- Kapitel 2 -

40 4 2
                                    

Ich sorgte dafür, dass meine Stimme einen genervten Befehlston annahm, doch mein Informant blieb gelassen.

"Das ...", Jii steckte das Geldstück in seine Gürteltasche. "...ist der Ausgleich für deine Lüge. Wenn du mehr willst, musst du mehr zahlen." 

Ich sah ein, dass es sinnlos war. Jii wusste anscheinend, dass mir nicht mehr als fünf Minuten blieben, bis dahin musste ich hier weg ein. Zwei weitere Münzen fielen in die fahle, gebräunte Hand.

"Kázem hat nicht gelogen, mein Freund. Du musst es wirklich eilig haben."

"Es wäre auch so, wenn hier nicht gewisse Blutsauger meine kostbare Zeit stehlen!", entgegnete ich.

Jii's Gesicht zog eine seltsame Fratze. 

"Gehe nach Westen. Etwa einen halben Tagesmarsch von hier liegt die nächste größere Stadt. Sie heißt Shilmon. In der Stadt gibt es einen großen See, aus dem die relativ friedliche Bevölkerung Wasser schöpft. Wächter kontrollieren genau, wie viel Wasser man sich nehmen darf. Frage bei den Wächtern nach einer gewissen Sylmia. Ich kenne sie gut, sie ist gewitzt, kampferfahren und weiß viel über Kazooko, die Städte und Stämme hier. Auf deiner mysteriösen Reise könnte sie deine wichtigste Verbündete sein."

Und wahrscheinlich auch für die Begleitung ordentlich Geld verlangen., dachte ich grimmig.

"Wir werden sehen, ob ich überhaupt Verbündete brauche, die mit mir gehen... "

"Doch du musst wissen, dass es bei Shilmon ganz in der Nä-...",

Jii sprach nicht weiter. Ansatzlos zog ich mein Messer aus dem Gürtel und warf es dem Schatten hinter Jii in die Brust.

Jii zuckte schwer zusammen, aber er schrie nicht. Stattdessen dreht er sich um, zückte seinen Säbel und sah mit an, wie ein schmaler, in eine schwarze, lange Kutte gehüllter Mann seine kleine Armbrust fallen ließ... und ungläubig auf die Klinge in seinem Herzen starrte. 

Dann sackten seine Knie unter ihm weg, sein Körperschwerpunkt glitt nach vorne und er fiel schreiend das 5-Meter hohe Flachdach des Nebengebäudes auf den festgestampften Boden. Bewegungslos blieb er liegen. 

Ich zog mein Kurzschwert aus der Schwertscheide. Mein Informant und rückten zusammen und sahen uns blitzschnell nach weiteren Angreifern um. Auf der Hausmauer? Nichts. Auf dem Dach der Herberge? Auch nichts. Irgendwo das typisch blaue Feld einer Magiebombe? Ebenfalls nicht zu sehen. Das blitzschnelle Überprüfen einer fremden Umgebung ist mir inzwischen schon in Fleisch und Blut übergelaufen.

 Ich schloss kurz die Augen und konzentrierte meine Sinne auf ungewohnte Geräusche, das Klicken eines Gewehres oder das Einspannen eines Pfeiles in die Bogensehne etwa. Der stärkste Feind muss nicht immer der schlimmste Feind sein. Ein unsichtbarer Feind kann dich schneller töten als jeder Berserker., hatte Martin, mein alter Trainer immer gesagt. 

Doch bis auf das leise Stöhnen des Assassinen neben uns war es ruhig. Nur die typischen Händlerrufe und das Tratschen der Bevölkerung konnte man von der Hauptstraße hören. Ich spürte, wie Jii sich etwas beruhigte. 

Ich dagegen blieb in Alarmbereitschaft. War darauf gefasst, mit einem Ruck auszuweichen, falls ein weiterer Schütze nun um die Ecke käme. Jii setzte sich in Bewegung.

Offenbar hielt er die Situation für sicher. Ich hörte ihn in Taschen wühlen, ging langsam rückwärts in seine Richtung. "Räuber.", hörte ich ihn sagen. 

"Jung, etwa 20 Jahre, Narben am Gesicht und an den Armen. Gehört zu keiner Gruppierung in Puroschkko. Ein Einzelgänger."

Ich steckte mein Schwert wieder zurück und drehte mich zu Jii um.

"Was hat er bei sich?", meine Stimme war angespannt.

Der Amhios-Krieger beförderte einen kleinen Beutel mit Münzen darin aus der Tasche der Kutte. Natürlich steckte er sich die Beute sofort ein. Aber das war in Ordnung. Erstens war man als Reisender, so wie ich, mit zu viel Geld immer ein begehrtes Ziel für Räuber und Betrüger.

Zweitens würde mich Jii, sollte ich ihm die Beute streitigmachen, mich bestimmt bei seinem Clan anschwärzen. Und da ich von den Amhios in gewisser Weise abhängig war, ließ ich ihm die insgesamt 23 Geldstücke.

"Sonst noch was?",

fragte ich überflüssigerweise, obwohl ich wusste, das Typen wie Jii sich natürlich noch die Kleidung ihrer Opfer sowie die Schuhe mitnehmen würden. Klar. 

Mit neuen Sandalen, einer zum Paket zusammengefaltenen Kutte und einer Armbrust über der Schulter wollte sich der bis über beide Ohren strahlende Jii verabschieden. Doch ich sagte schnell:

"Du... du wolltest noch was sagen. Bevor dieser Typ kam."

Halb erwartete ich, dass der Mann nun nochmal Geld für diese Information verlangen würde, aber er wollte sein Glück nicht überstrapazieren. Gute Entscheidung. 

"Um Shilmon herum gibt es insgesamt zwei mittelgroße Stämme, natürlich mit der Stadt verfeindet. Es kommt nicht selten vor, dass sie mal den See überfallen und Wasser von dort stehlen wollen. Hüte dich vor ihnen und misch dich nicht in die Konflikte ein. Und gehe immer tagsüber! Sie stellen dann weniger Späher in der Wüste auf!".

Ich nickte, während ich mein Messer aus der mageren Brust des toten Räubers herauszog.

SandgeiselWhere stories live. Discover now