Kapitel 2

1K 38 5
                                    


Ein Jahr später

Naja, gestikulierte Castiel zu Dean hin. Eine kleine Falte berührte seine Mundwinkel. Ich schätze, einige Leute würden das ein Haus nennen.

Leider schien Deans übliche Wachsamkeit gegenüber Castiels sprechenden Fingern nachgelassen zu haben. Er lächelte in Richtung der herabhängenden Fassade, einen Arm um Castiels Taille geschlungen. Seine grünen Augen nahmen begierig den Wald in sich auf, der das Haus umgab, das Glänzen der fahlen Wintersonnenstrahlen auf den Fenstern und das Pfeifen des Windes durch die Löcher im Zaun.

Fairerweise musste gesagt werden, dass es alle Grundbestandteile eines Hauses besaß: Wände, eine Veranda, Fenster, eine Tür mit Türklopfer, und etwas, das einem früheren Zaun glich. Doch je genauer er hinsah, desto baufälliger schien es zu sein: halb vom Dach rutschende Ziegel, Risse in den Fensterläden, abblätternde Farbe an allen Seiten.

Sein Stirnrunzeln vertiefte sich. Er ließ seinen Blick zu Dean hinüberwandern, wobei er still betete, dass Dean nichts Unüberlegtes tun würde, wie die Haustür zu öffnen oder – der im Stich gelassene Himmel bewahre – sich in das Gebäude zu verlieben.

Überlass es Dean Winchester, ein Haus zu finden, das aussah wie etwas aus einem Horrorfilm, der Ort, vor dem Kinder gewarnt wurden, ihn unter keinen Umständen zu erkunden. Eine Art Hexenhäuschen in der Mitte des Waldes. Überlass es Dean, ein Gebäude auszuwählen, welches am ehesten mit unzähligen Nagetieren oder Insekten oder jenseitige Missständen verseucht war.

Wenn der schlimmste Fall eintreffen sollte und Dean diesen Sperrholzhaufen tatsächlich kaufen würde, dachte Cas, dann würde er das Haus solange mit Salbei ausräuchern, bis er den Feueralarm auslöste.

Dean, das kann nicht dein Ernst sein, gestikulierte Cas, als Dean den Schlüssel für das Haus aus seiner Tasche fummelte. Wir suchen nach einem Haus zum drin Leben, nicht einen Stapel Kienspan.

,,Lass uns nur mal umgucken", sagte Dean und zog einen widerwilligen Cas die Eingangsstufen hoch, welche unheilvoll unter seinen Füßen knarzten. Für einen kurzen Moment war Cas sich sicher, dass sie unter seinem Gewicht einbrechen und verrotten würden. ,,Es liegt abgelegen, es ist billig und du hast immer gesagt, du würdest ein renovierungsbedürftiges Haus haben wollen."

Das ist kein renovierungsbedürftiges Haus. Das ist ein hoffnungsloser Fall.

,,Ich dachte, du wärst aufgeregt, ein Haus zu finden."

War ich auch. Bis du dieses...Ding gefunden hast.

Dean lachte, ergriff seine Hände und küsste seine Stirn. ,,Gib dem eine Chance", sagte er. Mit einem Grinsen, von dem er wusste, dass Cas ihm nicht widerstehen konnte, fügte er hinzu: ,,Für mich?"

Cas schaute düster drein, kam seiner Bitte aber nach. Dean drehte den Schlüssel in dem verrosteten Schloss um.

Die Tür, in einem trüben und abblätternden Grün, der verrostete Klopfer baumelte lose gegen das verwitterte Holz, schwang zu Dunkelheit und dem Geruch von Mottenkugeln auf. Dean tastete nach einem Lichtschalter, und eine flackernde Glühbirne an der Decke über ihren Köpfen erwachte zum Leben. Sie beleuchtete grau melierte Tapeten und einen langen, dämmerigen Flur. In den hinteren Räumen des Hauses war die schwache Andeutung von Sonnenlicht zu erkennen.

Dean ging voran und spähte um die Ecke des Flurs. Cas nahm sich Zeit – er runzelte die Stirn über die Risse in der Tapete nahe der Täfelung, die Abnutzungen auf dem Hartholz, das Geländer auf der Treppe. Zur Linken des Foyers befand sich ein Arbeitszimmer mit einem Erkerfenster, welches zur Veranda hinzeigte. Darunter sah Cas einen Fenstersitz in die Wand eingebaut und vermerkte sich das widerwillig.

The Inexhaustible Silence of Houses (deutsch)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt