrer Kinder im Waisenhaus liebte.

Deswegen sagte sie zu der Frau mit weicher Stimme: ,,Kommen Sie doch erstmal rein."

Doch die Frau schüttelte bedauernd den Kopf, während sie versuchte, das Kind zu beruhigen, indem sie es hin und her wippte. ,,Es tut mir Leid, ich habe keine Zeit. Ihr Name ist Felicia Dumont." In der Stimme der Frau lag etwas Trauriges, dennoch Liebe, so etwas hatte Frau Müller noch nie gesehen.

,,Haben Sie denn nicht die Geburtsurkunde? Oder andere wichtige Papiere?", fragte Frau Müller durch das Geschrei des Babys, das inzwischen aber immer weniger wurde. Genauer gesagt verstummte das Mädchen, hustete noch etwas und fiel schließlich in einen unruhigen Schlaf.

Die Mutter des Kindes fasste mit ihrer rechten Hand in ihre Tasche, in der Linken hielt sie schließlich das Baby. Sie zog ein paar Papiere, zu denen Geburtsurkunde und weiteres gehörten aus besagter Tasche und reichte sie Frau Müller. ,,Hier steht alles drauf. Bitte, geben Sie Acht auf sie. Sie ist alles, was ich habe, ich möchte nicht auch noch sie verlieren." Die Tränen strömten aus den Augen der Mutter, als sie ihr geliebtes Kind Frau Müller übergab.

Frau Müller konnte der Frau nicht versprechen, dass sie auf das Mädchen aufpassen könnte, denn Unfälle geschahen immer wieder, so etwas konnte man nicht verhindern. Doch die Frau ihrer Gegenüber tat ihr so leid, deswegen entgegnete sie ihr, während sie vorsichtig das zierliche Mädchen in die Arme nahm: ,,Ich gebe mein Bestes."

Daraufhin nickte die Frau mit den grünen Augen und verschwand so schnell in der dunklen Gewitternacht, dass Frau Müller sich nicht einmal verabschieden konnte. Kurz danach blitze es und das Kind zuckte leicht zusammen.

Sich weiterhin über diese seltsame Übergabe eines Kindes wundernd, schloss Frau Müller die Tür hinter sich.

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Das war's auch schon mit dem Prolog, ich hoffe, er konnte etwas Interesse bei euch wecken. Falls ihr euch wundert, ich habe dieses Mal einen anderen Erzähler verwendet, doch nach dem Prolog  werde wieder in der Ich-Form schreiben. Es würde mich sehr freuen, wenn ihr etwas Feedback hinterlassen könntet, denn das ist schließlich mein erstes Buch, das etwas komplizierter ist, dementsprechend bin ich noch etwas unsicher. Liebe Grüße,

Eure Anna <3

E.A.T.E.R. - Die FassadeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt