Kapitel 15*

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Kapitel 15

Shade

Leise knistert das Feuer vor sich hin. Unterdessen bin ich wieder zurück bei den Schlafplätzen. Vorerst waren wir damit beschäftigt, die Verwundeten zu versorgen. Ich habe mich nur kurz dort aufgehalten, um meinen Arm verbinden zu lassen. Was ich brauchte, war Ruhe und Wärme. Nach der Schlacht fiel mir erst wieder auf, wie kalt es ist. Die Tatsache, dass ich vom Regen völlig durchnässt war, machte das Ganze nur schlimmer. Ich halte meine Hände näher ans Feuer. Der Regen hat aufgehört und die Wolken verziehen sich langsam. Noch ist kein Tageslicht zu sehen, aber ich schätze, dass der Morgen nicht mehr weit entfernt ist. Dann werden wir das wirkliche Ausmass des Kampfes sehen. Ich gähne. Wie Lust ich jetzt hätte mich wieder in meiner Hängematte einzukuscheln und zu schlafen, doch daran ist nicht zu denken. Ich sollte zuerst dafür sorgen, dass hier wieder alles rund läuft. Auch lassen mich die Worte des ehemaligen Dorfverwalters nicht in Ruhe. Jedes Mal, wenn man langsam anfängt zu vergessen, muss man wieder an dieses Ereignis erinnert werden. Wie soll es so Frieden zwischen uns geben?

"Ich bin dir überlegen, sieh es endlich ein."

Ich erkenne, wie Max und Ramon auf mich zukommen. Max macht einen müden und genervten Eindruck, während Ramon wach und voller Leben ist. Max stellt sich neben mich und raunt mir ins Ohr: "Erlöst mich von diesem Grossmaul."

"Was macht er denn?", frage ich zurück.

"Er will Max nur beweisen, wer der bessere Kämpfer von uns beiden ist", mischt sich Ramon ein.

Max verdreht nur die Augen.

"Du bist vielleicht der bessere Kämpfer", kontert er, "dafür überlegst du zu wenig."

Die beiden argumentieren ständig, wer der bessere von beiden ist. Eigentlich lässt sich Max nicht auf solche Diskussionen ein, aber bei Ramon ist das anders. Seit seiner Ausbildung war Ramon ein harter Brocken. Wie ich, liess er sich nichts vorschreiben und handelte lieber auf eigene Faust. Das war einer der Gründe, warum Ramon und ich uns so gut verstehen: Wir waren beide wild und ungezähmt. Das hat es Max als Ausbilder ziemlich schwer gemacht, vor allem, wenn er es mit uns beiden zutun hatte. Einmal soll Max Ramon gesagt haben, dass er es, aufgrund seines Verhaltens, nie weiter als zum gewöhnlichen Krieger schaffen würde. Doch es kam anders. Seiner Selbstständigkeit wegen wurde Ramon zum Truppenführer ernannt, womit Max im Unrecht lag und das ist es, was Ramon ihm versucht zu beweisen. Er kann mehr, als man ihm zutraut.

"Wie ist es bei euch gelaufen?", frage ich die beiden.

"War ein Kinderspiel. Wir waren ihnen so überlegen, dass sie nach kurzer Zeit schon aufgegeben haben", berichtet mir Ramon voller Stolz.

"Konnte jemand in den Wald flüchten?"

Sie wechseln einen Blick und Max beginnt schadenfreudig zu grinsen.

"Was gibt es da zu lachen?", wende ich mich an Max.

"Keine Sorge Gebieterin, niemand konnte entwischen", entgegnet er, "nur: Hätten wir Ramons Überheblichkeit vertraut, wären zwei Männer in den Wald geflüchtet."

Finster blickt Ramon zu Max herüber, was ihn aber kalt lässt.

"Bist du dir sicher, dass keiner entkommen konnte?", hacke ich nach.

Max antwortet: "Es könnte möglich sein, aber die Chance ist sehr klein."

Von der Antwort lasse ich mich beruhigen.

"Das war aber auch das einzige, was du geschafft hast", beginnt Ramon die Diskussion von Neuem.

"Hast du nicht irgendetwas zu tun?", gibt Max genervt zurück.

Die Elemente des Lebens - Die VergangenheitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt