Meine rechtes Bein hing weit aus dem Bett raus, als ich meine Augen öffnete. Ein Wunder, dass ich gestern überhaupt noch eingeschlafen bin. Es war zwar kein erholsamer Schlaf, aber immerhin hinderte er mich daran weiter über den gestrigen Abend nachzudenken.
Als ich den Wasserhahn aufdrehte und das kühle Wasser meinen Körper hinab lief, konnte ich endlich mal meine Gedanken abschalten und einfach das erfrischende Gefühl einer morgendlichen Dusche genießen.
Ich wusste schlichtweg nicht, wie ich mit der Situation umgehen sollte. Da half mir auch nicht, sich den ganzen Tag den Kopf darüber zu zerbrechen. Das war vielleicht der erste gute Gedanken, den seit gestern Abend fassen konnte. Heute war Samstag. Ich hatte also noch zwei Tage bis ich wieder in die Schule musste. Zwei Tage bis mich die Sache wieder einholen würde. Ich musste lachen. Es kam mir wie im Film vor. Jetzt dachte ich schon von der Sache. Man könnte meinen, ich hätte eine Straftat begannen und wäre auf der Flucht.
Ich schaltete das Wasser aus. Es war irgendwie beruhigend mal in einer anderen Weise darüber nachzudenken. Mit etwas Abstand. Als wäre es nicht mir passiert, sondern jemand anderem. Natürlich war mir bewusst, dass das die Sache nicht ungeschehen machen würde. Und es war natürlich auch keine Lösung. Aber im Moment viel mir nichts anderes ein. Irgendwie musste ich ja mit dieser Situation umgehen.
Der Frühstückstisch war noch gedeckt, doch von meinen Eltern fehlte jede Spur. Es war bereits kurz nach eins. Ich hätte vermutet, es wäre schon später. Doch wundern tat mich das nicht, schließlich war ich auch noch dementsprechend müde. Meine Eltern waren wohl gerade einkaufen. Es kam mir gelegen, natürlich hatte ich im Moment wenig Lust auf Gesellschaft. Doch als wäre gerade alles gegen mich, hörte ich wie ein Auto in unsere Einfahrt einbog.
Ich stütze meinen Kopf mit meinem Arm ab und rieb mir meine Schläfen zur Beruhigung. Der Alkohol hatte zudem auch noch seine Spuren hinterlassen. Ich holte mir ein Glas mit Wasser und tank es in einem Zug leer. Auch wenn mein Appetit relativ gering war, zwang ich mich mindestens ein bisschen zu essen. Als die Türe zum Esszimmer aufging, setze ich ein lächeln auf und begrüßte meine Mutter, welche mich wissend angrinste. Natürlich sah ich fertig aus, doch ganz sicher nicht aus dem Grund, den meine Mutter vermutete. Doch ich dachte natürlich nicht im geringsten daran sie aufzuklären, also ließ ich sie einfach in Glauben ich hätte eine schöne Nacht gehabt.»Wurde wohl etwas später gestern, oder?«
Sie konnte es einfach nicht lassen. Ich musste mich zusammenreißen nicht auf der Stelle los zu schreien mich einfach in Frieden zu lassen. Stattdessen schloss ich meine Augen, atmete einmal tief ein und aus und ging mit einem - leicht erkennbaren - gefälschtem Lächeln an ihr vorbei aus dem Zimmer.
Ich war noch nie ein Mann großer Worte, aber darüber wollte ich ganz sicher mit niemanden sprechen. Aber das konnte ich auch gar nicht. Ich wahr mir ja selber nicht sicher, was genau da gestern passie-... Falsch. Natürlich wusste ich es. Es war ja nicht so, als wäre das dermaßen kompliziert. Doch wenn ich mir das eingestehen würde, müsste ich mir ja auch Gedanken über die Bedeutung machen. Und das wollte ich ganz sicher nicht. Da gefiel mir die Ausrede ich wüsste es nicht um einiges besser.Ich hatte den ganzen Morgen noch nicht auf mein Handy geschaut, was bei mir eher selten vorkam. Eigentlich war es sogar das erste was ich am Tag machte. Als würde ich glauben, während ich schlafe, dass wichtigste verpasst zu haben. Vielleicht war es aber auch gut, dass ich heute noch nicht drauf geschaut hatte. Schließlich war ich gestern einfach verschwunden. Ich bezweifelte zwar, dass das - bis auf zwei Personen - jemanden interessiert hat, doch waren die zwei Personen meine Freundin und... Finn. Und das reicht vollkommen aus, um in Panik zu geraten.
Doch weiter denken konnte ich in dem Moment auch nicht, denn allein der Name Finn reichte aus, um in mir das Gefühl hervorzurufen, welches in meiner Vorstellung vergleichbar war mit dem Gefühl überfahren zu werden. Ich wusste nur noch nicht, ob es die Erlösung oder die Hölle waren, die mich erwarteten.
In dem Moment hörte ich, wie die Türklingel zu läuten begann und kurze Zeit später meine Mutter die Türe öffnete.
»Hallo Sahra, komm doch rein!«Es war als würde ich von meiner kleinen heiligen Wolke geschupst werden und auf einen harten Steinboden fallen.
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Ohne Grenzen
RomanceLuis ist geplagt von Zweifel und Sorgen. Sein Leben steckt in einem tiefen Loch und er kennt keinen Ausweg. Und das alles nur, weil er sich verliebt hat... in einen Jungen. Eine Story über einen Jungen, der seine Homosexualität entdeckt und lernt d...