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Harry, zwei Wochen später

"Dad?"
Verwundert hob ich den Kopf. Mein kleiner Wirbelwind Allie stand in der Tür zu meinem Arbeitszimmer.
Ihre eh schon verwuschelten Haare standen regelrecht von ihrem Kopf ab und ich konnte ihre Augenringe bis hier her sehen.
"Allie, was ist los?", fragte ich sofort.
Sie fuhr sich durchs Gesicht. "Ich weiß es nicht", murmelte sie. "Ich schätze einfach, ich vermisse Ethan."
Ethan McGee war Allies langjähriger Freund. Es hatte uns alle überrascht, als wir durch die Nachrichten mitbekamen, dass er sich mit einer Rachel irgendwas traf. Allie war natürlich sofort nach London geflogen und hatte ihn prompt mit seinem neuen Betthäschen in ihrem gemeinsamen Bett erwischt.
Danach hatte sie sich zwei Wochen Urlaub genommen und nun war sie bei uns.
Ich stand auf und nahm sie in die Arme.
Sie drückte ihr Gesicht an meine Schulter und klammerte sich an mich.
Es fühlte sich fast so an, als würde ich in der Zeit zurückreisen.
Allie war wieder sieben und hatte mich aus dem Bett geschmissen, weil sie einen Albtraum gehabt hatte. Sie hatte sich damals wie ein Koala an mich geklammert und ich durfte sie auf keinen Fall loslassen.
Beinahe schon automatisch bewegte ich mich aus meinem Büro und drei Räume weiter in Allies altes Zimmer, dass sie auch jetzt bewohnte.
Allie schlief an meiner Schulter ein und so wie früher legte ich mich zu ihr.

Ich wurde wach, weil mich etwas blendete. So schnell wie es gekommen war, verschwand das Licht auch wieder.
"Was zur Hölle...?", murmelte ich verschlafen und hob den Kopf.
Meine Frau stand vor dem Bett und hielt ein Handy in der Hand. "Sorry, aber ich konnte nicht widerstehen. Ihr saht zu süß aus."
Sie tippte auf dem Bildschirm herum und kurz danach hielt sie mir das Bild unter die Nase. Sie hatte es auf Instagram gepostet und mich und Allie verlinkt. Allie erkannte man nicht, sie hatte sich in der Nacht wohl unter der Decke vergraben. Ich dagegen lag direkt vor der Linse, mit geachlossenen Augen und einem entspannten Gesichtsausdruck.
"Ich wollte euch eigentlich sagen, dass es Frühstück gibt", kam T dann auf den Punkt.
"Ich will aber schlafen", motzte Allie, durch die Decke gedämpft. "Und ich will kuscheln und Eis in mich reinstopfen."
Notdürftig strich sie ihre schwarzen Haare aus der Stirn.
"Ach Allie-Maus, Ethan verdient dich nicht."
Sie schmollte und verschränkte die Arme.
In dieser Haltung erinnerte sie mich sehr an Thalia.
"Oh nein, komm mir jetzt nicht so, Fräulein", drohte sie.
Belustigt und die Arme hinter dem Kopf verschränkt beobachtete ich zwei meiner drei Lieblingsfrauen.
Allie schmollte noch immer und hatte ihren Sarkasmus ausgepackte, den sie immer nutzte, wenn sie sauer, wütend oder verletzt war. Ich glaube jedoch nicht, dass sie sich dessen bewusst war.
T war eigentlich immer locker. Mit ihr konnte man verhandeln, aber wenn sie wütend war, dann sollte man sie besser nicht noch mehr reizen und schnellstens das Weite suchen oder sie beruhigen.
"Mum", quengelte Allie wie ein kleines Kind. "Erinner mich nicht an dieses Arschloch!"
"Wenn du jemals über ihn hinwegkommen willst, dann solltest du seinen Namen hören können, ohne zu schmollen und nach Eis zu verlangen", widersprach Thalia.
Seufzend stand ich auf. Ich hatte nicht wirklich Lust, ihnen beim Diskutieren zuzuhören. "Ich bin dann mal unten essen", sagte ich schnell und huschte aus dem Zimmer.
Doch bevor ich mich nach unten bewegen konnte, hörte ich mein Handy aus dem Büro klingeln.
Als ich den Namen Louis, the best Bro in the world auf dem Bildschirm las, realisierte ich zwei Dinge. Erstens, irgendwer war an meinem Handy gewesen und hatte Louis umgespeichert. Zweitens sollte ich vielleicht mal abnehmen, bevor Louis mich anschnauzte, denn das konnte er wirklich perfekt.
"Hey Lou, schön dass du anrufst", begrüßte ich ihn.
"Ich habe schon ewig lang probiert, dich anzurufen, Harold", motzte Lou. "Freddie, glaub bloß nicht, ich hätte nicht bemerkt, dass du erst heute früh heimgekommen bist!", schrie er dann durch das Haus. "Er ist mal wieder feiern gegangen, ohne mir bescheid zu sagen", seufzte er.
"Verdammt, ich wünschte, ich könnte die Zeit zurückdrehen und da weitermachen, wo alles noch so einfach war."
"Du wünschst dir Briana zurück, hm?"
Ihr Tod war unsinnig und dumm. Ein Betrunkener hatte sie nicht gesehen und sie umgefahren, als sie die Straße bei Grün überquerte.
Nun lebten Louis und Freddie zu zweit in der Nähe von L.A..
Ich mochte Freddie. Er war nett, zuvorkommend und höflich. Also, wenn er es wollte.
"Na ja, auch egal. Den knüpf ich mir später nochmal vor.
Du hast nichts von Liam gehört?", fragte mein Freund.
Die Erwähnung meines Kumpels machte mich für einen Moment unglaublich traurig.
Seit der zweiten Trennung von Sophia vor drei Monaten war er wie verschollen. Wir hatten die Polizei in sämtlichen Ländern alarmiert, aber er war untergetaucht. Regelmäßig (das hieß, jeden Tag) spammte Louis ihn mit Nachrichten auf WhatsApp, E-Mails und Anrufen zu, in den Drehpausen tat ich es ihm nach. Doch er reagierte nicht.
Louis seufzte, wie so oft in letzter Zeit.
"Ich wünschte, er würde wieder zu uns kommen. Und ich habe gehofft, er besucht Niall."
"Ja, das wünschte ich auch. Nächstes oder übernächstes Wochenende wollte ich bei ihm vorbeischauen, Boo."
Er lachte. "Ich hatte schon gehofft, dass du diesen Spitznamen vergessen hast."
"Niemals."
Danach redeten wir noch über belanglosere Dinge und währenddessen verachlang ich einige Pancakes. Ich wollte T und Al noch ein paar übrig lassen, deshalb hielt ich mich zurück.
"Du, Harry?"
Louis schlug den Ton an, bei dem ich sofort wusste, dass er etwas von mir wollte.
"Was willst du?", fragte ich ergeben.
"Glaubst du, ich kann in der nächsten Woche mit Freddie zu euch kommen? Du weißt, er und Allie haben sich immer gut verstanden und ich denke, gerade jetzt freut sie sich bestimmt, ihren besten Freund zu sehen."
Ich grinste. "Klar doch, ihr könnt jederzeit kommen. Das weißt du doch!"
"Ich wollte mich nur ankündigen", verteidigte sich Lou lachend. "Was macht die Arbeit? Lernst du schön auswendig?"
"Hey, das Schauspieler sein besteht nicht nur aus auswendig lernen! Man muss es leben und lieben und-"
"Ist ja gut, verschon mich bitte mit deinen Monologen", unterbrach mich Lou. "Die hab ich wirklich schon oft genug gehört."
"Tja, selbst Schuld", erwiderte ich.
"Hmpf", grummelte Lou. "Also wie auch immer, ich muss jetzt nochmal mit Freddie ein ernstes Wörtchen reden, bevor er wieder einschläft. Richte allen schöne Grüße aus und bis in einer Woche!"
Dann hörte ich nur noch das Piepsen und legte mein Handy schließlich weg.
Lou hatte sich wirklich nicht verändert.

[28.11.16 & Ja ich lebe noch. Ist gerade ziemlich stressig bei mir und ich bin unmotiviert und faul af. Na ja, egal. Ich versuche, demnächst aktiver zu werden.]

Reise in die VergangenheitWhere stories live. Discover now